Erstellt am: 20. 3. 2010 - 15:00 Uhr
Wie es ihr gefällt
Das Geschlechterverhälntis in der Musik ist ähnlich ausgeglichen wie in der KFZ-Meisterinnung oder der Astronautenbranche. Wer’s nicht glaubt der gehe doch mal die Liste der kommenden Sommerfestivals durch: Viel Burschenherrlichkeit ist da vertreten und wenig holde Weiblichkeit.
Hatten doch gerade die elektronische Musik und Techno versprochen, tradierte Geschlechterrollen aufzubrechen, zeigt sich inzwischen sogar im Mainstream-Pop ein ausgeglicheneres Geschlechterverhältnis als bei DJs und Produzenten elektronischer Musik. Spricht man Clubbetreiber und Booker auf ihr monogeschlechtliches Künstlerangebot an kommt gern das Argument "Es gibt halt keine Frauen".
Festival gegen das Scheinargument
Das Festival "Wie es ihr gefällt" tritt seit vielen Jahren diesem Scheinargument entgegen, und zeigt, dass es sehr viele Frauen in den unterschiedlichsten musikalischen Genres gibt, man muss nur die Augen aufmachen, und auch mal Künstlerinnen außerhalb männlicher Zitierkartelle und Jungs-Netzwerke einladen. Auch das Vorurteil, dass musikalisches Nerdtum unter Frauen kaum anzutreffen sei, wurde am Wochenende ad absurdum geführt. Der erste Teil des Festivals hat sich nämlich genau diesen weiblichen Nerds, den Pionierinnen, die in den Anfangstagen elektronischer Musik in Labors von Universitäten oder Radiostationen Europas und der USA elektronische Klangwelten erforschten, gewidmet.
Wie es ihr gefällt
Den Samstagabend eröffnete Laura Gallati am Moog Sythesizer mit einer Aufführung einer der frühesten Partituren elektronischer Musik. Johanna Magdalena Beyer wurde 1888 in Leipzig geboren und wanderte in die USA aus. Sie schrieb 1938 mit "Music of the Spheres" ein Stück für nicht näher bezeichnete "elektrische Instrumente plus Löwengebrüll und Triangel".
Wie es ihr gefällt
Mit der Aufführung ihrer Tonbandkonzerte wurde die 2003 verstorbene Komponistin und Pionierin der britischen elektronischen Musik Daphne Oram, gewürdigt. Sie arbeitete seit 1943 im Musikstudio der BBC mit modernen Tape-Aufnahmetechniken und entwickelte das elektronische Aufzeichnungsinstrument "Oramics", welches grafische Symbole in elektronische Sounds transformiert.
Wie es ihr gefällt
Höhepunkt des ersten Festivaltages war der Auftritt der Komponistin, Improvisationskünstlerin und Akkordeonistin Pauline Oliveros. 1932 geboren hatte sie Anfang der Sechziger Jahre das "San Francisco Tape Music Center", ein einflussreiches Forum elektronischer Musik, mitgegründet. Später wandte sie sich der meditativen Musik zu, der Selbsterfahrung durch Klänge zu und entwickelte eine von Spiritualismus und Feminismus beeinflußte musikalische Ästhetik.
Die Uraufführung von "Digidreams 2010", ein Stück für digitales Akkordeon, hatte bei aller Virtousität neben furiosen durchaus auch zähe Momente und forderte auch vom Zuhörer meditative Selbsterfahrung.
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Nach dem sperrigen Charme der meist akademischen "Neuen Musik" wird dieses Wochenende die Brücke von den Pionierinnen zu den digitalen Ladies der Jetztzeit, Domina Dea, Angie Reed, Cobra Killer, Gudrun Gut und anderen im Club Maria am Ufer geschlagen.