Erstellt am: 13. 4. 2010 - 19:23 Uhr
Righteous Fists of Harmony
Flying Lotus Label Brainfeeder veröffentlichte vor ein paar Wochen eine neue Mini LP des großartigen Daedelus.
Seit Jahren arbeitet der aus Californien stammende Daedelus an einer Verschmelzung von Hip Hop und Electronica. Für Menschen die Daedelus schon live gesehen haben ist es keine Überraschung, wenn ich verkünde dass sein neues Album "Righteous Fists Of Harmony" eine Art Konzeptalbum über den Boxeraufstand im China des 19 Jahrhunderts ist. Es ist nicht nur eine Verschmelzung von Hip Hop und Electronica, sondern auch von Geschichte und Zukunft, an der Herr Daedelus, der bei Auftritten immer eine viktorianischen Gehrock und Kotletten trägt, bastelt.
daedelus
Daedelus stellt ganz wunderbare Verknüpfungen zwischen Vergangenheit und Zukunft her und beschert uns im Jetzt dadurch ganz spezielle Musik, die er seit 2002 auf Labels wie Ninja Tune, Warp, Def Jux oder Plug Research veröffentlicht.
Daedelus wollte seit seiner frühesten Kindheit immer Erfinder werden. Der Vater von Icarus, Figur aus der griechischen Mythologie ist aber nur einer der Namenspaten. Daedelus ist auch Fan von James Joyce, der in zwei seiner Werke von der Figur Stephen Dedalus erzählt.
Daedelus baut Traumlandschaften, seine Musiken sind Theaterstücke, Soundtracks zu nicht existenten Filmen, die einen in eine andere Welt verfrachten. Daedelus gibt uns auch immer Hinweise wohin die Reise gehen soll.
Die Opiumkriege, um genauer zu sein die Boxer-Aufstände hats er sich als Thema für sein aktuelles Werk ausgesucht. Nach dem 70-jährigen Opiumkrieg gegen die Engländer lag China militärisch und sozial zerstört danieder. Die Boxer waren eine aus dem Volk kommende militärische Bewegung gegen imperialistische Einflüsse. Sie wollten fremde Feldherren aus dem Land vertreiben, das Reich zu alter Größe zurückführen
brainfeeder
Die Boxer waren Martial Arts Kämpfer die sich, einer Legende nach, für unverwundbar hielten. Sie glaubten, sie hätten magische Kräfte, konnten fliegen und die Gefallenen würden als Geister an ihrer Seite in die Schlacht ziehen. Selbst nannten die Boxer sich übersetzt “Righteous Fists of Harmony,” daher auch der Name von Daedelus LP. Der Aufstand war schnell vorbei. Die rechtschaffenen Faustkämpfer und die Geister, die an ihrer Seite in die Schlacht zogen, konnten nichts gegen die modernen Kriegsmaschinen der Alliierten ausrichten.
Daedelus predigt nicht den puren Escapismus. The Righteous Fists of Harmony kann als Analogie auf das Hier und Jetzt verstanden werden, eine Epoche die zu Ende geht. Eine Zivilisation, die droht, Opfer ihres eigenen Fortschrittglaubens zu werden.
Daedelus Alben verweben organische und elektronische Elemente. Alles ist im Schweben, romantisch und fragil. Auf offensichtlichste Assoziationen verzichtet er. Keine Kung Fu Samples oder Soundfetzen, die an Peking Oper erinnern würden, statt dessen hört man Bossa Nova-Fragmente. Daedelus ist ein Freund von Subtilität und deshalb hält er auch die Erzählung dezent im Hintergrund.
"Ich arbeite wie ein Schriftsteller der bei seinen Roman Seiten leer lässt so dass die Hörer, wenn sie eine Geschichte im Kopf haben, diese ergänzen können", meint er im Interview. Wenn die Mission glückt, ist die Musik ein Dialog zwischen Schöpfer und Hörer.
Drei Gastvocalisten sind auf Righteous Fists of Harmony zu hören. Kid A haucht auf Succumbing to, Amir Yaghmai, und auf Order Of The Golden Dawn ist Daedelus Frau Laura Darling zu hören mit der er auch das Project The Long Lost betreibt.