Erstellt am: 16. 4. 2010 - 15:15 Uhr
Downtempo Tortenschlacht
Hörtipp
Wir gratulieren Peter Kruder & Richard Dorfmeister zu ihrem Labeljubiläum in einem FM4 Homebase Spezial , heute, 12. Mai 2010 ab 19 Uhr.
Als die zwei Wiener Produzenten Peter Kruder und Richard Dorfmeister 1994 in ihrem Studio in der Grundsteingasse beschlossen hatten, ein Label zu gründen, wußten sie noch nichts von dem großen Hype, der wenig später folgen sollte. Schon gar nicht rechnete man damals damit, eineinhalb Dekaden lang das Elektrogenre über die Grenzen Österreichs hinaus maßgeblich mitzugestalten. Denn anfangs war der Fokus ausschließlich auf Soundforschung gerichtet. Mit den engen Freunden DJ Urbs, Rodney Hunter, Makossa & Megablast und DJ DSL entwickelte sich in Wien, dem bis dato weißen Fleck auf der globalen Elektronikmusiklandkarte, eine ganz eigene und hungrige Szene.
Oliver Kartak
Richard Dorfmeister: "Es war die totale Revolution. Damals konnte man mit relativ billigem Equipment Musikstücke zu Hause fertigstellen, ohne in ein teures Studio gehen zu müssen. Das war auch eine große Motivation, etwas zu machen und das bisherige System zu brechen."
Es war der Startschuss für die Homerecording-Zeit und die sich parallel zum Techno entwickelnde Downtempo Szene, die aus den warmen Tiefen des Dub aufstieg. Entgegen manchen Glaubens, die Marke K&D wäre von Anfang an so richtig huge gewesen und die zwei DJs hätten ihre Turntables nur mehr auf Goldbarren aufgestellt, um die besten und größten Clubs zu bespielen, tourte das Duo unter schlechten Bedingungen "durch wirklich jedes kleine Dorf Europas", wie Peter Kruder erklärt. So war auch die Gründung von G-Stone Recordings eine Notwendigkeit, um die ersten eigenen Releases unter die Leute zu bringen, denn Mitte der Neunziger hat in Österreich kaum ein Musikbusinessmensch verstanden, was diese zwei unterkühlt lässigen Herrschaften mit ihren langsamen, hypnotisierenden Grooves eigentlich wollen.
Der G-Stone Feiertag
Sechzehn Jahre nach der Initialzündung können Peter Kruder und Richard Dorfmeister auf über 100 Veröffentlichungen, auf ein liebevoll gestaltetes Buch über ihr Label und eine weltweite Fangemeinschaft zurückschauen. Zwar sind die beiden Produzenten weit von Nostalgikern entfernt, trotzdem schien die Zeit reif, um den bisherigen Erfolgsweg zu feiern und gleichzeitig einen Ausblick auf die Zukunft zu gewähren.
Oliver Kartak
Mit "Sixteen F''king Years Of G-Stone Recordings" liefern uns die Gründer gleich eine Doppelkompilation mit zwölf Klassikern und 13 neuen Tunes, angefangen von dem wohl poppigsten Release Marsmobil, über neuen Discoglitzer von M&M mit Vocalist Hubert Tubbs, deepen Hip Hop Beats von Urbs mit den Gästen Bagi & Sarah Ann, der wiederum auf dem swingenden Jazz-Mashup "Oarschloch" von DSL für witzige Reizwortüberflutung sorgt, bis zu dem extra für den Sampler komponierten Track "Aikon" der Downtempo-Meister selbst.
Peter Kruder: "Die ursprüngliche Idee für die Kompilation war, nur neue Songs zu releasen. Als wir uns im Zuge dessen den Backkatalog durchgesehen haben, haben wir Tracks gefunden, die eigentlich immer noch sehr cool klingen. Dann haben wir uns gedacht, warum machen wir nicht einfach eine persönliche Best-Of Zusammenstellung. Die Nummern auf dem zweiten Teil der CD sind nicht daran orientiert, was Fans gerne von uns, sondern was wir in der Geschichte von G-Stone als wichtig empfinden."
Mit dabei die Rarität "Young Man" von K&D, der immer noch bezaubernd unheimliche Track "Shining" aus dem Peace Orchestra Debüt, der legendäre "Happy Bear" von DJ DSL, der "Fuck Dub" im Doppelpack aus dem Tosca Album "Opera" und viele mehr.
Ab heute Freitag 16. April wird diese zweiteilige Zusammenstellung vom Label gratis ein Monat lang als Download zur Verfügung gestellt, bis am 16. Mai dann der physische Tonträger erscheint. Passend dazu startet die G-Stone Family eine Konzertreihe, beginnend am Spring Festival in Graz am 15. Mai mit einer speziellen "Anniversary Session".
g Stone Recordings
Ob auch auf der Bühne mit Torten gefeiert wird, bleibt abzuwarten. Denn wie aus Cover und zugehörigem Fotoshooting ersichtlich, würde das in eine riesige Schweinerei ausarten – obwohl hinter der scheinbaren Huldigung einer ewigen Hedonismuspartygesellschaft eigentlich andere Überlegungen stecken.
Richard Dorfmeister: "Es soll eine Art Feiertag ausdrücken. Aber es hat nicht unbedingt mit der Tortenschlacht per se zu tun, sondern war mehr der Chaoscharakter, der uns begeistert hat. Das Muster von explodierenden Torten, diese Art von Ungenauigkeit und eigentlich Hässlichkeit der Dinge. Etwas zu zerstören, damit daraus etwas Schönes und Neues entstehen kann."
Peter Kruder: "Es ist einfach auch wirklich lustig, wenn sich zwölf Enddreißiger treffen und eine Tortenschlacht machen. Das hat einen lustigen Effekt, weil die meisten haben Kinder, die andauernd solche Schlachten machen und manchmal steht man als Elternteil daneben und denkt sich, 'verdammt, ich würde das auch gerne machen.'"
Richard Dorfmeister: "Ja klar, weil irgendwie drückt es auch aus, dass man sich im Geiste das Kindliche erhalten hat. Dass dieses Freak-Ding aus der Zeit Ende der Achtziger immer noch da ist. Dass man den Traum von damals nicht vergessen hat, bloß weil man älter und vielleicht im Leben mehr gefangen ist."