Erstellt am: 2. 5. 2010 - 13:00 Uhr
Die Reise nach Krems
Man kommt ja viel zu selten raus aus Berlin, vor allem in den Jahren, in denen es keine Cd und kein Buch gibt, mit denen man auf Tour gehen könnte. Deshalb sagte ich gleich zu, als mich die Gruppe Ja, Panik vor Monaten schon fragte, ob ich sie zu einer Art Performance aufs Donaufestival in Krems begleiten wollte, im Chor sollt ich mitsingen.
Christiane Rösinger
Erst kurz vor der Abreise stellte sich aber heraus, dass es nicht um ein Lied sondern einen 40minütigen Dialog ging. Aber Hey! Wollen wir nicht alle mal was ganz anderes machen? Sollte ich nicht, jetzt wo alle alten Kollegen beim Theater unterkommen, mich auch mal als Schauspielerin versuchen?
Die Fahrt nach Wien war wie immer recht anstrengend, aber danach ging´s ins schöne Burgenland, die Sonne schien, der Flieder blühte, die liebliche Landschaft flog vorm Busfenster vorbei und man stimmte die alten Tourlieder an: Ja wenn der Raps dann an der Autobahn so unnatürlich blüht, sind wir doch wieder unterwegs Jahr für Jahr und Lied um Lied. Unterbrochen wurde diese Idylle nur wenn ab und an recht große bedrohliche Plakate mit der unverblümten Ansage: "Heimat schützen -Grenzen dicht!" großflächig in der Landschaft standen.
In einer alten Mühle wurde dann geprobt, probiert, markiert und repetiert, wie wir Schauspieler sagen und am Montag fuhren wir voller Erwartungen nach Krems. Dort wirkte alles schon recht unwirklich. Ein großes Hämmern, Malern, Bauen und Schrauben herrschte in den großen Hallen des Donaufestivals.
Christiane Rösinger
Christiane Rösinger
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In dem nahe gelegenen, pittoresken kleinen Stadtpark traf man immer wieder die gleichen Gestalten, sah internationale Performancekünstler performativ beieinander hocken, oder Teile der Deichkind-Meute sich in der Ferne des Weges trollen. Dazu der plötzliche Sommereinbruch, das strahlende Wetter, das viele Grün. „Bin ich krank, ist das der Kater oder nur eine Pollenallergie?“ fragte sich der schmerzende Kopf ein ums andere Mal.
Der Auftritt selbst war dann schnell vorbei, alles klappte wie am Schnürchen. Vor allem über das laute Buhen und die Pudern! - Rufe freuten sich die ganze Gruppe sehr. Wenn man hinter einem Vorhang auftritt, hat es auch den Vorteil, dass man hinterher nicht angesprochen wird, und so konnte ich unbehelligt das weitere Abendprogramm besuchen. In meiner Rolle hatte ich ja, auf die Deichkind-Diskursoperette angesprochen, mit einem verächtlichen "Das wird ein schöner Schissdreck sein“"antworten müssen - die Wirklichkeit übertraf die Fiktion um Einiges. Bei der Zirkusband Bonparte hingegen bedienten die kostümierten Jungs die Instrumente, während zwei Frauen in verschiedenen Rollen aber immer halb nackt auf der Bühne posierten, das Publikum fütterten oder medizinisch untersuchten. Ein weiterer Tiefpunkt des Abends. Aber dann griff Hans Unstern im Bandcontainer zu seiner Holzgitarre, und man begann trinkend und Lagerfeuerlieder singend die Kremser Erlebnisse langsam zu verarbeiten.
Christiane Rösinger
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