Erstellt am: 18. 4. 2010 - 13:05 Uhr
Song Zum Sonntag: Jakob Dylan
Blackbird sitting on an open gate
Cattle out walking the plains
West winds blowing the waist-high wheat
Sideways in the rain
Bloodhounds spent, get no trail
There ain't no sign of man
Want to get ourselves on the straight and the narrow
Gonna need a better plan
Roll your sleeves, hold back the dam
Fill these bags with sand
Every young boy, woman, and every man
Has got to lend a hand
It ain't no wives tale, it ain't no fable
Payback is coming around
The hourglass is sitting there on the table
Filled on both sides now
The work is potluck, grab a hatchet
Wear any glove that fits
You can't take a punch then you might as well quit
It won't matter how hard you hit
Roll up your sleeves ...
We're losing daylight, you've got to be swift
You ain't got brains than you can lift
Be an optimist and see the glass half full
You don't got to like what you've got in it
When our father gets home he's gonna turn on the lights
We're up to our thoats in knives
His eyes will flash and his teeth will grind
He'll say "You're on your own, look alive!"
Suppose I quit you, my wayward tribe
Whatever would you do?
Take me to Hades or take me to Memphis
Just don't take me for one of you
Roll your sleeves up, the fat lady sang
Grab your buckets and cans
Come over the border, your papers in order
You too got to lend a hand
Roll your sleeves up, hold back the dam
Fill these bags with sand
Every young boy, woman, every tired old man
You too got to lend a hand
Thomas Kramar über Jakob Dylan in der Presse
jakobdylan.com
Die Nacht kommt, wir verlieren Zeit, du musst schnell sein. Nimm dir irgendein Werkzeug, krempel die Ärmel hoch, auch die jenseits der Grenze sollen rüber kommen und mithelfen, jeder Junge, jede Frau, jeder müde alte Mann, sie alle müssen mithelfen, wenn wir Land gewinnen oder die Flut zurückhalten wollen oder das Leben meistern.
Vor uns ist die Wildnis, Wenn du nicht einstecken kannst, nützt dir auch en harter Schlag nichts.
Kein Wort zum Papi. Jakob Dylan ist zwar musikalisch näher an den Sounds und Traditionen seines berühmten Vaters als die anderen beiden Musikerkinder, die ein relevantes musikalisches Werk zustande gebracht haben (Rufus Wainwright und Sean Lennon, Jeff Buckley ausgenommen, der war zu kurz unter uns), aber die schweren Vergleiche hat er zur Hochzeit seiner allzu glatten, aber nicht weniger erfolgreichen Band "The Wallflowers" geduldig über sich ergehen lassen, und dabei von seinem zweiten Album mehr Einheiten verkauft, als der Vater von "Blood on the Tracks" - dass er mit vier Coverversionen auf vier Blockbuster Soundtracks vertreten war, hat da wohl mitgeholfen. Dass er ewiggültige, fast biblische Metaphern verwendet, hat vielleicht schon was mit Vati zu tun. Das Stundenglas, das in beiden Hälften gefüllt ist, die dicke Frau aus dem Spruch "It ain't over 'til the fat lady sings", ein alter Blueswitz über Richard Wagner, "the straight and the narrow" = "das Tor, das zum Leben führt, ist eng und der Weg dahin ist schmal und nur wenige finden ihn"- eine Zeile aus Matthäus 7:14, die schon Hank Williams besungen hatte - allein, das machen auch weniger enge Verwandte, ohne dass man ihnen mit "His Bobness" kommt.
jakobdylan.com
Dylan vermischt hier zwei traditionelle amerikanische Urformen des Songs: Natürlich der schon fast im Titel erwähnte "Work Song", der einerseits die schwere Arbeit der Sklaven auf den Feldern thematisiert, andererseits auch in einem "Call and Response"-Stil diese Arbeit rhythmisch begleiten und somit erleichtern sollte, sei es die Baumwollpflückerei oder etwa das Steineklopfen im Gefängnis (ein in jüngster Zeit bekannt gewordenes Beispiel für Letzteres ist "Po Lazarus", der Eröffnungssong von "O Brother where art thou", der Odyssee der Coen Brothers). Wer daran interessiert ist, wie diese Songs zu ihrer Entstehungszeit geklungen haben mögen, der sei erneut auf die großartige Seite "The John and Ruby Lomax 1939 Southern States Recording Trip" verwiesen, deren Existenz alleine die Würdigung des Internets als Segen der Menschheit rechtfertigen würde.
Der Song zum Sonntag ist eine Kooperation zwischen FM4 und der Presse am Sonntag und erscheint hier wie dort, wo sich der geschätzte Wissenschafts- und Popjournalist Thomas Kramar der Kolumne annimmt.
Andererseits ist die Instrumentierung und der schleppende Rhythmus eindeutig an die New Orleans Jazz Funerals angelehnt. Bei einem solchen Begräbnis, dessen Ehre nur MusikerInnen zuteil wird, spielen Paraden von Trommlern und Bläsern zuerst einen "Dirge", also einen traurigen Song für den Verstorbenen, um dann in einen schnelleren, tanzbaren Rhythmus überzugehen, der die Ankunft des/der Verstorbenen im Himmel feiern soll (den berühmtesten "Dirge", "Just a Closer Walk with Thee" hat Vater Bob bei den Nashville Skyline Sessions bereits 1969 mit Johnny Cash aufgenommen). Die meisten Menschen denken da wohl an Tom Waits´ zahlreiche Funeral Marches, allen voran "In the Neighborhood", einer weltlichen Variante dieser Tradition.
Die Kombination aus Musik und Text bei "Lend a Hand" legt nahe, dass die Hurrikankatastrophe von New Orleans, bei der sich der damalige Präsident Bush nicht gerade mit Ruhm bekleckert hatte und bei der die Bruchlinie zwschen Arm und Reich in den USA klar zu Tage getreten war, bei dem Song Pate gestanden ist. Und dass daraus eine Lehre zu ziehen ist: Dass die größte Demokratie und das vielbeschworene Kollektiv nur so edel und gut sind, wie sie sich in der Not der Schwächsten als solidarisch erweisen.