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Natalie Brunner

Appetite for distraction. Moderiert La Boum de Luxe und mehr.

9. 5. 2010 - 13:10

Small Screen Stories

Vom scheußlichen Gefühl, die Polizei nicht rufen zu können, weil die momentane Rechtslage oder Ausführung nicht mit dem subjektiven Gerechtigkeitsempfinden übereinstimmt.

Wenn Menschen soviel Angst vor der Polizei haben, dass sie sich lieber in der Öffentlichkeit von Mitarbeitern privater Sicherheitsdienste misshandlen lassen, als dass sie auf ihre Rechte bestehen, dann läuft etwas schief. Vielleicht haben sie es einfach schon erlebt, dass sie ohne den richtigen Stempel in ihren Papieren keine Recht haben.

Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes halten einen Mann am Boden fest

Natalie Brunner

Mittwoch dieser Woche, Philadelphiabrücke, vor einem Einkaufszentrum: Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes knien und liegen minutenlang auf einem weinenden, schreinden und sich windenden Menschen. Ich weiß nicht, was er sich zu Schulden kommen ließ. Vielleicht war er ein Ladendieb oder hat sonst ein Verbrechen gegen das heilige Kapital begangen, das eine solche Behandlung in den Augen der Mitarbeiter des privaten Sicherheitsdienst rechtfertig. Ich bin mir auch sicher, dass diese Behandlung nicht Körperverletzung oder Demütigung heißt, sondern korrekte Fixierung eines Verdächtigen. Manchmal ist die Fixierung nicht so korrekt und Menschen sterben. Der am Boden liegende Mann und seine Frau, die daneben stand, hatten aber vor allem Angst vor der Polizei.

Sie wollte die Sicherheitsdienstmitarbeiter beschwichtigen. Die stießen sie weg und später schlugen sie ihr dann gegen die Knie. Ich habe nicht die Polizei gerufen, um die Sicherheitsdienstmitarbeiter wegen Körperverletzung anzuzeigen. Die Polizei war, was der am Boden Liegende am allerwenigsten wollte. Die Rechte, die er an sich gehabt hätte, konnte er nicht geltend machen. Das war ab einem gewissen Zeitpunkt auch für mich nicht mehr auszuhalten, ich bin weitergegangen.

Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes halten einen Mann am Boden fest

Natalie Brunner

Zur schnellen Selbsttherapie und Aufarbeitung der Ereignisse folgen nun ein paar Videos zum Thema, wenn Rechtsempfinden und Rechtslage kollidieren.

Rage against the Machine und der New York Stock Exchange

1999 erschien das dritte Album von Rage Against The Machine. Es war ein Album voll mit George Orwell Zitaten. Speziell "Sleep Now In The Fire" bezieht sich auf Orwell. In der Nummer geht es um Gier und darum, dass finanzielle Interessen über menschliches Leben gestellt werden. Zack de la Rocha zieht einen historischen Bogen von der Sklaverei zum New York Stock Exchange, vor dessen Türen auch konsequenterweise das Video von Michael Moore gedreht wurde. Band und Regiesseur wurden verhaftet. In den End Credits ist zu lesen: "No Money Was Harmed".

Brujeria über amerikanische Grenzbeamten

Brujeria ist eine 1989 angeblich in Tijuana gegründete Metalband, die aus mexikanischen Outlaws besteht und nur auf Spanisch singt. Die Musiker verwenden Pseudonyme wie El Sadistico, Fantasma , El Cynico. Das Line Up von Brujeria hat sich im Laufe der Jahre so oft geändert, dass ich glaube, nicht die einzige zu sein, die inzwischen keinen Plan mehr hat, wer dabei ist und wer nicht. Mitglieder von Fear Factroy, Napalm Death, Faith No More, Carcass und auch Jello Biafra waren zu einem gewissen Zeitpunk bei Brujeria.

Dead Kennedys "I Fought The Law And I Won"

Die Dead Kennedy schrieben den Hit aus den 60er Jahren um, so dass er sich auf den Mord des Politikers und Schwulenrechtlers Harvey Milk bezieht. "I Fought The Law And I Won" ist aus der Perspektive des Mörders von Milk geschrieben. Dan White, Ex-Polizist und Politiker, erschoss Milk und den Bürgermeister von San Francisco, George Moscone. Er wurde nicht wegen Mordes, sondern wegen Totschlags verurteilt. Dies führte zu einer Aufruhr in der Gay-Community, der Änderung des amerikanischen Strafrechts und dieser Dead Kennedys Nummer.

Hip Hop for Respect

Am 4. Februar 1999 erschossen New Yorker Polizeibeamte Amadou Diallo vor seinem Wohnhaus, als er bei einer Ausweiskontrolle in seine Jackentasche griff. Die Beamten feuerten insgesamt 41 Mal auf den unbewaffneten Mann.
Bürgerrechtsbewegungen sehen in Diallo ein Opfer des "Racial Profilings" und der Zero Tolerance Politics, die damals in New York City von Rudolph Giuliani ausgerufen wurde. Wegen seiner Hautfarbe war Diallo für die Beamten automatisch ein Verdächtiger. Etwas, das die Vertreter dieser Polizeipolitik auf Statistiken stützen, die wiederum leicht entkräftet werden können: Kontrolliert man eine Bevölkerungsgruppe wesentlich häufiger als den Rest, wird man klarerweise auf mehr Verstöße kommen. Bruce Springsteen schrieb über den Mord die Nummer "American Skin (41 Shots)" und Mos Def und Talib Kwali gründeten im Umfeld des Labels Rawkus Hip Hop For Repect.

Fight the Power

Das Bedrohungsgefühl, das man aufgrund ethnischer Zugehörigkeit im Angesicht von Autoritäten empfinden kann, haben Public Enemy 1989 zu einer Widerstandshymne konkretisiert.