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Maria Motter Graz

Bücher, Bilder, Kritzeleien. Und die Menschen dazu.

31. 1. 2011 - 16:00

FM4 Kinopremiere: "Inside America"

Ein amerikanischer High-School-Film, wie man ihn noch nicht gesehen hat. Wir verlosen Tickets!

Von der burgenländischen Steppe zog Barbara Eder mit sechzehn nach Brownsville, Texas. An der Grenzen zwischen den beiden Amerikas besuchte sie ein Jahr die High School und tauchte tief in amerikanische Träume ein.

Vor ein paar Jahren kehrte die Filmemacherin mit einem Mini-Team von vier Personen zurück, um ihren ersten Spielfilm zu drehen: "Inside America" porträtiert sechs Jugendliche und dringt dabei an jenen Punkt, an dem amerikanische Albträume beginnen. Premiere hatte das Debüt 2010 auf der Diagonale in Graz. Nun kommt der Film auch regulär in die Kinos.

Der Episodenfilm ist ein High-School-Film der anderen Art und in seiner Ernsthaftigkeit so unterhaltsam wie interessant. Barbara Eder zeigt jene klaffenden Wunden der amerikanischen Gesellschaft, die allzu gerne ausgeblendet werden. Den amerikanischen LaiendarstellerInnen entkommt man schwer. An der Hanna High in Brownsville herrschen Zustände, die sich zwar in Ansätzen auch an österreichischen Schulen finden ließen. Doch der Umgang mit Einwanderern und nicht zuletzt von Eingewanderten mit neuen Migranten, mit Frustrationen und fehlender Arbeit und erst recht ihren Surrogaten - all das herrscht in "Inside America" verschärft. Zukunftsperspektiven drohen ins Leere zu laufen.

Filmausschnitt aus "Inside America": High-School-Schüler in Militäruniformen stehen im Freien in der Sonne patriotisch stramm.

AG Schumann Eder

Gewalt ist so alltäglich, dass sie erst in der Eskalation Aufmerksamkeit erregt. An den Schuleingängen ist die morgendliche Leibes- und Rucksackvisite nicht mehr als ein lästiges Ritual. Und sobald der Unterricht beginnt, schnüffeln Polizeihunde an den Spinden.
Die langen Schulgänge wirken vertraut, und auch die Hauptfiguren sind keine Fremden. Barbara Eder bedient geschickt die klassischen Charaktere aus amerikanischen Nachmittagsserien und bricht sie zugleich mit dem sozialen Milieu auf.

Da dreht die cheerleadende Schönheitskönigin begleitet von bewundernden Augenpaaren ihre Runden auf dem Sportplatz. Später verteilt sie im Jugendzimmer gönnerhaft LSD-Blättchen an ihre Anhängerinnen. In einer anderen Szene fixiert der schüchterne Außenseiter mit Adam Brody-Frisur den Boden, während sich der waffenverliebte Patriot aus der Militärklasse mit Freunden damit belustigt, aus dem fahrenden Auto Paintball-Schüsse auf Passantenabzufeuern.

Zwei Jugendliche sitzen in der Klasse

AG Schumann Eder

This is a call of arms to live and love and sleep together

Eine österreichische Regisseurin, die ihr Erstlingswerk in den USA gedreht hat, muss sich die Frage nach dem österreichischen Film gefallen lassen. Was ist der für sie und wie ließe sich der festmachen? "Wie ich begonnen habe, Filme zu machen, gab es diesen Stempel, 'Sozialporno'", sagt Eder. "Ich finde, dass der österreichische Film sehr aufgebrochen ist. Doch ich habe das Gefühl, dass es noch immer eine gewisse Angst gibt, gewisse Dinge zu zeigen. Da werden beispielsweise Sachen über eine Person erzählt, die selbst kaum Mimik zeigen muss. Man könnte behaupten, das will man so. Man könnte aber auch sagen, man traut sich nicht ganz."

Emotionale Nüchternheit ist nicht Eders Sache. Die Jugend in "Inside America" stürmt und schlägt um sich, doch Eder lässt ihnen schöne Momente. Auf dem Bauch der am Rücken liegenden Patty hebt und senkt sich ein rohes Hühnerei. Daneben sitzt ihr Freund, raucht Gras und hat keine Lust, zum Job zu gehen. Oder gar das Ei an sich zu nehmen, das die "Home Economics"-Lehrerin Pärchen als eine Art Test-Baby gegeben hat. Der Zwiespalt fordert seinen Tribut. Der Zufall, der die Episoden kreuzt, lässt dem Drama seinen Lauf.

Tides have turned from booze to tears.

Depressiv wird man dennoch nicht im Kinosaal. Die dokumentarische Herangehensweise führt einen unaufdringlich an die Werte und Strukturen heran, die für die Gesellschaft in vielen Hnterländern Amerikas prägend sind. Eder hat Szenen mit Burschen einer Gang improvisiert, in Klassenzimmern den regulären Unterricht gedreht. "Remember, we have to go against gravity!" mahnt eine Lehrerin, und Mädchen massieren sich Reinigungslotion in ihre Gesichter. Als Patty einen Satz vorlesen soll, erkennt sie keine zwei Wörter. Die Spanisch sprechende Großmutter nimmt den mexikanischen Freund der Enkelin nicht wahr - wer illegal im Land ist, existiert offiziell nicht.

Als illegal im Land Lebender zur Schule zu gehen, sei kein Problem, erklärt Barbara Eder im Gespräch. "Die Militärklasse ist für illegale Einwanderer interessant, denn sie bietet Chancen auf eine Social Security Card und damit auf die Möglichkeit, legal zu arbeiten." Die Obsession mit Äußerlichkeiten ist in der Chance auf sozialen Aufstieg begründet: "Durch einen Schönheitswettbewerb kannst du ein College Degree bekommen, ohne Mathe büffeln zu müssen", weiß die 33jährige.

Regisseurin Barbara Eder am Set zu "Inside America"

AG Schumann Eder

Regisseurin Barbara Eder am Set in Texas.

Bis wenige Tage vor Drehbeginn war nicht klar, ob das Projekt tatsächlich ein Spielfilm oder doch eine Doku werden würde. Durch das Film- und Fernsehabkommen des ORF fiel die Entscheidung. Mit Gesamtproduktionskosten von 80.000 Euro wurde "Inside America" von Constanze Schumann produziert, die wie Barbara Eder damit ihren Abschlussfilm an der Wiener Filmakademie vorgelegt hat. Und wenn wir bei den Credits angelangt sind: das rasante Tempo der Bilder von Christian Haake ist der Cutterin Claudia Linzer zu verdanken.

Tickets gewinnen!

Wir verlosen 25x2 Tickets zur FM4 Premiere von "Inside America" unter all denen, die uns folgende Frage richtig beantworten können:

Insider geht nicht: An welchem Ort in den USA ist man dem Erdmittelpunkt am nächsten?

Die richtige Antwort: Badwater (Death Valley). Die GewinnerInnen wurden bereits via E-Mail verständigt

FM4 Kinopremiere "Inside America"
Donnerstag, 3. Februar 2011, 20.30 Uhr
Votivkino Wien

Mit anschließendem Q&A mit der Regisseurin Barbara Eder.