Erstellt am: 26. 5. 2010 - 15:00 Uhr
Jugendwahlkämpfen auf Burgenländisch
Grüne Jause
Mattersburg um halb acht Uhr in der Früh. Es dämmert noch ein wenig, Julia Tinhof aber sticht in ihrer parteigrünen Regenjacke von weitem hervor. Tinhof ist 23 Jahre alt und die Jugendkandidatin der burgenländischen Grünen. Vor dem Gebäude von HAK, HAS und Polytechnikum verteilen sie und einige HelferInnen Frühstückssackerln mit Dinkelkipferln und Bio-Äpfeln. Julia Tinhof kämpft um jede Stimme. Zwei Mandate im Landtag gelten den Grünen laut Umfragen als garantiert, Tinhof ist aber auf dem ziemlich wackeligen dritten Platz der grünen Landesliste gereiht.
FM4/Sarah Seekircher
Leider haben die meisten SchülerInnen hier schon gefrühstückt und brauchen keine Jause mehr. Und für Politik oder gar die Grünen interessieren sich hier auch ziemlich wenige. "De san ned so präsent, wenn man sich andere Parteien anschaut" heißt es aus einer Gruppe von Schülern, die am Mopedparkplatz herumstehen.
Dabei hat sich Julia Tinhof ziemlich viele Gedanken darüber gemacht, wie das Burgenland für junge Menschen attraktiver werden könnte - und vor allem, wie man junge AkademikerInnen davon abhält, nach Wien und Graz abzuwandern bzw. von dort nicht mehr zurückzukehren: "Nach der Matura ist man im Burgenland ziemlich allein gelassen, dann muss man in ein anderes Bundesland. Und viele Leute bleiben in den anderen Bundesländern, weil sie eine andere Infrastruktur kennengelernt haben und weil sie ganz andere Möglichkeiten und Chancen erfahren haben."
Schwarzmarkt
Zwei Stunden später im burgenländischen Oberpullendorf, wo sich heute das Ortsgeschehen auf den einmal wöchentlich stattfindenden Markt konzentriert. Gute Gelegenheit für wahlwerbende Parteien, möglichst viel "Direktkontakt", wie das im PR-Jargon heißt, zu praktizieren. Ein ÖVP-Trupp - angeführt von Vizekanzler Josef Pröll und dem burgenländischen Spitzenkandidaten Franz Steindl - zieht über den Markt. Hände schütteln, mit dem einfachen Volk plaudern, Wahlgeschenke verteilen. Eher wenig Aufmerksamkeit bleibt angesichts der Pröll-Prominenz für den 23-jährigen Jugendkandidaten Christoph Wolf, der seinen Chefs hinterhergeht.
FM4/Sarah Seekircher
Wolf wünscht sich für die Burgenländer Jugendlichen zum Beispiel Gratis-Jahresvignetten, finanzielle Förderungen von Auslandsaufenthalten, bessere Buspläne und die Briefwahl. Er ist offenbar ziemlich stolz auf seine Wahlkampagne mit dem zweideutigen Slogan "Scharf auf geregelten Verkehr" und Flyern, auf denen wenig bekleidete Frauen mit tiefen Dekolletés abgebildet sind. Wie man auf dieses Sujet gekommen ist, erklärt Wolf so: "Wir glauben, dass das Klischee nicht stimmt, dass die ÖVP sehr konservativ ist, und wollen als Junge ÖVP mit diesem Klischee brechen. Und wir wollen zeigen, dass wir sehr modern sind". Dass mit leichtbekleidete Frauen zu werben, nicht unbedingt Modernität vermittelt, ist zur jungen ÖVP wohl noch nicht durchgedrungen.
Blaues Cabrio
Bei der burgenländischen FPÖ gibt es keine eigene Jugendkampagne, weil dort der gesamte Wahlkampf auf Jugendliche abzielt. Man erinnere sich an den Youtube-Spot der Freitheitlichen, in dem die zwei blauen SpitzenkandidatInnen Johann Tschürtz und Ilse Benkö vier junge AutostopperInnen im blauen Cabrio mitnehmen.
FM4/Sarah Seekircher
Um halb zwei Uhr, kurz nach Schulschluss bannen sich Günther Billes, der 29-jährige Jugenkandidat der FPÖ, und seine Parteifreunde mit Körben voller Wahlgeschenke Wege durch den mit FahrschülerInnen übersäten Busbahnhof-Platz in Eisenstadt. Sie verteilen Kugelschreiber und Flyer, auf denen "Deine Stimme für unsere Heimat!" zu lesen ist. Wie es für die FPÖ üblich und im Burgenland gerade Trend ist, trommelt auch Billes das Thema Sicherheit. "Das Burgenland ist keine Insel der Seligen mehr, wie es noch vor fünf Jahren fast der Fall war", erklärt Billes, warum der FPÖ um die Sicherheit der BurgenländerInnen wieder einmal angst und bange ist, "die Probleme, die wir aus Wien kennen, kommen jetzt auch zu uns ins Burgenland." Damit meint Billes angebliche Fälle von Gewalt durch Jugendliche mit Migrationshintergrund. Am Tatort Schulweg würde Geld erpresst und Leute zusammengeschlagen werden.
Von Problemen, wie sie Billes angesprochen hat, hat aber von den hier Wartenden am Busbahnhof niemand etwas mitbekommen. "Mir is nix aufgefallen, dass etwas ärger geworden wäre," sagt eine 17-Jährige. Sogar ein junger FPÖ-Wähler kennt die von Wien herübergeschwappten Probleme nur gerüchteweise: "Ja, es ist eine gewisse Angst da, beim Weggehen in Eisenstadt. Mir is no nix passiert, aber ich hab Haberer, die in leichte und schwere Schlägerein verwickelt waren."
Rote Gummibären
Zwei Stunden später im Zentrum von Mattersburg. Viel los ist hier nicht. Der 29-jährige Andreas Gradwohl - er ist einer von mehreren JugendkandidatInnen der SPÖ - verteilt Armbänder, Gummibärchen und Kondome, an junge aber auch ältere Leute, die ihm über den Weg laufen. "Haben Sie Enkelkinder?", weiß er die Älteren zu locken, "dann sehen Sie, dass das Jugendthema auch Sie betrifft - ich würd mich über eine Vorzugsstimme von Ihnen freuen."
FM4/Sarah Seekircher
Der Jugendkandidat ist gut bekannt in Mattersburg. Nicht vielen, denen er Flyer und Wahlgeschenke in die Hand drückt, muss er erklären, wer er ist. Gradwohl ist ein alter Hase in Sachen Jugendpolitik. Seit zehn Jahren ist er bei der Sozialistischen Jugend und schon zum zweiten Mal kandidiert er als Jugendkandidat der SPÖ. Während die Alten in der SPÖ das Burgenland zur "Sicher-fühl-Region" (Zitat Hans Niessl) machen wollen, setzen die Jungen lieber auf das Thema Bildung. Wobei es um die Bildungsmöglichkeiten der Burgenländer Jugendlichen nicht schlecht bestellt sei, findet Gradwohl. Aber natürlich könne man noch mehr tun, gibt der Jugendkandidat zu, zum Beispiel sollten die Fachhochschulen im Burgenland mehr Studiengänge anbieten.