Erstellt am: 28. 4. 2010 - 10:57 Uhr
Wortlaut-Jury: Martin Fritz
Mach es (nicht) selbst
Wortlaut 10 - Der FM4 Literaturwettbewerb
mit freundlicher Unterstützung von
DER STANDARD
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Wenn sich in Innsbruck abseits der arrivierten Literatur etwas tut, ist mit großer Wahrscheinlichkeit Martin Fritz in irgendeiner Weise daran beteiligt. In den vergangenen Jahren war er entweder Local-Hero-Leser oder Rahmenprogramm-DJ beim alljährlichen "Bierstindl Prosa Festival". Er pilgert regelmäßig zu den Poetry-Slams in Innsbruck und Umgebung. Und er stellt die monatliche Lesebühne "Text ohne Reiter" mit auf die Beine. "Innsbruck", so sagt er, "ist ein Ort in dem man alles, was man gut findet, selber machen muss."
Martin Fritz zitiert gerne Tocotronic. Zu Innsbruck fallen ihm folgende Textzeilen ein: "Alles, was wir hassen seit dem ersten Tag, wird uns niemals verlassen, weil man es eigentlich ja mag". Seit 28 Jahren lebt er in dieser irgendwie verlogenen, den Touristen schöntuenden aber auch verschlafenen, einem Jungautor nicht allzu viele Ablenkungen bietenden Stadt. Dort studiert er Vergleichende Literaturwissenschaft, schreibt an seiner Dissertation über Popkultur-Phänomene im Web 2.0 und produziert fortlaufend Texte für diverse Literaturzeitschriften. Nachdem er dann vergangenes Jahr mit einer seiner Kurzgeschichten Wortlaut-Gewinner wurde, hat er heuer auch den gut dotierten Förderpreis der Rauriser Literaturtage erhalten.
Radio FM4 / Sarah Seekirchner
Michael Ende, du hast mein Leben zerstört
Und noch eine Tocotronic-Parole: "Michael Ende, du hast mein Leben zerstört". So wie viele ist auch Martin Fritz als Kind der frühen 80er Jahre nicht an Michael Endes "Unendlicher Geschichte" vorbei gekommen. Als Phantasie-Terror hat er den der "Unendlichen Geschichte" innewohnenden Befehl zum Phantasieren und Träumen empfunden. Einerseits. Andererseits haben ihn Michael Endes Geschichten mit ihren Aufforderungen zur Träumerei auch irgendwie geformt. 20 Jahre, nachdem er die "Unendliche Geschichte" gelesen hat, schreibt Martin Fritz Texte über verträumte Typen, die mit der Wirklichkeit nicht ganz zurecht kommen.
Zum Beispiel Stefan: Er ist die die Hauptfigur von Martin Fritzs Erstlings-Roman, der gerade im Entstehen ist. Stefan ist ein Student, der viel Zeit monologisierend in Kneipen verbringt, auf der Suche nach der Wahrheit ist und schließlich verrückt wird. Martin Fritzs Protagonisten wollen zwar stets irgendwie das System umstürzen, aber wissen nicht so recht wo draufhauen. Auch in seinem Wortlaut 09-Siegertext "Goldhuhn" ist die Hauptfigur ein von Tragik-Komik umwehter Twen, der viel in Kneipen herumhängt, kompliziert denkt und unzufrieden mit den herrschenden Verhältnissen ist.
Verdröselt
Martin Fritz' Weblog:
Lesungen mit Martin Fritz
- 30. April 2010: Bierstindl Poetry Slam (Innsbruck)
- 3. Mai 2010: Lesung Alte Schmiede (Wien)
- 8. Mai 2010: Poetry Slam Stromboli (Hall in Tirol)
- 13. Mai 2010: Text ohne Reiter (Innsbruck)
Die Sprache von Martin Fritz beschreibt die Jury der Rauriser Literaturtage folgendermaßen: "Die omnipräsenten Informationsströme lösen ein Suchtverhalten ebenso aus wie einen verzweifelten Kampf, Ordnung ins Myzel der Verlinkungen zu bringen." Die Wortlaut-Jury vom vergangenen Jahr lobte Martin Fritz vor allem für das Tempo und den Witz seines Textes: "Man könnte es ja fast stream of consciousness nennen, was er da vollführt. Und ich finde es auch gut, dass sich der Text immer mehr selber in Rage redet."
Diesmal ist Martin Fritz kein Preisträger, bei Wortlaut 2010 vergibt er Preise. Was für ein Text überzeugt den Juror? Seinen Geschmack trifft man am ehesten mit einem "flächigen, ineinander verschwurbelten" Einreich-Text; "geradlinig erzählte Texte, die gut gemacht und vielleicht auch noch eine Pointe haben" findet er dagegen eher langweilig.