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Burstup

Physische Welt, virtuelle Realität. Politik und Kultur.

24. 3. 2010 - 19:17

Digital Restrictions Management

Rechte oder Restriktionen? In der seit Jahren andauernden Debatte rund um drakonische Kopierschutzmaßnahmen hat zuletzt ein Vorfall rund um Videospielehersteller Ubisoft Aufsehen erregt.

Schon die Ankündigung sorgte für Aufruhr: In Zukunft werde man die PC-Versionen von Spielen wie "Assassin's Creed 2", "Silent Hunter 5" oder "Die Siedler 7" nur noch bei bestehender Internetverbindung spielen können, selbst im Einzelspielermodus. Als "Assassin's Creed 2" schließlich erschien und das Wochenende begann, konnten viele Käufer die zum Spielstart nötige Internetverbindung nicht herstellen. Im Webforum von Ubisoft gingen die Wogen hoch. Ein Käufer schrieb:
"Die ehrlichen Käufer können also nicht spielen. Die Piraten schon. Großartige Arbeit, Ubisoft, wirklich, immens überzeugend. Da will man doch sofort loslaufen und deren Spiele kaufen!"

Ubisoft rechtfertigte sich: Einer der Gründe für die Ausfälle des Online-Servers sei eine Hackerattacke. Ein Kunde antwortete, es sei ihm egal, ob am Ausfall Hacker, ein Stromausfall oder die Gremlins schuld sind. Er hätte das Spiel gekauft und es müsse funktionieren.
Eine Meinung, der sich sogar der Marketingchef von Ubisoft Österreich, Eugen Knippel, anschließt. Gleichzeitig aber betont er, die Firma wolle den PC als Spiele-Plattform erhalten, deshalb habe man sich zu dieser drastischen Kopierschutzmaßnahme entschlossen. Unisono Niki Laber vom Österreichischen Verband für Unterhaltungssoftware ÖVUS, der neben Ubisoft zahlreiche andere Spielehersteller vertritt: "Wenn man die aktuellen Zahlen ansieht, merkt man: Konsolenspiele werden relativ wenig kopiert, auch auf Grund der besonders geschützten Hardware. Beim PC allerdings sind 90% aller Games, die gespielt werden, Raubkopien. Das ist der Grund, warum hier ein Vorstoß gewagt wurde, den PC als Spieleplattform langfristig zu schützen. Denn die Entwicklung eines Spiels wie "Assasin's Creed 2" ist sehr teuer. Man muss eine ganze Menge davon verkaufen, oder man wird es nicht mehr machen können."

Ubisoft

Erhaltung von Kultur

Vom Ärger beim Serverausfall am ersten Wochenende abgesehen gibt es auch keine Garantie, wie lange ein Spiel mit Online-Kopierschutz überhaupt funktionsfähig bleibt. Das Phänomen abgeschalteter Server kennt man vom Genre der Onlinerollenspiele. Können wir Videospiele so für zukünftige Generationen noch erhalten? Branchenvertreter Niki Laber beruhigt und setzt die Schwierigkeiten von Online-DRM in Kontext mit der allgemeinen Schwierigkeit der Archivierung von Spielen: "Es ist auch schwierig, heute ein Amiga-Game aus den achtziger Jahren zu spielen, wenn die alten Disketten nicht mehr da sind oder nicht mehr funktionieren. Außer ich habe das Glück, dass jemand einen Emulator programmiert hat. Das generelle Archivierungsproblem in der Spieleindustrie besteht ja seit längerem. Es gibt verschiedenste Bestrebungen, etwa in Museen, Software zu erhalten. Und es muss auch für diese Art von Spielen mit Online-Kopierschutz eine Lösung geben, sie zu erhalten - wie auch immer die aussehen mag."

ÖVUS

Niki Laber

Eine Lösung, die oft - wie bei den erwähnten Emulatoren - nicht von den Firmen ausgeht, sondern von Fans. Die Crackergruppe Skid-Row behauptet, dass sie die Online-Knebel von "Assasins Creed 2" und "Silent Hunter 5" gelöst hätte. Die benötigten Dateien seien über die gängigen Filesharing-Netzwerke verfügbar. Ubisoft widerspricht: Eine so gecrackte Version könne man niemals zu Ende spielen. Stellt sich die große Frage: Welche Inhalte holen sich diese Spiele tatsächlich vom Server? Wird die Internetverbindung nur für eine Authentizitätsüberprüfung benötigt, oder auch für spielerisch relevante Daten wie bei einem Onlinegame? Die Angst mancher Spieler dabei ist auch, dass ihr jeweiliger Internettarif durch die Menge an heruntergeladenen Daten überbelastet werden könnte. Eugen Knippel von Ubisoft beruhigt: "Wenn man 'Assasins Creed 2' komplett durchspielt, hat man nur 2 Megabyte an Daten heruntergeladen".

Spiele in der Wolke

Die Grenze zwischen Offline- und Onlinespiel verschwimmt, das Modewort "Cloud Computing" kommt in den Sinn. Wandert das Computerspiel in die "Cloud"? Und wird das von den Käufern schließlich akzeptiert, so wie User auch Texte in Google Documents online bearbeiten, oder ihre eBooks auf dem Kindle abspeichern, wo sie von Amazon jederzeit wieder gelöscht werden können? So wie sie den Lizenzvertrag des Windows Media Player 11 akzeptieren, in dem sie zustimmen, dass Microsoft heruntergeladene Videos vom Computer löschen darf? In vielen dieser Lizenzverträge geben User Rechte ab, die ihnen die Gesetze ihres jeweiligen Heimatlandes eigentlich zuerkennen würde (zum Beispiel das Recht auf Privatkopie). "Es wird juristische Detailfragen geben, die zu klären sind", sagt Niki Laber.

Eine der restriktivsten DRM-Strategien fährt Apple, bei dessen iPad nicht nur die Löschung unliebsamer Inhalte auf der Tagesordnung steht, sondern sogar streng kontrolliert wird, was überhaupt auf dem Gerät installiert werden darf. Apple hält Anteile am Disney-Konzern, Microsoft am Fernsehsender MSNBC, Sony ist gleichzeitig Spielkonsolenhersteller und Besitzer von Filmstudios.

FSF

Richard Stallman

Diese zunehmende Verflechtung von Computer- und Softwarekonzernen mit traditionellen Unterhaltungsriesen führe zur zunehmenden Verbreitung von DRM, warnt die Free Software Foundation. Deren Gründer Richard Stallman meinte schon im Jahr 2006: "Die wichtigste Maßnahme gegen DRM ist: Keine Produkte mit DRM zu akzeptieren. Wenn dich jemand einlädt, deine Freiheit für Bequemlichkeit aufzugeben, dann sagst du 'Nein'."
Auf der Website der Free Software Foundation läuft derzeit eine Petition gegen das restriktive DRM auf Apple's iPad. Ein Gerät, das dem Spielehersteller Ubisoft freilich sehr gelegen kommen dürfte: Denn auch auf dem rigoros DRM-geschützten iPhone erzielt UbiSoft über seine Handy-Tochterfirma GameLoft mittlerweile hohe Umsätze.