Erstellt am: 4. 4. 2010 - 17:03 Uhr
Elias Bierdel wechselt die Seite
Nachlesen kann man Bierdels Geschichte in seinem Buch „Ende einer Rettungsfahrt“ (Verlag Ralf Liebe, September 2006)
Elias Bierdel hat die Seite gewechselt. Der Tag, an dem er sein Aufnahmegerät im Hotelzimmer vergaß und statt dessen die Rückbank des Autos mit Lebensmittel füllte; der Tag, an dem er vom Krieg traumatisierten Menschen im Kosovo nicht mehr das Mikrophon unter die Nase hielt sondern sie mit dem Notwendigsten versorgte; dieser Tag war eine der Weichenstellungen in Bierdels bisherigem Leben. Momente, in denen sich ein Schalter umlegt und nichts im Leben mehr so ist, wie davor. Wo und wann hast du diese Momente erlebt, frage ich Elias. Er überlegt. Nicht lange.

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Entscheidende Weichenstellungen
"Die Scheidung meiner Eltern als ich ein Kind war. Der unerwartete Tod meines Vaters als ich ein junger Mann war . Der Tag, an dem ich beschlossen habe, nicht mehr über das Elend der Menschen zu berichten, sondern Schulen in Krisengebieten zu bauen." Das klingt pathetisch. Und es trifft auf einer unbebauten Fläche meines Herzens auf. Weil er ausspricht, was als Thema in der Luft hängt: Reden alleine, verändert die Welt nicht genug. Macht nichts besser. Und wie viele von uns bleiben in der Zustandsbeschreibung stecken und ziehen nicht einmal die naheliegendsten Konsequenzen aus dem Wissen über soziale Ungerechtigkeit, politische Verarmung und Blindheit gegenüber ökologischer Katastrophen?
Leichen im Mittelmeer
Elias Bierdel hängt seinen Job als Südosteuropa-Korrespondent der ARD an den Nagel und wird vom Krisenreporter zum Menschenrechtsaktivisten. Er schließt sich im Jahr 2002 der Hilfsorganisation Cap Anamur an, forciert die Idee, ein eigenes Hilfsschiff bauen zu lassen, das sowohl als Transporter von Hilfsgütern in Krisenregionen als auch als mobile Krankenstation dienen soll. Bevor die Cap Anamur zu ihrer Jungfernfahrt ausläuft, melden sich immer mehr Seeleute, die Bierdel auf die Situation im Mittelmeer aufmerksam machen, konkret: auf das rasant ansteigende Aufkommen von Bootsflüchtlingen aus Afrika. „Ich wusste natürlich von diesem Problem, aber ich war mir des Ausmaßes der Tragödie, die sich tagtäglich im Mittelmeer abspielt, nicht bewusst! Dass Fischer und Schiffskapitäne sich nicht mehr trauen, in Not geratene Bootsflüchtlinge aufzunehmen, weil sie mit hohen Strafen rechen müssen und man ihnen Schlepperei vorwirft; dass hier gegen das Seerecht und gegen Menschenrechte gehandelt wird und unmerklich von politischer Seite diese Grundrechte untergraben werden! Dass vor unseren Augen tausende Menschen im Mittelmeer ertrinken!“

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Ein politischer Schauprozess
Im Juli 2004 nimmt Bierdel 37 in Seenot geratene afrikanische Bootsflüchtlinge vor der Küste Siziliens auf und bringt sie schließlich nach tagelangem Hin und Her mit den italienischen Behörden an Land. Daraufhin wird das Schiff beschlagnahmt und Bierdel und sein Kapitän wegen Schlepperei in Haft genommen. Eine fünfjährige juristische Odyssee beginnt. Die Behörden wollte wohl in dieser heiklen Sache ein Exempel statuieren.
Wie der Prozess ausgegangen, welche Konsequenzen er aus diesen Erfahrungen gezogen hat und welche Pläne er zur Zeit verfolgt, erzählt Elias Bierdel in einem Doppelzimmer Spezial:
Playlist:
artist | song | |
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La Realite | Amadou And Mariam | |
Refugee | Oi Va Voi | |
Da Wessely | Hinterland | |
I Hate Hate | Razzy | |
Everyday I Write A Book | Elvis Costello | |
It Takes Time | Dublex Inc. | |
Junimond | Rio Reiser | |
The Sea Is A Good Place | Los Campesinos | |
Die Voegel | Blaue Moschee | |
Money Is Your Blood | Torben And Joe | |
Pastime Paradise | Stevie Wonder | |
Trouble In Mind | Erland And The Carnival | |
Spinning Wheel | Blood Sweat And Tears | |
Bastards | Ben Folds |