Erstellt am: 23. 5. 2010 - 11:27 Uhr
Armer alter Freddy
Wenn ich es könnte, würde ich Klage gegen Samuel Bayer und Michael Bay einreichen. Ich würde damit dem Beispiel von Kyle und Co. aus South Park folgen, die rechtliche Schritten gegen Spielberg und Lucas aufgrund der digitalen Schändung von Indiana Jones einleiten. Und auch im Falle von "A Nightmare On Elm Street 2010" liegen ähnliche Verdächtigungen vor.
Ich meine, Freddy Krueger war mal eine echt coole Sau. Klar, sein Modegeschmack ließ mit seinem zerfledderten und schlabbrig-gestreifen Pullover zu wünschen übrig und mit seinem narbenzerfressenen Gesicht war er alles andere als herzeigbar. Er war auch immer davon besessen Teenager in ihren Träumen zu verfolgen und ihnen mit den Klingen an seiner rechten Hand den Hals aufzuschlitzen, aber hey: Der Typ ging echt mit viel Humor an die Sache ran.
Dass man angesichts des 2010er Remakes nun so etwas wie Mitleid für den Schlächter aus der Elm Street empfinden könnte, liegt an der Vertrautheit und dem Charme, den Freddy spätestens nach dem zweiten von acht Teilen verbreitet. Freddy Krueger ist eine Kultfigur der Popkultur, ein diabolisch-sadistischer Satan mit zynischen Einzeilern.
Freddy '84 vs Freddy '10
Das Remake des Wes Craven-Klassikers von 1984 ist diesbezüglich eine einzige Enttäuschung, obwohl Craven angeblich an den Figuren mitgearbeitet haben soll. Jackie Earle Haley, der für seine Leistung in "Little Children" 2006 noch eine Oscar-Nominierung einheimsen konnte, ist nicht mal annähernd Ersatz für den (wie sich nun zeigt) unersetzbaren Robert Englund, der die Rolle nicht mehr spielen wollte.
Warner
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Die Vorzeichen ohne Englund stehen schon schlecht genug. Aber die Zusammenarbeit von Regisseur Samuel Bayer, bekannt für seine Videoclips für Metallica und Green Day, und Blockbuster-Produzent Michael Bay, lässt Schlimmeres vermuten. Bay ist ja für opulente Horrorfilm-Remakes bekannt (Friday The 13th, Texas Chainsaw Massacre, Amityville Horror).
Das Tandem Bayer-Bay hält sich großteils an die Originalgeschichte: Eine Gruppe Teenager in einer kuscheligen Kleinstadt namens Springwood träumt gleichzeitig von einem mörderischen Irren, der sie in ihren (Alb-)Träumen umbringen will. Bayer/Bay nehmen sich aber auch einige Freiheiten heraus. Im Original ist Krueger noch ein ehemaliger Kindermörder. 2010 ist er ein Gärtner in einer Vorschule, wo er die kleinen Kinder in seine Kellerwohnung lockt, um sie dort sexuell zu missbrauchen. Bis ihn eine Gruppe wütender Eltern bei lebendigem Leib anzündet. Aus diesem Grund wird im Remake das legendäre Freddy-Gesicht mit seinen Brandverletzungen weitaus realistischer gezeigt. Aber während Freddy '84 mit seiner Maske immer noch furchterregend wirkt, ist Freddy '10 aufgrund seiner fehlenden Persönlichkeit so scary wie ein seelenloser Ziegelstein.
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Freddy mag keine iPods
Schnell wird deutlich, dass das Remake lediglich dazu dienen soll "A Nightmare On Elm Street" einem jüngeren Publikum näher zu bringen. Prinzipiell nichts Schlechtes, denn jede Generation hat ihren eigenen Zugang. Aber die computergenerierten, digitalisierten Szenen, die eigentlich erschreckend sein sollten, wirken teilweise nur erschreckend lächerlich. Die völlig leblos gezeichnete Pappfigur Freddy Krueger mischt sich in die Träume der Facebook-Kids Nancy (Rooney Mara) und Quentin (Kyle Gallner) ein, die 90 Minuten lang ihr ganzes Potential aus Schreien, Weinen und sehr, sehr müde Schauen auskosten, wenn sie nicht gerade total trendy mal den Begriff "Insomnia" googlen.
Warner
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Apropos trendy: Erinnert ihr euch noch an die eine Szene im Original als Freddy regelrecht durch die Wand von Nancys Zimmer hindurch bricht, während Johnny Depp noch genüßlich im Sessel schläft? Die Szene gibt es auch im 2010er Remake. Nur da hört Nancy dabei gerade Musik auf ihrem iPod. Selbstverständlich.
Der Film ist nicht mal annährend so furchterregend wie das Original. Viel Blut, viel Effekt, kein Leben. Bei "A Nightmare On Elm Street 2010" bekommt der Slogan "Don´t Fall Asleep" eine völlig neue Bedeutung.
United Artists