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Das Biber

Artikel aus dem Stadtmagazin für Wien, Viyana und Beč. Mit Scharf.

6. 4. 2010 - 10:58

Say my Name

Ibrahim, Jugoslav und Małgorzata zu heißen ist in Österreich nicht leicht. Warum man hier leider besser mit deutschen Namen davon kommt, erzählen Betroffene im biber-Talk.

Von Ivana Martinović und Lucia Bartl (Fotos)

Ibrahim hat mehr Tennisschüler seit er Martin heißt. Niemand lacht mehr über Jugo seit er sich Andi nennt. Teo geht zu Vorstellungsgesprächen, die er als Cihan nicht bekommen hätte. Und Małgorzata hat mit Margit einen Namen, den Österreicher auch tatsächlich aussprechen können.

scrabble brett mit "andi statt jugoslav"

Lucia Bartl

Alle vier haben ihren Namen geändert, weil das leichter ist, als Vorurteile zu ändern. Einfach war es trotzdem nicht. Den Tennislehrer Martin kennt im Fitness-Center jeder. Ein Österreicher? So schaut er gar nicht aus. Eher wie ein Türke, denken sich wohl viele Leute. Er ist tatsächlich Türke und hieß früher Ibrahim. Anfangs wollte er nur sehen, ob er mehr Tennisschüler bekommt, wenn er sich anders nennt. Was er ahnte, trat dann aber auch ein. Ein Martin kommt halt besser als ein Ibrahim. Letztlich änderte Ibrahim seinen Namen auch am Papier. Er ist in Österreich nicht allein mit seiner Entscheidung.

Kein Jugo mehr

Biber Cover April

dasbiber.at

Der Artikel "Say my Name" ist in der April-Ausgabe von biber. mit scharf erschienen.

Als der Staat Jugoslawien noch existierte, waren viele stolz auf ihr Land. Mittendrin wurde ein Junge geboren, dem von seinem Vater der Name Jugoslav verpasst wurde. Blöd nur, dass es zum Krieg kam und aus Jugoslav ein Kroate wurde, der für die junge, ebenso stolze Nation nun aber den falschen Namen trug. Mit acht Jahren kam er nach Österreich. In der alten Heimat nannte ihn seine Familie noch liebevoll Jugo. In Österreich wurde Jugo zum Schimpfwort. In der Schule war es besonders schlimm. Jugo oder Scheiß-Jugo? Er verlor den Überblick. "Ich wusste nicht, ob ich gerufen oder beschimpft wurde. Deshalb hab ich manchen Mitschülern auf die Fresse geschlagen", erinnert sich Jugo. Mit18 Jahren hatte es Jugo satt, wegen seines Namens blöd angemacht zu werden und änderte ihn. Nun heißt er Andreas und lässt sich Andi rufen. Beschimpft wird er mit dem Namen nicht mehr.

Junge

Lucia Bartl

Ein Name zum Bewerben

Cihan (ausgesprochen: Dschihan) wurde in Wien als Sohn türkischer Einwanderer geboren. Kein Österreicher konnte sich seinen türkischen Namen richtig merken, geschweige denn aussprechen. „Zichan“ oder „Tschichan“ riefen ihn die Leute oder ließen den Namen überhaupt beiseite. Kindheit, Jugend, immer dasselbe. Mit 18 Jahren wartete dann die Berufswelt auf den jungen Mann. Bewerbungen mussten geschrieben und Personalchefs überzeugt werden. Und Cihan merkte, dass er mit seinem Namen auf Vorurteile stieß. Eines Abends setzte er sich ans Internet und suchte nach türkischen Namen, die auch österreichisch klingen. „Mir war wichtig einen Namen zu finden, der eine starke Bedeutung im Türkischen hat, aber für die Österreicher leicht zu merken ist“, sagt er. Kurt (auf Türkisch "Wolf") stand zur Auswahl. Zu altmodisch, dachte sich Cihan. Teoman („Vater der hunnischen Türken“) sprach ihn schon mehr an. Abgekürzt auf Teo wäre er für die Nicht-Türken wohl keine Hürde mehr. Er ging zu seinen Eltern und sagte, dass er sich neben seinem Geburtsnamen einen zweiten zulegen wollte. Die Namensänderung am Magistrat war kein Problem. Nur das Einreichformular kostete 13 Euro. Die teure Bewilligung konnte er sich sparen. Gründe für eine kostenlose Namensänderung gab es zuhauf. Da reichte schon das Lexikon, das er von seiner Nachbarin zum Geburtstag bekommen hatte. Wieder einmal war der Name falsch geschrieben. Im frisch gemachten Führerschein steht schon der neue Name. Die Zeugnisse aus der Schule ließ sich Teo neu ausstellen. Für die Berufswelt eben. Und er bereut es nicht, den Schritt gemacht zu haben. Für die Türken bleibt er Cihan, für die Österreicher Teo. Und jetzt können sie sich seinen Namen auch merken.

Namensänderung - wie geht's?
Wo: Wiener Magistratsabteilung 35/ jew. Bezirks-hauptmannschaft
Kosten: Einreichgebühr: 13,20 €, Bewilligungsschein ohne Begründung: 515 €
kostenlos: wenn alter Name anstößig/peinlich; bei Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft; für staatenlose Personen, bei ungeklärter Staatsbürgerschaft oder für Flüchtlinge im Sinne der Konventionen; wegen Benachteiligung im Umfeld und Beruf.
Folgekosten: Pass, Führerschein, Personalausweis, Grundbucheintrag.

Malgorzata

Lucia Bartl

Schön, aber unaussprechlich

Als sie zur Welt kam, taufte sie ihre Mutter Małgorzata (ausgespr. Maugoschata). Der zweite Name war Aleksandra. Ihre Oma mochte den Namen Małgorzata nicht, also nannten sie alle "Ola" (eine Kurzform von Aleksandra). Als der Schuleintritt bevorstand, mussten sie ihre Eltern auf den echten Namen umgewöhnen. Die erste Namensänderung - eine inoffizielle. Wenn die Eltern die Namen doch verwechselten, gab’s ein Zuckerl zur Belohnung. 1990 kam sie nach Österreich und stellte sich immer als Małgorzata vor. "Mein Name war schwierig zum Aussprechen und Merken", erzählt sie. "Also sagte ich immer dazu, dass man mich 'Margit' nennen konnte. Das war einfacher. Ich wollte einen kurzen und einfachen Namen. 'Margit' ist international." Den Beschluss, den Namen auch amtlich zu ändern, fasste sie 1996. Sie hatte schon die österreichische Staatsbürgerschaft und ging wählen. Der Beamte im Wahllokal machte eine abfällige Grimasse, als er den Namen verlas. "Wos is des?", brummte er in einem unfreundlichen Ton. "Scho wieder a Ausländer", sagte er zwischen den Zeilen. "Manchmal sehne ich mich nach meinem alten Namen, weil ich ihn sehr mochte", sagt Margit."Aber es macht die Dinge in Österreich einfacher, es ist bequemer." Margit hofft auf bessere Zeiten. Österreich mache große Geschäfte in Osteuropa, da werde die richtige Aussprache der Namen der Geschäftspartner wichtig. Außerdem wachse jetzt die zweite und dritte Generation der Migrantenkinder heran. Die Behörden werden lernen müssen, ihre Namen richtig auszusprechen.

Auch ich hab’s gemacht:

BZÖ-Politiker Peter Westenthaler – ehemals Peter Hojač: "Ich habe meinen Namen bereits 1984 als Schüler ändern lassen, weil meine Eltern vor der Scheidung standen und ich auf der Seite meiner Mutter stand, die Westenthaler geheißen hatte. Die Namensänderung war aus rein privaten Gründen."

János Aladár Fehérváry – Mitherausgeber von Chilli.cc:
"Als Journalist oder als Privatperson gebe ich ab und zu bei telefonischen Anfragen die deutsche Version meines Namens an: Johann von Weißenburg. Erfahrungsgemäß wirst du viel schneller weiter verbunden oder bekommst die erforderliche Info. Beim ausländischen Namen kommen viel ablehnendere Reaktionen."

Alexis Neuberg – Radio Afrika: „Hab den Nachnamen geändert. Der Grund ist eine lange Geschichte. Ich sag nur "Integration“."