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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

21. 3. 2010 - 18:25

Credits, Cash und Co.

Fußball siegt dreifach bei der Diagonale 2010. Mit einer würdigen Preisverleihung läuft das dreizehnte Festival des österreichischen Films in Richtung Abspann. Mit guter Beute.

Grün beruhigt die Augen. Diesen Hinweis eines Protagonisten aus "Kick Off" eignet man sich nach vier Tagen in dunklen Kinosälen bei der Diagonale gern als Entschuldigung für einen verabsäumten Filmbesuch an. In der Sonne, vor dem Schubertkino sitzend, hat Brigitte Weich dem Direktor des österreichischen Filminstituts während einer vergangenen Diagonale aufgelauert. Die Institution war damals die einzige, die Weichs Filmidee noch nicht abgelehnt hatte: eine Dokumentation über Frauenfußball in Nordkorea zu drehen.

Samstagabend wurde "Hana, dul, sed.." von Brigitte Weich und Karin Macher mit dem Großen Diagonale-Preis für Dokumentarfilm ausgezeichnet. Der Dokumentarfilm wird immer leicht vergessen, wie bei den Verlautbarungen der Diagonale-Preise bei den letzten Filmvorführungen. Daher sei er einmal vorangestellt.

"Eine Preisverleihung ist wie ein Zahnarzttermin, lang... und quälend.", warnte die Schauspielerin Pia Hierzegger zu Beginn des Abends. Und lieferte den Gegenbeweis. Hierzegger ließ als Moderatorin der Verleihung zu, was die Diagonale zu einem der Zentralorgane des österreichischen Films macht: Kommunikation, die schnell vom Bussi-Bussi-Servus zu Wesentlichem wechselt. Die Zeit für den zweiten, dritten, ja vierten Satz nach dem Hallo-und-Danke, die die Neugier des Publikums einfordert. Doch bevor wir zu Anekdoten kommen: Der Große Diagonale-Preis für Spielfilm ging 2010 an La Pivellina von Tizza Covi und Rainer Frimmel.

Erneut ziemlich im Abseits wurden die Drehbuchpreise bereits am Freitag im Rahmen der Diagonale verliehen: Jessica Hausner erhielt den Thomas-Pluch-Hauptpreis für „Lourdes“, den Carl-Mayer-Drehbuchpreis der Stadt Graz bekam Wolfgang Rupert Muhr für „Großmattglocknerhorn".

Filmausschnitt aus La Pivellina: Ein kleines Kind

Rainer Frimmel

Von Überraschungen darf durchaus gesprochen werden.
Während "Hana, dul, sed.." in ein Land führt, in dem der Personenkult zur Staatsform geworden ist, rollt der Ball in "Kick off" Richtung Australien und gesellschaftlicher Anerkennung. Fußball war ein dreifacher Gewinner. Auch Hüseyin Tabak landete einen Volltreffer mit seiner Dokumentation "Kick Off", die Nationalspieler der österreichischen Mannschaft beim "Homeless World Cup" portraitiert.

Auf dem Weg zur Weltmeisterschaft nach Melbourne erzählen die Spieler über ihr Leben, ihre Zeiten als Obdachlose auf der Straße, als Alkoholiker oder Drogenabhängige. "Kick off" schildert die Erfolgsgeschichten von Menschen, die ganz unten waren, wie es einer der Spieler formuliert. Und macht es dem Zuschauer leicht, das Leben sportlich zu nehmen. Unter den gewitzten Formulierungen der Spieler lässt sich das Strampeln um das "nackte Überleben, von einem Tag auf den anderen" aber erahnen. Indes darf viel gelacht werden - mit den Spielern. In diesem Schulterschluss liegt die Stärke des Films.

"Kick off" startet am 7. Mai in den heimischen Kinos.

Filmausschnitt aus "Kick off": Fußballspieler laufen sich auf Platz warm

Hüseyin Tabak

"Gegen wen spielst du da?" - "Gegen den Rest der Welt". Die österreichische Nationalmannschaft beim Homeless Worldcup in Melbourne.

"Kick off" war ein doppelter Gewinner: Regisseur Hüseyin Tabak bekam für die Fußball-Doku den Publikumspreis und den Diagonale-Preis der Jugend-Jury. Zum Dank gab es Anekdoten. Mit Michael Haneke ging der Filmakademie-Student Tabak sein Drehbuch durch, kurz bevor Haneke nach Cannes reiste. Auf seine Frage, ob sie sich denn nach den Filmfestspielen noch einmal treffen könnten, erwiderte Haneke: "Wenn ich gewinne am Dienstag, wenn nicht, am Montag." Und am folgenden Dienstag schlug Haneke das Buch auf der Seite auf, an der sie stehen geblieben waren.

Für "Das weiße Band" gab es zwei Preise: einen für Innovative Produktionsleistung an die Wega Film und den Preis für die beste Bildgestaltung. Die Innovative Produktionsleistung wurde übrigens gedrittelt: Neben Wega Film ging der Preis auch an Neue Sentimental für "Pastic Planet" und an Dor Film für "Der Knochenmann" und "Wüstenblume". "Der Knochenmann war mit 180.000 ZuseherInnen auch der meistgesehene österreichische Film des vergangenen Kinojahres.

Gefilmt wurde Hanekes preisgekrönter Spielfilm in Farbe, verriet Produzent Heiduschka. Eine Herausforderung für Kameramann Berger, Licht könne er nur auf Schwarzweiß oder auf Farbe setzen. Die Fernsehanstalten wollten einen Farbfilm, Haneke einen schwarzweißen Kinofilm. "Die Preise haben dazu geführt, dass die Fernsehanstalten auf die Farbe verzichten", erklärte Heiduschka.

Beim Deutschen Fernsehpreis ist "Das Weiße Band" übrigens in dreizehn der vierzehn Kategorien nominiert - einzig für die Musik gab es keine Nominierung. Die stammt von Johann Sebastian Bach.

Der Preis für die beste Bildgestaltung Dokumentarfilm ging an “Totó“ von Peter Schreiner.

Filmausschnitt aus South: Autoreifen liegen auf der Straße

finnworks

"South": Verbluten an Erinnerungssplittern.

Ganz in Schwarzweiß bis auf die erste Szene ist auch "South" von Gerhard Fillei und Joachim Krenn. Zwölf Jahre haben die beiden Kärntner an ihrer filmischen Jagd durch New York gearbeitet, das Drehbuch zurückgekauft und alle Widrigkeiten überwunden. Verwundet von einem Schuss, holt die Vergangenheit einen gescheiterten Bankräuber ein. In schnell geschnittenen Bildern verdichten sich Realität und Erinnerungssplitter, bruchstückhaft sammeln sich die einzelnen Teile. Der Diagonale-Preis Schnitt der Kategorie Spielfilm ging wohlverdient an "South", jener der Kategorie Dokumentation an Michael Palm für "Jobcenter".

Innovatives Kino, was könnte das denn sein? fragte sich der Grazer Kulturstadtrat, rätselte nach eigenen Angaben lange und entschied dann, einer Jury die Entscheidung zu überlassen. Diese kürte "B-star, untötbar! reloaded" von Sabine Marte.

Manchmal ist es eben besser, die Dinge besonnener anzugehen. Die Preisverleihung war eine würdige Sache, da blieb Zeit für lobende Erwähnungen für den "supercoolen Zombiefilm Rammbock", so Arash T. Riahi für die Jury, und für "South", ebenso wie für die Doku "Bazar der Geschlechter" von Sudabeh Mortezai und "Liebe Geschichte" von Klub Zwei. So zwei, drei Stunden Meditation mit Pia Hierzegger täten des Öfteren gut. Das Klima und ich sind glücklich.