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Christian Lehner Berlin

Pop, Politik und das olle Leben

13. 5. 2010 - 17:57

The National und "High Violet"

Ein Besuch bei The National Gitarristen Aaron Dessner und ein Track by Track unseres Albums der Woche.

Für immer fremd

Wenn man bei der Q-Train Station "Beverly Road“ in Ditmas Park aussteigt und über die U-Bahn Plattform ins Freie tritt, wird so manches klar in Bezug auf The National und ihr neues Album High Violet. Die auf Platte ausgebreiteten Fantasien von Stadtflucht und Klaustrophobie erfahren eine architektonische Kartharsis. Das hier ist nicht New York, obwohl die Neighborhood südlich vom Prospect Park in Brooklyn liegt (organisatorisch ist Brooklyn ohnehin its own city). Das hier sieht aus wie eine fremde Welt aus einem alten Hollywood-Streifen. Eine Welt voller prächtiger Gärten und viktorianischer Villen mit ausladender Veranda und malerischen Gibeln, wie man sie sonst vorwiegend in der Peripherie von small towns am Land findet, oder in einem Film mit James Stewart. Das hier ist gebaute Kleinstadt-Idylle mitten im Großstadt-Moloch New York.

The National

Christian Lehner

The National

Christian Lehner

Aaron Dessner von The National

Christian Lehner

"Wir lieben New York“, meint Aaron Dessner, nachdem er mich über einen knarrenden Flur ins Wohnzimmer seiner Mansion gebeten hat, "aber irgendwie fühlen wir uns noch immer wie Außenseiter, wie Fremde, die stets einen Schritt hinterher sind“.

Dass die Außenperspektive zurzeit eine etwas andere ist, mag aus der Außenperspektive richtig erscheinen. So freut sich Aaron Dessner, dass die altehrwürdige New York Times "High Violet" als erstes Album überhaupt zum Vorab-Stream auf ihre Website gestellt hat - angeführt von einer fünfseitigen Story in der Sonntagsbeilage der Times. Am dunkelschönen Schaffen von The National wird freilich auch das nichts ändern. Je erfolgreicher die Karriere der vor über 10 Jahren aus Ohio zugezogenen Band, desto resignativer, aber auch eingängiger die Songs des aus zwei Brüderpaaren und einem Sänger bestehenden Quintetts.

Aaron Dessner von The National

Christian Lehner

Aaron im neuen The National Studio in der umgebauten Garage seines Hauses. Hier wurde "High Violet" eingespielt.

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Aaron Dessner von The National

Christian Lehner

Viel Wichtiges und Richtiges wurde seit der NYT-Story über The National und "High Violet" geschrieben. Über die seltsame Nachhaltigkeit ihrer von allzu offensichtlichen Hooks, Melodiebögen und großen Riffs freien Rockmusik, die sich selbst in aufbrausenden Momenten auf leisen Sohlen anschleicht. Über die Sogwirkung des mäandernden Baritons von Matt Berninger, der die Gesangslinien durchschreitet, als ob er sich selbst erst finden müsste. Über die impressionistischen Qualitäten der Lyrics und des Sounds, die den Zuhörer über die Ödnis des Mittleren Westens (Americana, Folk, traditioneller Rock minus aufgerollte Hemdsärmel) und die abgewrackten Docks von Manchester (Postpunk!) zu tragen vermögen. Über die "band of brothers“, bestehend aus dem Zwilling Aaron und Bryce Dessner an den Gitarren und den Brüdern Bryan und Scott Devendorf an der Rhythmusmaschine Schlagzeug + Bass. Über das weitestgehend Klimax freie Kolorieren von Aaron und Bryce, die die Dynamik der Songs fast vollends dem Wahnsinnszeugler Bryan überantworten, der dann auch prompt dem Weinflaschen schwenkenden Vokalisten Berninger den rechten Weg durch dessen lyrisches Minenfeld aus Angst und Selbstzweifel weist. Über den Modus Operandi der im Kollektiv schaffenden Band, die zu allererst musikalische Skizzen entwirft und erst dann Texte folgen lässt. Über die völlige Abwesenheit von Glam, Attitude und Rockstardom. Über die Coolness, die gerade daraus erwächst. Über die Ernsthaftigkeit im Auftreten und Songwriting, die trotzdem nicht prätentiös wirkt (und auch unterschwelligen Humor neben sich gelten lässt). Die sind halt so. Und genau so sind sie großartigst.

Lassen wir also den Urheber der meisten Songideen selbst zu Wort kommen. Aaron Dessner in einem nicht ganz vollständigen Track by Track zu High Violet:

Aaron Dessner von The National

Christian Lehner

Aaron über Song 1 und 11 "Terrible Love" und "Vanderlyle Crybaby Geeks"

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Aaron über Song 4 'Little Faith'

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Aaron über Song 5 'Afraid Of Everyone'

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Aaron über Song 6 'Bloodbuzz Ohio'

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Aaron über Song 7 'Lemon World'

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Aaron über Song 8 'Runaway'

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Aaron Dessner von The National

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Aaron über Song 9 'Conversation 16'

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Aaron über Song 10 'England'

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