Erstellt am: 21. 4. 2010 - 14:13 Uhr
Optimistische Dunkelheit
Mit einem quäkenden Synthieakkord eröffnen die Londoner New Young Pony Club ihr zweites Album. Gleich darauf schleudern sie uns einen schnellen Schlagzeugbeat und groovenden Bass um die Ohren, während Sängerin Tahita "Ty" Bulmer mit ihrer markanten Stimme von einer gescheiterten Beziehung erzählt. Nur, dass sie im förmlich explodierenden Refrain, dessen glitzernder Sound und umwerfender Hook sofort ins Ohr gehen, ihrem Verflossenem klar zu machen scheint, dass er einen großen Fehler gemacht hat. Schon allein mit dieser ersten Nummer "Lost A Girl" haben New Young Pony Club einen Elektrodancetrack abgeliefert, der mehr Pop als Rave in sich trägt und auf ganzer Linie überzeugt. Nichts wirkt aufgesetzt. Weder die wundervoll eingängigen Melodien, noch die Achtziger-Jahre-Sounds klingen wie eine Kopie der Konkurrenz. Schließlich weiß auch Gitarrist und Songschreiber Andy Spance, dass diese Retro-Pop-Verschränkung schon von einer anderen Landsfrau zur Perfektion gebracht wurde. Sich daran zu messen, haben New Young Pony Club auch nicht nötig, denn ihr wegweisendes Debüt und die nachfolgende Entwicklung stehen für sich.
Alte Helden und der verspätete New Rave
Als sich die Band um Sängerin Ty und Gitarrist Andy vor fünf Jahren zu formieren begann, geriet der ursprüngliche Promotionwitz für ein Klaxons Konzert außer Kontrolle und die Bezeichnung New Rave mutierte vom Journalistentraum einer neuen Genrebezeichnung zum neuen Clublifestyle, der sich mit seinem Hang zu Neonfarben eindeutig an den achtziger Jahren orientierte. Wie immer man diesem medialen Szenekonstrukt auch gegenüberstehen mag, so sind in dieser Zeit einige großartige Formationen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Einige wurden vom australischen Label Modular Recordings unter Vertrag genommen, wie die Klaxons oder das verrückte Produzentenduo MSTRKRFT. Auch den New Young Pony Club holte man mit dem Debüt "Fantastic Playroom" mit an Bord, wobei dieses Werk als das repräsentative New Rave Album gehandelt wurde.
New Young Pony Club
Im Prinzip haben Ty und Andy nicht wirklich etwas gegen die Bezeichnung oder den damaligen Hype. Bis darauf, dass sie meinen, solch eine Szene hätte es außerhalb der Musikgazetten nie wirklich gegeben und sie wären sowieso schon immer die Außenseiter gewesen, kann die charismatische und schlagfertige Sängerin dem ganzen auch etwas Gutes abgewinnen. Ginge es nach ihr, so hätte dieser musikalische Clash von punkigen Elementen und cluborientierter Elektronik schon in den Neunzigern stattfinden können, wäre da nicht das unsäglich langweilige Phänomen Brit Pop in die Quere gekommen, das die Geister des guten Geschmacks verwirrte. So sind auch die Einflüsse und Referenzen von New Young Pony Club neben der zeitgenössischen Clubmusik eher im New Wave und Synthiepop der Achtziger und Dreampop der frühen Neunziger zu finden, wenn Ty wie aus der Pistole geschossen ihre Inspirationsquellen mit Vertretern wie B52s, Siouxsie and the Banshees oder auch My Bloody Valentine nennt.
Im Chaos zwischen Schmerz und Freude
Wenn man das neue Album "The Optimist" anhört, dann erklärt sich diese Verschmelzung von alten Helden und neuer Elektrogeneration von selbst.
New Young Pony Club
Der hypnotische Titeltrack "The Optimist" ist mit seiner hüpfenden Keyboardmelodie, dem rollenden Schlagzeugrhythmus, den raumfüllenden Synthflächen und der New Order Basslinie das beste Beispiel dafür. Auch das lapidar gesungene "Rapture" entzückt durch seine Coolness und tanzbaren Groove, obwohl man auch hier den generell düsteren Unterton der Platte heraushört. Denn entgegen der hedonistischen Partythematik von "Fantastic Playroom" singt Ty diesmal - entgegen des ersten Eindrucks, den der Titel nahe legt - von den dunklen Seiten der menschlichen Seele.
Dieses Album sei viel erwachsener geworden, meint die quirlige Sängerin, die im Interview vor Freude über die neuen Songs in einen schwer zu stoppenden Redefluss verfällt. Denn wenn man älter wird, dann lasse sich das Faktum nicht mehr ausblenden oder verdrängen, dass es neben all den guten Partymomenten auch traurige und depressive Phasen gibt. Die Musik bildet hier den Kontrapunkt und scheint mit ihrer Energie und dem frischen Popappeal die Essenz wiederzugeben, die für Ty unter dem Strich übrig bleibt: Nämlich auch in schwierigen Zeiten einfach wieder aufzustehen und mit seinem Leben weiter zu machen, selbst wenn im inneren ein gewaltiges Gefühlschaos herrscht.
Wenn es dem Song dient
Bezeichnend für die neue Platte sind auch die Songs "Stone" und "Architect Of Love". Bei ersterem werden wir von wabernden Soundflächen und chorartigem Gesang eingehüllt, während eine sparsam gespielte Gitarre und reduzierte Beats den Song langsam vorantreiben. Denn erst nach zweieinhalb Minuten werden die Dance-Zügel locker gelassen. So ein Track wäre laut Andy vor einigen Jahren gar nicht möglich gewesen, war damals doch die Auflage, keine langsamen Songs zu schreiben.
New Young Pony Club live in Österreich! Am Samstag 24. April beim TBA Indiesauna Launch in der WienerPratersauna.
Anschließend werden Simian Mobile Disco und u.a. Philipp L'heritier die Aftershow Party schmeißen.
Das mag man auch von der recht reduzierten, krautrockigen Nummer "Architect of Love" denken, der mit seinem stampfenden Rhythmus und den lockern Gitarrenakkorden wie ein großes Experiment klingt. Wie Andy aufklärt, stammt die Idee dieses Songs aus der Zeiten von "Fantastic Playroom", allerdings hat er damals konzeptuell nicht auf die Platte gepasst. Nachdem die Auflage für "The Optimist" war, sich eher von den 4-to-the-floor Beats zu entfernen und die Mitsingqualität der Songs in den Vordergrund zu stellen, war auch Raum und Platz fürs Experimentieren. Zwar liebt es Andy, sich ganz im Soundtüfteln und Soundforschen zu verlieren, allerdings kann es für ihn am Ende des Tages nicht dabei bleiben. Um nicht ausschließlich mit ausgeklügelten Klängen dazustehen, sollte jedes Experiment primär dem Song dienen.
New Young Pony Club
So haben sich New Young Pony Club den Wunsch erfüllt, dass man ihre Lieder auch auf einer akustischen Gitarre am Busbahnhof spielen kann, wie Ty mit Lachen erzählt. "The Optimist" ist demnach nicht mehr nur eine Platte für den Club oder die durchtanzte Nacht, sondern sie funktioniert überall. In den eigenen vier Wänden, im Kopfhörer und im laut aufgedrehten Autoradio, als perfekter Soundtrack für den Frühling.