Erstellt am: 14. 5. 2010 - 15:09 Uhr
"Kein Geschenk an die Musiker"
Wer Laie in Wirtschaftsfragen ist, durchschaut die Logik von Geldströmen in vielen Fällen nicht. In der neuen, nun weitgehend digitalen Medienwelt ist es aber selbst für Profis und Beteiligte nicht immer klar, wer wann von wem warum wieviel Geldmittel bekommt - oder nicht. Vor allem schwer zu fassende Werte wie Aufmerksamkeit lassen sich oft nicht klar in monetäre Werte umlegen. Abgesehen davon sieht jeder an einem Geschäft beteiligte Partner die Sachlage naturgemäß anders.
Das neue MTV

Radio FM4
Skero, Videostar
Musiker Skero über den Einfluss seines viel aufgerufenen Videos auf YouTube:
"Der Erfolg von 'Kabinenparty' ist nur von dem Video ausgegangen. Wenn ich das nicht gemacht hätte, hätten die Kids das nie überrissen, dass es die Nummer überhaupt gibt."
Manchmal kann man sich aber trotz verworrener Verhältnisse seiner Position sicher sein. Dass YouTube, das ehemals sympathisch-chaotische Bewegtbilder-Portal zum Upload von Katzenvideos und Handyfilmchen, fünf Jahre nach dem Start zu einer mächtigen, weil dezentralen und überall verfügbaren Medienmaschine geworden ist, bezweifelt niemand mehr. Wer hier - womit auch immer - einen Hit landet, zieht große Aufmerksamkeit auf sich. Die meiste Aufmerksamkeit bekommt allerdings in jedem Fall der YouTube-Besitzer Google. Er steigert durch die hohen Zugriffszahlen den Marktwert seiner populären Videoplattform enorm.
Am vergangenen Montag ist wieder einmal eine Debatte um die Frage entbrannt, wer von wem mehr profitiert: YouTube von den Inhalten, die hochgeladen werden oder umgekehrt? Anlass waren die seitens der deutschen Musikverwertungsgesellschaft GEMA abgebrochenen Verhandlungen mit YouTube/Google Deutschland über eine vertragliche Lösung zur Tantiemenfrage. Die österreichische AKM, ebenso wie sieben weitere internationale Verwertungsgesellschaften, schließen sich der Reaktion der GEMA an.
Gut oder gut gemeint?
Grund der Verhandlungsabbrüche: Man würde auf keine gemeinsame Lösung kommen, Google stelle sich quer. Schon seit April 2009 würden keine Tantiemen, also keine Vergütung, für die auf YouTube zur Verfügung gestellte Musik mehr fließen. AKM Generaldirektor Gernot Graninger dazu im Gespräch mit FM4:
"Die Provider und Plattform-Betreiber glauben immer, das ist ein Geschenk an die Musiker, dass ihre Werke zur Verfügung gestellt werden - aber das ist es eben nicht. Wir freuen uns ja, wenn die Musik verbreitet und wenn sie konsumiert wird. Aber die Rechteinhaber müssen eben auch dafür entlohnt werden."
Google würde jeglichen Modus zur Tantiemenabrechnung grundsätzlich ablehnen, so Graninger. Stimmt nicht, sagt der für Deutschland und Österreich zuständige Google Pressesprecher Kay Oberbeck. Bloß die Umsetzung eines Pay-Per-Click Bezahlungsmodells wird abgelehnt, denn das sei "einfach nicht nachhaltig", wie es in der offiziellen Pressemeldung von Google dazu heißt. Außerdem habe man mit vielen anderen Ländern erfolgreich Lösungen zur Tantiemenabrechnung gefunden. Welche Abrechnungsmodelle dabei zum Einsatz kommen, bleibt unbeantwortet.

Ok Go!
Ein Zeichen setzen
Um, so Gernot Graninger, "Google an den Verhandlungstisch zu bringen", hat sich der Verbund der Musikverwertungsgesellschaften nun entschlossen, 600 YouTube-Videos wahlweise zu löschen oder von Deutschland aus zu sperren. Die AKM stellt 50 davon, welche das sind, wird nicht verraten.
Weder YouTube/Google noch die Verwertungsgesellschaften schaffen es in diesem Streit, Sympathiepunkte von der Öffentlichkeit und den betroffenen Usern und Musikern zu ernten. Beide Parteien bleiben in der Kommunikation ihrer konkreten Standpunkte, Vorschläge und Maßnahmen vage und intransparent. Google beharrt darauf, dass der schiere Schub an Aufmerksamkeit via YouTube der größte Mehrwert für Musikschaffende ist, die Verwertungsgesellschaften verurteilen die Ignoranz und Überheblichkeit von Google, wo man sich bestehenden Urheberrechtsgesetzen widersetzen würde.
User, die es ohne viel Nachdenken gewohnt sind, auf YouTube quasi alles immer verfügbar zu haben, werden es verkraften, wenn das eine oder andere Video mal vorübergehend offline ist oder den Ort im Netz gewechselt hat. Die Leidtragenden in dieser Streitfrage sind hauptsächlich Musikerinnen und Musiker, deren Rechte in einer Weise geschützt werden, die möglicherweise kontraproduktiv ist. AKM-Generaldirektor Graninger wünscht sich - wie Google auch - eine baldige Lösung des Streitfalles, besonders kompromissbereit wirkt aber auch er momentan noch nicht:
"Die österreichischen Musiker brauchen sich nicht fürchten, dass irgendwas heruntergenommen wird. Sie müssen sich nur fürchten, dass sie von YouTube ausgebeutet werden - das ist derzeit der Fall und das werden wir verhindern.