Erstellt am: 9. 5. 2010 - 15:24 Uhr
Song Zum Sonntag: Pearly Gate Music
it's been years since the big escape
the summer days were gorgeous as your face
i mean it
the birds sang, we fell in love
we got fired, we got fired up
i needed it
now we've come to the harder part
the casualties of a war we didn't start
and never wanted
i've got the time if you've got the notion
i've got the patience if you've got the gusto
all of our strengths will fit just like a puzzle
all the way down the west coast
it's about time for a big escape
Thomas Kramar in der Presse am Sonntag über "Pearly Gate Music"
Man hat sich schließlich so kennen gelernt. Das waren noch Zeiten, als wir das letzte Mal weg gerannt sind, alles war gut, die Vögel haben gesungen, wir waren aufgewühlt. Das hab ich gebraucht. Dann ist wohl was schief gegangen, wir wurden die Opfer in einem Krieg, den wir nicht begonnen und nie gewollt haben. Jetzt müssen wir nochmal weglaufen, wenn du Zeit hast, ich bin dabei, wenn du magst, hab ich die Muße [...] wir werden wieder zusammen passen [...] das wars.
brooklynvegan.com
Grübelnd lässt uns Zach Tilman bei diesem kleinen Lied zurück. Wovor rennen die davon? Aus der Provinz? Aus einem faden Job? Vor einem falschen Eheversprechen? Oder rennen sie gar nicht zusammen weg, sondern voneinander? Soll der erneute Versuch, sich auf den Weg nach Kalifornien (da geht es nämlich hin von Tillmans Heimatstadt Seattle "Down the West Coast") zu machen, eine Trennung sein oder eine Trennung verhindern?
Er hat recht damit: Man weiß es nicht. Eines der großen Themen, nicht nur in der Popmusik, sondern auch in der Amerikanischen Literatur, ist eben die Flucht, meist die Flucht nach Westen, aber es kann auch die Landflucht oder Stadtflucht oder der Rückzug in die innere Emigration sein - wichtig ist: Bewegung.
Und es gab Zeiten, zu denen es klar war, welche Richtung die Person einschlagen muss, um Verbesserung zu finden: Jobs im Norden für die armen, frisch befreiten Sklaven des Südens, billiges Land für die Siedler im Westen, Konzentration und Einfachheit für Thoreau und Whitman am Land, Schutz vor der intoleranten Öffentlichkeit im eigenen Zimmer für Emily Dickinson, Schutz vor derselben in der Anonymität der Großstadt für Schwule und Außenseiter am Land, Kultur für die "Losts" in Paris, Verstecke vor der Polizei für die "Beats" in Marokko, Schutz vor der Einberufung für die Hippies in Kanada, Drogen für die Hippies in Mexiko oder Indien, Solidarität und Selbstbestimmung in San Francisco und so weiter.
Das ist wohl nicht mehr so, aber wir haben immer noch Notion, Time, Gusto und Geduld. Und es wird uns freier machen.
Der Song zum Sonntag ist eine Kooperation zwischen FM4 und der Presse am Sonntag und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt.
Zach Tillman, alias "Pearly gate Music", wie er zwar nicht "Big Escape" singt, aber, wie ich finde, schon beweist, dass er seinem Bruder, dem berühmteren J. Tillman - Drummer und Harmoniestimme der Fleet Foxes und großer Songwriter - an Intensität um nicht viel nachsteht.