Erstellt am: 7. 5. 2010 - 19:50 Uhr

Touren in der Endlosschleife

Stereo Total sind seit Mitte der Neunziger auf gefühlter Dauer-Tournee. Allein im Mai spielen sie europaweit über 20 Konzerte. Eines davon gibts bald irgendwo in Österreich zu sehen - bei einem FM4 Überraschungskonzert.

Françoise Cactus und Brezel Goering wären perfekte Fabrikarbeiter. Denn was das trashige Synthiepop-Duo Stereo Total an Alben (zwölf Stück bisher!) und weltweiten Konzerten abliefert, grenzt schon an Fließbandarbeit.

Fehlende Ernsthaftigkeit und unerschöpflicher Schaffenswille sind offensichtlich das Erfolgsrezept von Stereo Total. Die singende, strickende, malende Françoise Cactus hat offensichtlich mehr Kreativität im kleinen Finger als so manche Band insgesamt.

Dieser Einfallsreichstum macht sich auch live bemerkbar. Da braucht es keine ausgefeilten Visuals, sexy Bühnenoutfits oder meterhohe Boxen-Türme. Françoise und Brezel stecken ihr Publikum oft binnen Sekunden mit ihrer quirligen lässigen Art und ihren meist frivolen Liedern an. Im Gepäck: Ein Fisher Price Keyboard, E-Gitarre und Schlagzeug sowie Vintageblusen aus Polyester. Bei Stereo Total-Konzerten kann man sich fallen lassen, wie im heimeligen Wohnzimmer von guten Freunden. Wo es egal ist, wie laut und falsch man zu höllisch laut aufgedrehter Musik singt.

Becky Ofek

Schlechtes Image? Kratzbürstig ist nur die Pflanze hinter Stereo Total

Es ist verwunderlich, welche Wirkungskraft der französische Charme von Françoise selbst noch nach 15 Jahren besitzt. Das "-ig" am Satzende müsste sich nach so langer Verweildauer in Berlin nicht mehr in ein ausgedehntes "-isch" verwandeln, das ist klar. Den süßen Akzent weiß Françoise punktgenau in ihren Lyrics, Bühnenansagen und Interviews einzusetzen. Arnold Schwarzenegger hat ja auch einen Coach, der ihn seinen steirischen Akzent nicht verlernen lässt.

¡¿comprende, Chérie?!

Stereo Total sind multilinguale Profis. Das bis 2001 international erfolgreichste Album "Musique Automatique" etwa erscheint auf Deusch, Englisch und Französisch. In drei Sprachen zu singen reicht dem Berliner Duo aber nicht.

Stereo Total

"No Controles" (Elefant Records )

Das Album “No controles” wird letztes Jahr auf Spanisch veröffentlicht. Es enthält einige ins Spanische übersetzte Best-Of-Lieder von Stereo Total. Dazu gibt es Coverversionen von La Casa Azul, Olé Olé und The Lolitas. Sogar die spanische Filmprominenz ist auf "No controles" vertreten, mit Filmregisseur Pedro Almodovars Elektro-Punk Band Almodovar y McNamara. Die Band hat sich zwar in den 80ern aufgelöst, dafür geistert Almodovar y McNamara anno 2010 auf Facebook herum.

"Ein bisschen Spaß" muss nicht immer sein

Stereo Total witzeln aber nicht nur rum, sondern behandeln trotz quietschbunter Outfits, schriller Attitüde und aufgekratzer Art auch andere Themen als schlüpfrig-flotte Dreier, Nacktheit und wilde Katzen. Das vor drei Jahren erschienene Album "Paris-Berlin" eckt mit Songs wie "Ich Bin der Stricherjunge" an soziale Missstände an. 2005 erschienen behandelt die Nummer "Babystrich" die Szene rund um den Bahnhof Zoo in Berlin.

Stereo Total machen munter weiter und bleiben ihrer nonchalanten Art sowohl auf der Bühne als auch in ihren Lyrics treu. Das neueste Album "Baby Ouh!" ist Ende März in Europa veröffentlicht worden. Mit Songs wie "Wenn ich ein Junge wär" oder "Du bist gut zu Vögeln" spielen Stereo Total verlässlich mit der geliebten Doppelbödigkeit.

Man sieht: Françoise Cactus und Brezel Göring schütten sich immer wieder gerne selbst Öl ins Getriebe, um das Stereo Total-Werk am Laufen zu halten. Wie das in der Realität aussieht, kann man beim FM4 Überraschungskonzert erleben.