Erstellt am: 25. 5. 2010 - 19:40 Uhr
Anziehungspunkte
Der "Wilde Mann" alleine wäre den Besuch wert. Das einstige innerstädtische Brauhaus glänzt mit dem Charme der Sechziger Jahre und wirkt wie ein überdimensionales Puppenhaus. Bis unter das Dach wird sich das Immobilienjuwel in Graz in den kommenden Tagen mit Mode, Accessoires und auch modernem Mobiliar füllen. Denn das Designfestival Assembly hält mit fünfzig heimischen DesignerInnen und zwanzig internationalen KollegInnen Einzug.
Kleinkariert war die Assembly noch nie, selbst wenn heimische Style-Produktion im Zentrum steht. Oder treffender gesagt: Manufaktur. Europaweit hat die Textilindustrie keinen Meter Spielraum mehr, die Branche war und ist eine der größten Verlierer des globalen Kapitalismus. Internationale Textilriesen ziehen inzwischen von China in andere asiatische Länder wie Vietnam ab, bei der Suche nach fairen Produktionsstätten, die sie sich leisten können, entdecken erfolgreiche kleine heimische Labels NGOs in Peru, die gehörlosen Frauen ein Einkommen als Schneiderinnen sichern. Sehr viele der ModemacherInnen, die bei der Assembly anzutreffen sind, setzen ihre Entwürfe mit einer Schneiderin um und nähen selbst - ob sie aus Ljubljana, Riga oder Graz kommen. Da verkaufen sich die guten, raren Stücke einer ganzen Kollektion während der Assembly.
Und die finden sich dieses Jahr wieder alle an einem Fleck. "Wilder Mann" wird ab kommenden Donnerstag zum verlockenden Warenhaus für vier Abende und drei Tage. Während im Vorjahr temporäre Shops leerstehende Geschäftslücken in der Annenstraße füllten, haben Stadt Graz und Creative Industries Styria den Streckenabschnitt Südtiroler Platz bis Bahnhof in Punkto kreative Belebung hinter sich gelassen. Nächste Station: Jakomini. Hier, neben der Hauptschlagader des öffentlichen Verkehrs, will man Kreativwirtschaft ansiedeln. Nähmaschinen tuckern bereits seit Anfang Mai ums Eck vom Assembly-Festivalort "Wilder Mann" in der nächsten Parallelstraße.

Radio FM4
In einer ausgeschlachteten Supermarktfiliale liegen die jüngsten Kreationen lokaler ModemacherInnen auf gestapelten Gestränkekisten. Das FashionLab in der Klosterwiesgasse ist eine langersehnte Errungenschaft: Aktuell beteiligen sich 24 steirische und befreundete DesignerInnen an dem gemeinsamen Schau- und Verkaufsraum mit Nähstube. Im Aufbau befindet sich eine Fashion Library, aus der man sich nicht Bücher, sondern sehr spezielle Teile, die man nur einmal tragen und daher nie kaufen würde, tageweise ausborgen kann.
Ein Gutteil der ModemacherInnen des FashionLabs ist auch bei der Assembly anzutreffen. Das Kleiderständerrollen hat begonnen, das Geldbörserl bis Donnerstag gut im Griff bewahren.
Hausgemacht
Die siebente Assembly eröffnet am 27. Mai mit einer Modeschau im Foyer der Messehalle Graz. Danach Schauplatzwechsel in die Designzone "Wilder Mann", wo sich der Bildende Künstler Christian Eisenberger mit Klebeband verpuppen wird, bis ihn helfende Hände aus seinem Kokon schneiden werden. Kunst und Modedesign begrüßen einander ja seit einigen Jahren begeistert mit Bussi links, Bussi rechts. Die Wertschätzung scheint gegenseitig, die Mode bedient sich Methoden der Kunst und schlüpft in Diskurse, für die neben Fotostrecken viel zu selten Platz bleibt.
In den Kunstkontext drängen auch Andrea Schlemmer und Doris Linda Psenicnik mit ihren "Interfashion"-Projekten, die Mode aus kulturtheoretischen Perspektiven beleuchten. Aktuell stellen sie dreizehn Fotostrecken österreichischer ModefotografInnen aus, Nina "Pixie" Markart hat sich für eine davon auf den Grazer Straßen nach guten Outfits umgesehen. Diesen Freitag, 28. Mai, gibt es im Rahmen der Assembly ein "fashion surprise" in den Ausstellungsräumlichkeiten.
"Trendbewältigung - Don´t Look Now! Look Now!" zeigt österreichische Modefotografie bis 4. Juni, ESC, Graz.

Strassnig/Schlemmer
Vorerst bleibt ein Kleid allerdings ein Kleid. Und das sollte gut aussehen, im Gegensatz zu guter Kunst, die das nicht unbedingt muss.
Am Samstag wird der K&Ö-Modepreis verliehen. Die Designzone im "Wilder Mann" steht ab Freitagvormittag bis inklusive Sonntag für Kabinenpartys bereit: Die Assembly ist eine Verkaufsschau. Mit den Modemacherinnen vor Ort ist meist auch ein Maßband in Griffweite und aufgegeben ist die Bestellung in der eigenen Größe. In Damenpullis mit dem Label lila sind so oft Männer geschlüpft, bis Lisi Lang nun auch Mode für Männer macht. Unisex sitzt schließlich doch an den Hüften auf.
Umkleidekabinen, ahoi!
Die 7. Assembly lockt ab Freitag, 28. Mai, bis Sonntag, 30. Mai, in die „Designzone“ mit siebzig ausstellenden ModemacherInnen und ProduktdesignerInnen.
Fits all sizes
Die Assembly bietet neben Mode eine Ansammlung schöner und eigenwilliger Dinge. Wie: Textile Utensilos von Glückslabor, Taschenmuffs von I-bag. Kreuzstich-Stickstunden mit Pixellabor. Müllaktien der Recyclingsaktivisten von Toys on Tour. Oder Schaukelhocker von Alice Stori und Petrus Gartler, der wiederum mit Thomas Perz das "Getier" konzipiert hat, das möglicherweise als Äquivalent zu den Enzis im Wiener Museumsquartier rund um das Kunsthaus in Graz noch diesen Sommer Gestalt annehmen könnte.
Ob sich die Stadt mit dem Titel "City of Design" schmücken darf, wird die UNESCO bis dahin entschieden haben. Ersten Gerüchten über Reaktionen zufolge könnte Graz seine Architektur im Wege stehen.
Banale 2010
Banale x
Banale x bis Freitagmittag, 28. Mai, TU Graz (Alte Technik).
Finale Banale x-Party mit Hummmel, 160 human bpm und lokalem DJ-Reigen.
Update: Die Finissage wurde zur eigentlichen Eröffnung, die Banale x ist noch bis 4. Juni zu sehen.
Von der UNESCO anerkanntes Weltkulturerbe ist die Altstadt, und Graz hat eine der höchsten Dichten an Architekturbüros europaweit. In den Zeichensälen der Technischen Universität lassen StudentInnen der Architektur dieses Jahr die Ausstellungreihe "Banale" der Neunziger Jahre wieder aufleben. Das Haus der Architektur gab mit einer Einladung zu den Architekturtagen den Auslöser. Die "Banale x" wird, "was Ihr bringt" und ist eine offene Ausstellung ohne Kuratoren. Einzig anmelden mussten sich die Teilnehmenden, deren kleinster gemeinsamer Nenner ist, in Graz oder Umgebung zu leben. Seit Montag wächst die Schau, diesen Mittwoch, 26. Mai, findet das Soft-Opening statt.