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Christian Holzmann

Snap your fingers, snap your neck.

15. 4. 2010 - 16:09

Peter Steele ist tot

Der Sänger und Bassist von Type O Negative ist am 14. April an Herzversagen verstorben.

Peter Steele

Type O Negative

Peter Steele (Geb. 4. Januar 1962 in Brooklyn, New York, † 14. April 2010)

Abgesehen vom Anlass an sich kann ich fast nichts weniger leiden, als Reden auf Begräbnissen. Genau genommen sind sie mir ziemlich verhasst und glücklicherweise musste ich noch nie eine solche halten. Mir anhören musste ich mir im Gegensatz dazu leider schon einige und manchmal beschlich mich bei solchen Ansprachen zu solch traurigen Anlässen das Gefühl, hier würde nicht von jener verstorbenen Person die Rede sein, die man eigentlich kannte, sondern von jener, als die man sie gern gesehen hätte.

Man verstehe mich bitte nicht falsch, selbstverständlich stellt man sich nicht bei einer Grabrede hin und zählt alle negativen Eigenschaften und Fehler eines Menschen auf, von dem man sich zum letzten Mal verabschiedet. Das wäre fern jeglicher Pietät. Viel mehr hinterlässt es einen bitteren Beigeschmack, wenn Dinge gesagt werden, die aus eigener Sicht so vielleicht gar nicht auf jenen Menschen zutrafen, von dem man Abschied nimmt.

Solche Reden sind ein Eiertanz und mit Nachrufen verhält es sich mitunter nicht unähnlich. Auch da wird manchmal dazu geneigt, Dinge in einem verklärteren Licht zu sehen, als dies zu Lebzeiten noch der Fall war. Speziell Künstlern wird dabei mitunter posthum eine Genialität zugeschrieben, über die sie sich zu Lebzeiten vielleicht selbst am meisten gewundert hätten.

Schlechter Ruf bereits mit Carnivore

Der am 14. April 2010 an einem Herzversagen verstorbene Peter Steele, Bassist und Sänger von Type O Negative, wäre wahrscheinlich bei einem Nachruf solcher Art in schallendes Gelächter ausgebrochen und als Bonus hätte er einem wohl auch den Mittelfinger gezeigt. Kein Wunder nach all dem, was dem Mann im Lauf seiner Karriere mit Type O Negative und Carnivore bereits alles unterstellt wurde. Das ging unter anderem vom Frauenhasser zur Homophobie bis zum Rechtsextremismus.

Es besteht natürlich kein Zweifel daran, dass er solcherlei Vorwürfe selbst provoziert hat. Speziell seine Zeit mit Carnivore und der mit dieser Band veröffentlichte Song "Jesus Hitler", in dessen Intro ein Ausschnitt aus einer Hitler-Rede vom Reichsparteitag 1934 verwendet wurde, sollte ihm und später auch Type O Negative noch für lange Zeit nachhängen und in den Ruf bringen, extrem rechts zu stehen. Steele und die Band hatten das immer dementiert und untermauerten das auch mit der Tatsache, dass Keyboarder Josh Silver jüdischer Abstammung ist und sicher nicht in einer Band wäre, bei der solche Vorwürfe wirklich zutreffen würden.

Durchbruch mit Bloody Kisses

Cover von Bloody Kisses

Type O Negative

Der breiten Masse bekannt wurden Type O Negative 1993 mit ihrem dritten Album "Bloody Kisses", für viele noch heute ihr bestes Werk und mit Sicherheit jenes, welches das Genre Gothic-Metal mit seinem orchestralen Sound mit geprägt hat und bis heute beeinflusst. Solche teils psychedelischen Orgel Sounds vermischt mit doomigen Gitarrenriffs gab es davor so noch nicht. Wie in den Anfangstagen war aber auch hier Provokation weiterhin Programm, sei es die Thematisierung sexueller Fantasien oder Songs wie "Kill All The White People" und "We Hate Everyone". Der Sound mag opulenter geworden sein, streichelweich waren Type O Negative deshalb noch lange nicht.

Auf späteren Alben wie "October Rust" und "World Coming Down" war man dann allerdings weniger provokativ, als viel mehr persönlich. Peter Steele verarbeitete darauf harte Schicksalsschläge wie den Tod seines Vaters und die schwere Krankheit seiner Mutter. Entsprechend düster klangen diese Alben auch und zu ihrer sehr eigenen Auffassung von Humor fanden sie wieder mit dem 2003 erschienenen "Life Is Killing Me" zurück, bei dem auch wieder mehr Punk/Hardcore lastige Klänge den Weg in den Type O Negative Sound fanden.

2005 bereits "verstorben"

Unter "eigene Auffassung von Humor" kann man wohl auch die 2005 lancierte Meldung einordnen, dass Peter Steele damals schon verstorben wäre und die Band ein Bild von dessen vermeintlichem Grabstein auf deren Website veröffentlichen ließ. Selbige Aktion war übrigens auch der Grund, warum die Medien mit Meldungen zum Tod von Peter Steele am 14. April 2010 erst einmal eher skeptisch umgingen.

A little boy in a big body

Nach langer Abhängigkeit von Alkohol und Kokain, die auf dem letzten Album "Dead Again" thematisiert wurde, war Peter Steele 2007 "clean" und bekannte sich dann für viele überraschend sogar ganz klar zum Christentum. In einem seiner letzten Interviews 2009 bezeichnete sich der über 2 Meter große Mann als "a little boy in a big body" und nahm sich damit selbst keineswegs so bierernst wie seine Umwelt. Hätte er das öfter bedacht, wären ihm vielleicht einige üble Missverständnisse erspart geblieben.

www.typeonegative.net
Offizielle Website von Type O Negative

Type O Negative

Nachrichten vom Tod eines Künstlers, dessen Musik einen für lange Zeit begleitet hat, sind immer irgendwie ein Schock. Nicht etwa weil man diesen kannte oder glaubte zu kennen, viel mehr wohl deshalb, weil jene Musik, die einen bis hier her ins Heute begleitet hat, ab jetzt zur Vergangenheit gehört. Man wird sie nie mehr live hören können und ich müsste lügen würde ich behaupten, dass das nicht schmerzt.

Ein Heiliger war Peter Steele mit Sicherheit nie, wenn er in einem Interview aber auf die Frage, was er der Welt mitteilen wolle antwortet "Treat each other the way you'd like to be treated", war er auf jeden Fall einer von den Guten.

Rest in peace, Peter Steele.

Am Mittwoch, den 21. April, werde ich so frei sein und Peter Steele mit einem persönlichen Best-Of-Mix von Type O Negative meinen Tribut zollen. Zu hören im House Of Pain zwischen 22 und 24 Uhr.