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Robert Glashüttner

Videospielkultur, digital geprägte Lebenswelten.

22. 5. 2010 - 15:11

Google, Pac-Man und das Bruttoinlandsprodukt

Die Verlockung des kleinen Spielchens wird unausweichlich. Ein neuer Vorstoß in den aufstrebenden Markt der Social Games.

Die meisten werden es schon gestern bemerkt haben, denn man kommt ja quasi nicht daran vorbei. Google hat der Welt auf seiner unausweichlichen Suchmaschine erstmals ein interaktives Doodle, also eine Adaptierung seines Logos, präsentiert. Dabei kann man - Kollege Dave hat im Webtip bereits darauf hingewiesen - "Pac-Man" spielen. Der Anlass: Das Game ist 30 Jahre alt geworden.

Hinein in den Markt der Social Games

Die Kooperation zwischen Google und dem japanischen "Pac-Man"-Rechteinhalber Namco Bandai Games ist ein höchst schlauer Coup. Das mit Javascript und Flash in die Startseite der Suchmaschine eingebettete Spiel ist das originale Arcade-Game aus dem Jahr 1980 - nur mit einem entsprechend abgeänderten Labyrinth. Bereits im März hat Namco Bandai bekanntgegeben, dass man am aufstrebenden Markt der kleinen Zwischendurch-Spiele, in der Fachsprache "Social Games" genannt, heftig mitnaschen will. Kein Wunder, sind die ganz alten Spielhallenspiele aus Anfang der 1980er Jahre genau jene Titel, die jetzt auf Handys, Facebook und Co. boomen.

Wirklich lukrativ werden diese Titel 2010 aber nur, wenn sie allgegenwärtig und durchdringend sind. Vorgemacht wird das schon seit einigen Monaten auf Facebook. So, wie unsere Daten bald alle in die "Cloud" wandern sollen, wollen auch die alten Games einen zweiten (oder mittlerweile wohl schon eher: siebten) Frühling erleben. Mit einem User-Account soll man immer seine Highscores, Spielstände, Freunde, usw. verfügbar haben. Egal, ob auf iPhone, dem Freundesnetzwerk, der Konsole oder der Suchmaschine: Zugänglichkeit, Verfügbarkeit und Vertrautheit sollen sofort und überall gegeben sein.

Das Videospiel "Pac-Man" auf der Startseite der Suchmaschine von Google.

Google/Namco

Später, wenn die Menschen eingespielt sind, wird die Infrastruktur erweitert. Via sogenannter Microtransactions werden um wenig Geld kleine Zusatzinhalte angeboten, die das Spielerlebnis erweitern oder verbessern. Das Prinzip funktioniert ähnlich wie bei Spam-Mails: Weil die User-Zahlen - kostenfreies Spielen und prominente Platzierung sei Dank - oft sehr hoch werden, genügt ein geringer Prozentsatz an zahlenden Gamern, um diesen Markt lukrativ werden zu lassen. Die ehemalige deutsche Messe "Games Convention", damals ein Schwergewicht der althergebrachten Spiele-Industrie, ist seit 2009 eine reine Mobile- und Browers-Games-Veranstaltung. Haben vergangenes Jahr noch viele Beobachter milde über diesen Versuch gelächelt, wurden seitens der Leipziger Messe kurz danach auch schon die Daten für die diesjährige Messe bekanntgegeben.

Stop playing Pac-Man or the world goes down!

Wo eine neue Branche über den aufstrebenden Markt frohlockt, ärgern sich viele andere. Denn: Spielen kostet Zeit, und Zeit ist Geld - Geld, das Arbeitgebern verloren geht, wenn MitarbeiterInnen nicht effizient am Werken sind. Ähnlich, wie vor zehn Jahren das "Moorhuhn"-Fieber den geregelten Tagesablauf vieler Angestellter ins Wanken gebracht hat, ist nun Googles "Pac-Man"-Doodle zu einem neuen Ursprung der Instabilität von Arbeitsleistung geworden.

Ein Generationen übergreifendes, sehr bekanntes Spiel auf der Startseite einer der relevantesten und meist genutzten Web-Seiten der Welt zu verankern, macht die Ablenkung auch perfekt. Hinzu kommt ein Klick auf "Münze einwerfen" - ein Hinweis auf die kostenpflichten Ursprünge des Spieles - und Pac-Man und Ms. Pac-Man können auf einer Tastatur zu zweit spielen.

Das Logo zum 30. Geburtstag des Videospiels "Pac-Man".

Namco

Um den Verlust der Produktivität wieder auszugleichen, sind viele Firmen schnell dazu übergegangen, die Google-Suchmaschine als Startseite zu deaktivieren oder ganz zu sperren. Das ist allerdings nicht nur passiert, weil die Menschen "Pac-Man"-süchtig wurden: viele waren auch verunsichert, was da plötzlich für seltsame Geräusche aus dem Computer kommen und woher dieses merkwürdige Logo stammt. Nicht selten wurde Malware vermutet, andere wiederum waren einfach genervt und wünschten Google den Teufel an den Hals.

Wegen des großen Erfolges verlängert

Ob Ärger oder Euphorie: Google freut sich währenddessen über die große Publicity und hat beschlossen, das Doodle noch einen Tag länger online zu lassen. So können wir die kommenden Pfingstfeiertage verspielt einleiten - ganz ohne einschlägige Games-Seiten, Flash-Portale und Facebook.

Wie habt ihr das "Pac-Man" Doodle wahrgenommen? Schon die Zwei-SpielerInnen-Variante ausprobiert?