Erstellt am: 23. 3. 2010 - 13:19 Uhr
Into the Wild zum Mitmachen
Into the Wild - Biodiversität: Anlässlich des von der UNO für 2010 ausgerufenen "Internationalen Jahres der Biodiversität" widmet sich FM4 von 22. bis 28. März diesem Thema. Was sind die größten Bedrohungen für die biologische Vielfalt? Wie ist es um die heimische Biodiversität bestellt? Was muss getan werden, um den Verlust zu stoppen? Und was kannst DU tun? Diesen und anderen Fragen geht die FM4 Spezialwoche auf den Grund.
2001 haben sich die EU-Staatschefs in Göteborg darauf geeinigt, den Verlust der Biodiversität bis Ende 2010 zu stoppen. Auch wenn es sich noch nicht überall herumgesprochen hat: Das wird so nicht klappen.
Die bittere Erkenntnis trotz jeder Menge Initiativen und internationaler Abkommen ist, dass die Biodiversität nicht erhalten werden kann. Der Darwinist sagt jetzt nüchtern: "Besser angepasste Arten verdrängen schlechter angepasste, das liegt in der Natur der Natur!" Nur blöd, wenn der Mensch als am besten angepasste Art in immer schnellerem Tempo dafür sorgt, dass auf den ersten Blick nicht unbedingt nützliche Arten ihre Lebensräume verlieren, bevor sie sich anpassen können, und auch nützliche (weil essbare) Arten am Aussterben sind, sofern sie sich nicht industriell verwertbar domestizieren lassen.
Diese Tendenz ist schon sehr weit gediehen und lässt sich nicht so einfach aufhalten. Wobei Wolfgang Holzner vom Department für Integrative Biologie und Biodiversitätsforschung der Wiener Universität für Bodenkultur einschränkt: "Mit Artenzahlen zu operieren ist sehr leichtfertig und die Zahlen, die angegeben werden, sind Hochrechnungen, die eigentlich nicht belegbar sind."
Dass also jedes Jahr zwischen 10.000 und 25.000 Arten aussterben, ist eine reine Vermutung, die sich in den Schlagzeilen ganz gut macht. Die Bemühungen zur Rettung der Biodiversität hält Holzner für naiv: "Es ist unmöglich, die Biodiversität als Ganzes zu erhalten, denn alles, was man für eine Art tut, wird einer anderen schaden." Jetzt einmal ganz abgesehen von der aggressiven Arbeit von Rinderzüchtern oder Fischfangflotten. Wobei letztere durch die Piraterie auf dem Rückzug sind und sich darob die Fischbestände erholen. Die Frage, wie schwer sich der Papst bei solch verschwommenen Grenzen zwischen Gut und Böse bei einem Hirtenbrief zum Thema Piraterie täte, führt jetzt aber deutlich zu weit.
http://clubdelamar.org/
Frag nicht, was die Biodiversität für dich tun kann
Ja, du solltest darauf verzichten, bestimmte Fischarten zu kaufen, dazu gehören auch so manche Zuchtfischarten.
Überhaupt gefährdet moderne Viehzucht - nicht nur die brasilianischer Rinder - die Biodiversität und trägt zum Klimawandel bei, der ja auch Einfluss auf alle Lebewesen hat.
Und auch Ackerbau zur Gewinnung von Biotreibstoffen oder Biomasse ist nicht unbedingt biodiversitätsfördernd. Dadurch werden Flächen, die bisher auch mal brach gelegen sind, intensiver genutzt. Wildwuchs gibt es da nicht mehr, was nicht verwertbar ist, muss weg. Schon sind wir wieder bei den Piraten und dem einen Übel, das von einem anderen abgelöst wird.
Aber für Wolfgang Holzner sollte hier nicht unbedingt in globalen Kategorien gedacht werden: "Biodiversität muss immer regional oder sogar lokal gesehen werden." Schon deshalb, weil wir eher einen persönlichen Bezug zu unserer näheren Umgebung haben als zu den von Lachsfäkalien verseuchten Fjorden Chiles."Österreichweit sind etwa Wiesen und Weiden, die nicht intensiv genutzt werden, gefährdete Hotspots für Biodiversität" sagt Holzner. Durch Aufforstungen werden sie überwuchert, besonders licht- und wärmesuchende Tier- und Pflanzenarten verdrängt. Und wenn die Wiesen zur Gewinnung von Silage genutzt werden, können sich einige Pflanzen durch vermehrtes Mähen dort nicht mehr fortpflanzen.
Wer also einen Garten hat, kann ja einmal in einer Ecke alles so wachsen lassen, wie es kommt. Holzner: "Es ist möglich, dass Sie dabei etwas für die Biodiversität tun. Sie tun aber vor allem etwas für die Biodiversität in sich selber, indem Sie einmal nicht in die Natur eingreifen, sondern nur beobachten."
wikipedia.org/Genet
Wer keinen Garten hat, kann ebenfalls Einfluss auf die lokale Biodiversität nehmen: Zum Beispiel biologisch angebautes Obst und Gemüse kaufen, dabei nicht unbedingt zu Jonagold oder Sieglinde greifen. Der Kauf und Verzehr von weniger gebräuchlichen Sorten sichert Diversität. Solche selteneren Kulturpflanzen kann man natürlich auch selbst anbauen, von einer Wohnung aus halt als Guerilla Gardener.
Für Wolfgang Holzner geht es im internationalen Jahr der Biodiversität zunächst darum, das Bewusstsein für die Vielfalt der Natur zu schärfen: "Der allererste Schitt ist, dass man bemerkt, wie viele Pflanzen und Tiere einem auf den täglichen Wegen begegnen." Die Erkenntnis, dass sie alle wichtige Beiträge zum Funktionieren des Ökosystems leisten, wäre Schritt zwei. Das Engagement dafür, dass diese Lebewesen nicht verschwinden, kommt dann vielleicht ganz von selbst.
Wobei, wenn wir den Verlust der Biodiversität schon nicht gänzlich aufhalten können, fände ich es persönlich super, wenn als nächstes die Spinnenläufer daran glauben müssten. Danach finde ich alle Lebewesen voll überlebenswert. Ich versprech's.