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FM4 Redakteurin Lisa Rümmele

Radio FM4/Lisa Rümmele

Lisa Rümmele

19. 3. 2010 - 18:22

Familie Durmisi soll bleiben!

Eine Geschichte über Zivilcourage und die scheinbar unüberbrückbaren Hürden des österreichischen Asylgesetzes.

Immer wieder werden scheinbar gut integrierte Familien zurück in ihre Heimat abgeschoben. Die Asylprozesse ziehen sich oft über Jahre und die Menschen führen ein Leben zwischen Angst und Hoffnung. Genauso geht es auch der kosovarischen Familie Durmisi. Ursprünglich kommen sie aus dem Kosovo, aber dorthin wollen sie nicht zurück. Elvis und Anela gehören zu der Volksgruppe der Gorani, einer Minderheit, die zwischen den Fronten der Serben und Albaner steht. Seit vier Jahren leben Elvis und Anela mit ihren zwei kleinen Töchtern in Vorarlberg, seit zwei Jahren in der kleinen Gemeinde Röthis.

Familie in einer Küche

Darko Todorovic

Familie Durmisi in ihrer Küche. Alle Bilder von Darko Todorovic.

Eigentlich sollte die Familie jetzt schon in ihrem Bergdorf im Kosovo sein, die Abschiebung war beschlossene Sache, aber die Bürger der 2000 Einwohner Gemeinde haben sich dagegen zur Wehr gesetzt.

Die Abschiebung war bereits beschlossene Sache

Am Abend vor der geplanten Abschiebung setzen sich die engsten Freunde der Familie zusammen und suchen nach einem letzten Ausweg. Amrei Rüdisser und Kerstin Vogg beschließen, möglichst viele Freunde und Bekannte zusammen zu trommeln. Immerhin hatten schon im Vorfeld mehr als 350 Menschen dafür unterschrieben, dass die Familie Durmisi in Röthis bleiben soll.

Zwei Frauen

Darko Todorovic

Amrei Rüdisser und Kerstin Vogg

Am 25. Februar um 4.00 Uhr früh machen sich Anela und Elvis für die Abschiebung bereit. Die 80 Kilo Gepäck für die Familie stehen schon im Gang, Elvis hat noch schnell den Geschirrspüler verkauft - schließlich kann die Familie jeden Cent gebrauchen. Vor dem Haus brennen Teelichter, fast 50 Menschen sind gekommen, um sich würdig von den Durmisis zu verabschieden. Vor allem aber wollen sie ein Zeichen setzen: So etwas darf im Sozialstaat Österreich nicht passieren. Dennoch: Ein paar Minuten später rückt die Fremdenpolizei an, drei Beamte sind gekommen um die Familie abzuholen.

Amrei und Kerstin stellen sich zwischen die Beamten und die Familie, versuchen mit der Fremdempolizei zu diskutieren. Auch der Röthner Bürgermeister ist gekommen. Norbert Mähr ist schockiert, dass hier Menschen mitten in der Nacht aus seinem Dorf geholt werden: "Ich habe mich gefühlt wie im Krieg."

Darko Todorovic

Bürgermeister Norbert Mähr (ÖVP)

Tatsächlich lenken die Beamten ein. Auf Weisung der Sicherheitsdirektion wird die Abschiebung gestoppt. Familie Durmisi und ihre Freunde können aufatmen - vorerst.

Der Asylantrag wurde schon im September abgelehnt

Eigentlich erfüllt die Familie alle Kriterien, die ein humanitäres Bleiberecht ermöglichen: Sie sprechen alle gut Deutsch, die ältere Tochter besucht den Kindergarten und beiden Eltern sind fixe Arbeitsplätze zugesagt. Es gibt aber einen Haken: Als Asylwerber in Österreich darf man das Land nicht verlassen. Elvis wurde in Deutschland geboren, seine Mutter lebt nach wie vor in München. An einem Abend vor drei Jahren hat er sie nach Hause gefahren - die Folge war ein Aufenthaltsverbot für Deutschland. Was wiederum ein humanitäres Aufenthaltsrecht ausschließt.

Darko Todorovic

Im Gespräch erzählt Amrei, dass dieses Aufenthaltsverbot eigentlich längst aus Elvis' Akte gestrichen wäre - hätte er sich persönlich darum gekümmert. Davon wusste der Familienvater aber nichts.

Bürokratischer Hindernislauf

Elvis erzählt von einem bürokratischen Hindernislauf, den er während der letzten vier Jahre hinter sich gebracht hat. Mehrmals wurden während des Asylverfahrens Papiere verlangt, die er persönlich in Deutschland hätte anfordern sollen - was durch das Aufenthaltsverbot nicht möglich war. Doch das ist nur eines von vielen Details, die den ganzen Fall kafkaesk erscheinen lassen. Fakt ist: Die Sicherheitsdirektion prüft jetzt Inhalt und Ablaufdatum des Aufenthaltsverbotes in Deutschland, erst dann können weitere Entscheidungen getroffen werden.

Für den Moment darf die Familie Durmisi noch in Röthis bleiben. Kerstin und Amrei hoffen weiter, trotzdem: Ohne die beiden wäre die Familie schon jetzt in ihrem Bergdorf im Kosovo. Ohne Schule, ohne Infrastruktur - und ohne Bezugspersonen. Ihre Verwandten und Bekannten sind nämlich auch geflüchtet.