Erstellt am: 16. 5. 2010 - 23:49 Uhr
Fußball-Journal '10-17.
Siehe auch: Fußball-Journal '10-16: Ein verlorenes Jahr. Und: Fußball-Journal '10-14: Bilanz vor Torschluss.
Der Papierform ist Genüge getan.
Der Bestbesetzte ist Meister.
Der, der aus dem Nummer 2-Status mehr machen konnte, ist Zweiter, der andere halt nur Dritter.
<<<Genauer gesagt: als Franco Foda im heutigen ÖFB-Cupfinale von seinem 4-4-2 auf ein (nur scheinbar vorsichtigeres) 4-5-1 umstellte, bekam er das Spiel endgültig in den Griff: Haas als Linksaußen, Muratovic als hängende Spitze hinter Lavric bohrten den Gegner effektiver an, als das hirnlos reingeworfene Spitzen getan hätten. Interessanterweise imitierte Schöttel den Kollegen kurz danach (Viana spielte in der Schlussphase ebenfalls links am Flügel), genützt hat es nix mehr. Ein Sieg der schlaueren Strategie - das ist ein hübscher Saisonausklang, finde ich.
Der Vierte wird zum Saison-Abschluss noch Cupsieger, weil er taktisch schlauer agiert als der Fünfte.
Damit sind die Top 4 der Vorsaison auch die Top 4 von heuer. Hat wohl mit dem internationalen Auftritt im Herbst zu tun. Und könnte sowas wie Nachhaltigkeit und Kontinuität signalisieren; nicht das Schlechteste was einer drittklassigen Fußball-Nation passieren kann.
Apropos: der Lümmel aus der letzten Bank bleibt nicht nur sitzen, sondern fliegt gleich von der Schule. Auch eine Art Flurbereinigung.
Aber jetzt zu den Preisen:
Der Anton Polster-Award...
...geht an Steffen Hofmann.
Polster ist Patron dieses Preises, weil er in seiner Karriere zweimal (einmal in Spanien, einmal in Deutschland) als Schützenkönig (einmal beim Verein, einmal sogar in der Liga) abstieg. Soll heißen: ein Spieler, der die Mannschaft für seine Zwecke instrumentalisiert und auf die Gesamt-Performance keine Rücksicht nimmt, ist unendlich gefährlich; für das Teamgefüge. Für die unkritischen Fans/Medien, denen weiterführendes Denken ein Grauen ist, bleibt er ein Gott. In Wahrheit zieht er sein Team aber runter.
Nun ist Hofmann kein Ego-Knippser mit null Laufleistung wie Polster. Und Rapid ist auch nicht abgestiegen. Der Unterschied zwischen Polster und Hofmann ist ja auch, dass Polster diesen Ego-Trip immer kalkuliert hat, und ihm seine Mannschaften immer wurscht waren und dass Hofmann da in etwas hineintheatert wurde.
Dieser Preis ist ja auch nur eine Warnung.
Meine Lieblings-Saison-Zusammenfassung ist im übrigen diese hier.
Denn: Hofmanns vom Trainerteam gedeckte und geförderte Rücksichtslosigkeit, was strategische Notwendigkeiten betrifft, nimmt bereits pathologische Formen an. Und der Blick darauf lässt sich auch durch den Titel des Torfschützenkönigs (siehe Toni Polster) nicht verstellen.
Hofmanns Ignoranz, was seine Position betrifft, verhindert Größeres, bringt Rapid ums internationale Weiterkommen, verhindert bessere Leistungen in den Spitzenspielen und macht die Hütteldorfer logischerweise zum Dritten von Dreien. Das "Wir sind die Nummer 1 in Wien!"-Gejaule ist reines Pfeifen im Wald.
Der Steffen Hofmann-Award...
... geht an Somen Tchoyi.
Der von der Liga selber zum besten Spieler gewählte Tchoyi, ein echtes Fußball-Genie, der alles hat, was es braucht, ist gut genug, um nach Norwegen auch Österreich aufzumischen, er ist gut genug für Schlagzeilen und Bewunderung, aber er ist nicht gut genug für die WM.
Weil Kamerun Bessere hat - und auch von besseren Clubs in besseren Ligen.
Afolabi, Augustinussen, Schwegler, Hlinka, Lavric, Cziommer und Acimovic sind es auch nicht. Gut genug für die WM. Die anderen verdienen nicht einmal eine Erwähnung.
Nur einer ist es.
Dusan Svento wird der einzige Vertreter der Bundesliga in Südafrika sein, weil er auf seiner Position unangefochten ist.
Der bekommt den "Muhsin-Ertugral-Award" für unterschätzte Leistungen mäßig anerkannter Ausländer für den österreichischen Fußball.
Der Generalissimo Francisco Franco-Award...
... geht an die Fans von Austria Wien, die sich heuer (nicht nur wegen ihrer Europacup-Aussetzer) deutlich an die Spitze der Wahnwitz-Charts gesetzt haben, aber auch an die davon total überforderte Geschäftsführung, die sich erst Tage nach dem Eklat gegen Athletic Bilbao zu einer menschenwürdigen Haltung durchringen konnte. Das beeindruckt die blaubehemdete populistische Rechte in Wien, keine Frage, steht aber im Widerspruch zu allem, was dem Fußball heilig ist - Internationalismus, Fairness und Gerwaltlosigkeit.
Der Aufhauser-Standfest-Award...
... für übermenschliche Zähigkeit gegen jede Vernunft geht an Mario Haas.
Der Steirer hat sich nach fast einem Jahr am Stock zurückgebissen und will sogar noch ein Jahr anhängen. Das klingt nach Irrsinn, hat aber eine innere Logik.
Es war Mario Haas, den der verbohrte Hickersberger für die Euro hätte nominieren müssen, weil sein Biss und seine Wucht und auch seine Schnelligkeit dort gefragt gewesen wären, nicht die damals noch zu schwachen Lackel Maierhofer und Janko.
Es war Mario Haas, der das Wunder Sturm Graz, den Aufstieg aus dem Nichts, mitbegründet hatte, indem er sich als Vorhoppler eines Hasenstalls zur Verfügung stellte.
Und es wird Mario Haas sein, der als Stand-Bye-Profi das nächste Jahr, das nach Beichler/Jantscher zu überstehen mithelfen muss.
Und es wird wieder ein Jahr am Rande des Irrsinns werden. Herrlich.
Der Hannes Kartnig-Award...
... geht an Peter Michael Reichel, der ihn wohl auch mit Tränen der Rührung übnernehmen würde. Der LASK-Präsident, der den Verein führt wie der Herrenbauer seinen Hof, ist das letzte Überbleibsel aus dem 20. Jahrhundert.
Selbst der dickköpfige und beratungsresistente Frank Stronach, selbst Richard "I muaß mi immer söba um ois kümmern, mei wia bin I oam!" Trenkwalder und selbst Dietrich "Flying High" Mateschitz haben 2010 überrissen, dass die Strukturen, die Österreichs Fußball in den 90ern in die Krise geritten haben (Salzburg, Tirol, GAK...) heute nicht mehr anwendbar sind - Reichel nicht.
Seine Vereinspolitik hat was vom Treiben im Welser Viehauktionshaus. Das ist herrliche Folklore, aber kein Fußball-Management des 21. Jahrhunderts. Vielleicht auch, weil ihm mit Franz Grad ein Untoter aus der Vergangenheit ein lokaler Rivale den Zickzack-Wahnsinn vorhüpft.
Der Jörg Haider-Award...
... geht an sämtliche Beteiligte des in seiner Vorhersehbarkeit extrem schlecht besuchten und von der Kritik verachteten Dramuletts Austria Kärnten. Was als Lokalposse mit Tanz und Gesang startete, wurde schnell zur Senkgrubenschlacht, zum unterirdischen Güllewerfen.
Der Robert Sara-Award...
Wie man die Rolle des Skippers ausfüllt, zeigt dieser Tage, aus dem tragischen Anlass von Besian Idrizajs Tod, Gary Monk von Swansea City vor.
... für den besten Kapitän geht an Eddie Gustafsson. Nicht wegen seiner Qualitäten als Tormann, sondern der als Kapitän, also als echter Führungsspieler, der auf dem Platz und abseits des Platzes die zentrale Ansprech-Person ist.
Gustafsson hat diese Aufgabe sensationell ausgefüllt, und bekommt den Preis nicht nur deshalb, weil die Konkurrenz so schwach war.
Denn: wer mir ohne Nachzudenken alle (in dieser Saison aktuellen) Kapitäne der Liga aufzählen kann, und wer mir dann auch erläutert, wer davon seine Rolle auch ausfüllt, bekommt auch einen Preis, den Schöffix-Award.
Der "Huach Zua!"-Award...
... der selten vergebene Preis für die effektivste Imitation von Hans Krankl, geht an Rapid-Trainer Peter Pacult. Was sich beim Floridsdorfer rings um Leberwurstigkeiten, Beleidigungen, Nicht-Kommunikation, Eitelkeiten, Rückwärtsgewandtheit und Fortschrittsverteufelung manifestiert, hat bereits wahrhaft Kranklsche Ausmaße erreicht und schreit danach künftig ebenso ernstgenommen zu werden, wie die Ego-Weltsicht des Vorbilds.
Vorschläge für andere Preise (samt Preisträgern) werden gerne entgegengenommen.