Erstellt am: 3. 5. 2010 - 17:54 Uhr
Dinosaur Jr.
Dinosaur Jr. live am Donnerstag, 6. Mai 2010, beim Donaufestival in Krems
Ich habe unglaubliche Angst davor, alt zu sein. Alle Menschen, die ich mag, werden tot sein und oder gleich mir in einem Jabba-the-Hutt-artigen Zustand vor sich hin existieren. Es gibt keine Zukunft mehr, auf die ich mich beziehen kann, und auch die Ideen und Dinge, die ich liebe, werden unkompatibel sein mit meinem Wesenszustand. Wer war das, der uns etwas von "age aint nothing but a number" erzählte? Aaliyah! Tragisch. Warum konfrontiere ich euch mit den eitrigen Auswürfen meiner Seele? Es gibt ein Heilmittel dagegen, etwas, das mir die Angst vor Alter, Hilflosigkeit, Lächerlichkeit und aus dem Himmel der Jugend gefallen zu sein nimmt:
Melancholie war immer schon eine Grundkonstante im Werk von Dinosaur Jr. Kann es einen besseren Namen für eine Horde von Weißhaarigen auf Skateboards geben? Ich bin immer zu früh oder zu spät gekommen, um Dinosaur Jr. zu sehen. 1985 veröffentlichten sie als Dinosaur ihr Debütalbum und mussten, weil es eine aus den 70ern und dem Umfeld von Grateful Dead stammende Band Dinosaur gab, ihren Namen ändern. Als jugendlich kecker Seitenhieb auf die Gerichtsprozesse anstrebenden Hippies wurde dem Namen ein Jr. hinzugefügt. Drei Jahre später waren Dinosaur Jr. bereits so zertstritten, dass Lou Barlow die Band bei den Aufnahmen zu Bug in Richtung Sebadoh verließ. "You're Living All Over Me", die epochale Dinosaur Jr. LP erschein im Jahr davor, 1987.
dinosaur jr
Nach dem Split hörte ich zwar noch Dinosaur Jr., aber das fanatische Fantum war gebremst. Dinosaur Jr. lebte für mich immer auch aus dem Wechselspiel, dem Konflikt zwischen Barlow und Mascis. Als nach 20 Jahren 2005 die Dinosaur Jr. Reunion kam, glaubte ich es zuerst nicht. Dann war ich skeptisch. Als dann sämtliche Freunde von Hörsturzen sprachen, zynische Musikjournalisten mir stolz ihre vom Stagediven aufgeschlagenen Knie zeigten, wusste ich, on fire again. Dinosaur Jr. können wieder gemeinsam melancholisch-mürrische Feedback-Utopien auf uns loslassen.
Wie großartig, dass ich Dinosaur Jr. zum ersten Mal bei einem Festival sehen werde, das an die Gegebenheiten einer Clubshow heran kommt. Ein Raum mit 500 Freunden, kein seelenloser Parkplatz und fünf Kilometer entfert spielt irgendwo eine Band auf einer furchtbar eingestellten Anlage. Wie passend, dass es im Rahmen eines Festivals mit dem Titel "Failed Revolutions" sein wird. Im Fall von Dinosaur Jr. Failed Revolutions, die uns aber doch wunderbar durchs Leben begleiten.