Erstellt am: 11. 5. 2010 - 14:55 Uhr
I Am Airen Man
Blumenbar
Airen: I Am Airen Man (Roman) ist gerade im Verlag Blumenbar erschienen.
"Strobo", der Erstlingsroman von Airen wird im Herbst bei Helene Hegemanns Verlag Ullstein als Taschenbuch erscheinen.
"Airen hat für den vorliegenden Roman Texte aus seinem Blog verwendet und sich dies selbst genehmigt" steht im Kleingedruckten seines neuen Buches "I Am Airen Man". Es ist der einzige Hinweis auf die Debatte, durch die er in der literarischen Öffentlichkeit bekannt wurde. Die Sache mit Helene Hegemann und dem "Axolotl Roadkill"-Incident hat wohl auch dazu beigetragen, dass Blumenbar, einer der renommiertesten deutschen Indie-Verlage, den "neuen Airen" ins Programm aufgenommen hat. "I Am Airen Men" ist die Fortschreibung von "Strobo", jenem auf Papier gedruckten Blog, der durch die Zitier-/Abschreib-/Plagiatswut von Helene Hegemann zum wenigstens gelesenen, aber heftigst diskutierten Text des Feuilletonjahrgangs 2010 geworden ist. Jetzt also ein zweites Buch des Bloggers, den es im Gegensatz zum Vorgänger in jeder halbwegs guten Buchhandlung zu kaufen gibt.
Auch in "I Am Airen Man" befindet sich der schon aus "Strobo" bekannte Ich-Erzähler und Selbst-Erlebt-Haber Airen in einem Meer aus Koks, Wodka, Techno, Sex und Hangover. Statt den Berliner Clubs spielt der Großteil des Romans in Mexico City, wohin es die Titelfigur und auch den real existierenden Autor aus beruflichen Gründen verschlägt. Am Ende des Buches gibt es für Airen Frau und Kind und ein fast geregeltes Leben.
Der Spießer nimmt Drogen
Airen versucht verzweifelt diesem Lebensentwurf zwischen Ekstase und Absturz eine Form und Sprache zu verleihen, die dem Leser wohl in erster Linie ein "voll krass!" entlocken soll. Das Ergebnis ist leider nur "voll daneben". Da reiht sich "Fick an Fick", Koksline auf Koksline" und alles was bleibt ist Langeweile, die des Lesers nämlich. Vermutlich soll hier vom existenziellen Ennui des modernen After-Hour-Lebens erzählt werden. Stattdessen offenbart sich ein larmoyanter selbstverliebter Ich-Erzähler, der unfreiwillig auch die Spießigkeit einer modernen Drogenexistenz westlicher Prägung entblößt. Mexiko ist hier nur koloniale Pappkulisse, von der wir via Airen erfahren, dass der Verkehr wild ist, man vor allem Tacos isst, die Männer manchmal Schnurrbart tragen, und nicht überall Minimal-Techno läuft. Ach ja, die kulturellen Unterschiede oder so, aber auch wurscht, weil eh auf Koks, und da ist alles egal, und wir Drogis haben sowieso eine viel krassere Wahrnehmung und so weiter und fort. 160 locker gefüllte Seiten lang geht das so. "Ich bin pervers, tut mir leid, ich such den Abgrund, ich brauche Techno, und ohne Verzweiflung fühl ich nichts."
Das echte Leben und der Roman
Immer wieder stolpert man über Ungereimtheiten, die vielleicht ja im echten "authentischen" Leben des Autors so passieren, aber zumindest bei mir für Kopfschütteln sorgen. Da hätte ein bisschen mehr Fiktion und weniger Autobiografie nicht geschadet. So wird nach stundenlanger Technodröhnung mal eben zu Jimi Hendrix und Deep Purple "gechillt", wenn nicht gar eine Blues-Session (natürlich bekifft) veranstaltet. Trotz aller Ausschweifungen (3 Tage wach wäre hier noch untertrieben) wird aber schon noch an das Studium, irgendwas mit Wirtschaft, gedacht. Als ob der Termin der Abschlussprüfung "voll drauf" am Berghain Klo noch eine Rolle spielen würde. Und natürlich ist der Job als Consulter bei der mexikanischen Niederlassung einer deutschen großen Firma (BMW?) locker vereinbar mit nächtelangem Abhängen auf Kokain in mexikanischen Transen-Bars mit dem entsprechenden Sex. Immer wieder schimmert im Text, in dem die ganze Zeit behauptet wird, wie arg das alles ist, der provinzielle süddeutsche Kleinstadtmief durch, ohne dass Airen das selbst reflektieren würde. Denn wirklich anders sind immer nur die Anderen, die Schwulen, die Mexikaner, die Transen, die irren Dealer, die alle vom Autor als Staffage aufgeboten werden, um sein eigenes Leben so richtig glamourös kaputt aussehen zu lassen.
"I Am Airen Man" endet mit einem Abgesang auf das eigene wilde Leben. Und dabei ist der Autor noch nicht einmal 30 Jahre alt. Vielleicht baut er sich gerade aus den Werbeprospekten für Bausparverträge und ein bisschen Gras einen gemütlichen Joint und bedankt sich bei Helene Hegemann via E-Mail. "Liebe Helene, soviel Aufmerksamkeit hab ich doch gar nicht verdient."