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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

8. 5. 2010 - 16:41

Tony Stark Superstar

Protzige Überladenheit hin oder her: "Iron Man 2" rockt wie kaum ein anderer Blockbuster in diesem Frühjahr. Robert Downey Jr. sei Dank.

Irgendwann ist auch mal gut mit all der Nerd-Verherrlichung. Ich darf das sagen, denn meine Schulzeit hat ungefähr so ausgesehen wie die von Peter Parker, Dave Lizewski und James Brennan zusammen.

Aber nachdem sich spätestens in den Nullerjahren, zu meiner damaligen großen Freude, die Freaks und Geeks aus den Comicshops, Plattenläden und Filmsammlerbörsen den Platz auf der Leinwand erobert haben, ist das Ganze ein bisschen eskaliert.

Von der durchschnittlichen Romantic Comedy aus dem Indie-Lager bis zu Megaproduktionen hat man den Eindruck, dass jede Marketingsitzung in Hollywood mit dem gleichen Ergebnis endet: "Binden wir doch die Zielgruppe der schüchternen jungen Sonderlinge direkt in den Film ein, machen wir blasse Buben zu Hauptfiguren."

Und natürlich wachsen diese Figuren, ganz im Drehbuchsinn, letztlich über sich hinaus, sie mutieren zu Verbrecherjägern, dirigieren Riesenroboter, kassieren Coolness-Punkte und kriegen am Ende sogar die Highschool-Schönheit.

"Kick-Ass" trieb kürzlich diesen Trend zu einem sarkastisch-schwarzhumorigen Höhepunkt, viel mehr ist im Augenblick zu verklemmten und hochsympathischen Antihelden nicht zu sagen, finde ich.

Schön also, wieder einmal einen erwachsenen, toughen, schlagfertigen Comic-Actionheroen im Kino zu sehen, der nicht von Mitschülern gemobbt wird oder ängstlich durch den Alltag stolpert. Noch besser, wenn dieser selbstbewusste Lebemann trotzdem genügend Dachschäden und Defekte mitbringt, also einer von uns ist.

Vorhang auf für Tony Stark und "Iron Man 2".

"Iron Man 2"

Marvel

Wir erinnern uns an die Schlusseinstellung von "Iron Man", an die das Sequel nun direkt anknüpft: Da hat sich der Multimilliardär Stark auf einer Pressekonferenz als gepanzerter Superheld geoutet und gleichzeitig dem Waffenhandel abgeschworen.

Ein paar Monate später umschwärmen die Medien Robert Downey Jr.s Figur als populärste Celebrity des Planeten. Ganz nebenbei sorgt der Playboy und Wissenschaftler noch für den Weltfrieden. Alles Eitel Wonne also nach außen für Tony Stark Superstar.

Dabei häufen sich in Wirklichkeit die Probleme. Ein eifriger Senator will die Übermacht von Iron Man mit allen Mitteln stoppen und versucht, ihn bei diversen Hearings zur Übergabe seines Kampfanzugs zu zwingen. Ein schmieriger Konkurrent bemüht sich um die Nachfolge des Stark-Konzerns in Sachen Waffenhandel.

Zu alledem wird unser narzisstischer Held von dem Elektrotransmitter in seiner Brust vergiftet und zählt die Tage bis zum scheinbar unaufhaltsamen Tod. Und da ist auch noch ein russischer Bösewicht namens Ivan Vanko, der mit dem eisernen Superhelden eine Rechnung offen hat.

"Iron Man 2"

Marvel

Mit "Iron Man" startete der Comicverlag Marvel vor zwei Jahren als Filmproduktionsfirma durch. Und das gleich mit immensem Erfolg. Der Superhelden-Blockbuster holte Hollywoods einstigen Skandalbuben Robert Downey Jr. aus der Versenkung, der unter der Regie von Jon Favreau den dekadenten Milliardärs-Gockel gab. Nun kehren der Filmemacher und sein Hauptdarsteller zurück.

Mehr Bad Guys, mehr persönliche Konflikte, mehr Effekte, mehr Bombast lautet das Motto vieler Superhelden-Sequels, die sich dann gerne in überladenen Storys und einem Übermaß an Action verzetteln. Auch "Iron Man 2" bietet manchmal etwas zuviel des Guten.

Neue Superhelden werden eingeführt, Nebenfiguren rücken in den Mittelpunkt, der Aufwand des erfolgreichen Vorgängerfilms will optisch übertrumpft werden. Manchmal stellen sich mitten im Gewimmel der Figuren und Handlungsstränge Leerläufe ein.

"Iron Man 2"

Marvel

Aber einer bremst alle Schwächen aus: Robert Downey Jr. Mit jeder Menge Charme und Selbstironie triumphiert er erneut als hedonistischer Superheld. Sein Tony Stark ist weiterhin ein wunderbar arroganter Poser, ein Rock'n'Roller in der eisernen Rüstung, ein verkorkster Frauenheld mit Alkoholproblemen.

Tony Stark, hat jemand unlängst richtig geschrieben, ist endlich auch einmal ein Superheld für Menschen, die eigentlich keine Superhelden mögen.

So wie Robert Downey in der Rolle des exzessiven Playboys immer auch die eigene Vergangenheit und ihre Höhen und Tiefen mitzitiert, so perfekt passt Mickey Rourke in die Rüstung seines Gegenspielers. Ivan Vanko alias Whiplash wirkt wie der mutierte Bruder des Wrestlers, dem Rourke sein Comeback verdankt.

Überhaupt hat die Faszination der "Iron Man"-Filme mit dem richtigen Casting zu tun. Neben Downey Jr. und Rourke zieht der große Sam Rockwell als aalglatter Waffenfabrikant eine herrliche Show ab. Die wunderbare Scarlett Johansson sollte als durchtrainierte Black Widow im schwarzen Latexanzug schnellstens einen eigenen Film erhalten.

Don Cheadle und Samuel Jackson funktionieren in soliden Nebenrollen, letzterer verweist diesmal als Superspion Nick Fury bereits überdeutlich auf kommende Marvel-Abenteuer und das 2012 geplante Über-Spektakel "The Avengers". Nur Gwyneth Paltrow geht als Assistentin Pepper Potts im Getümmel der Fortsetzung etwas unter.

Protzige Materialschlacht hin oder her also: Es sind immer noch genügend Brüche in diesem Film, genügend Cleverness und Witz, Herz und Hirn. "Iron Man 2" rockt wie kaum ein anderer Blockbuster in diesem Frühjahr.

"Iron Man 2"

Marvel