Erstellt am: 12. 3. 2010 - 15:34 Uhr
Keine Ausnahmen!
Als die Geschichte von Arigona Zogaj das letzte Mal hochkochte, war Rudolf Gollia beim Telefoninterview hörbar erbost: "Wir können doch für Arigona Zogaj keine Ausnahme machen! Wir müssen sie genauso behandeln wie alle anderen auch!" Oberst Rudolf Gollia ist Pressesprecher des Innenministeriums.
Der Aufregung hätte es nicht bedurft: Dass Arigona Zogaj nur ein Beispiel ist für die unmenschliche Behandlung, die Menschen, die hier eine Heimat gefunden haben, aufgrund ihrer Herkunft droht, das ist mittlerweile bekannt. Und inzwischen wehren sich Bürgerinnen und Bürger, aber auch engagierte LokalpolitikerInnen immer wieder gegen die rigide österreichische Abschiebepolitik.
Neuestes Beispiel
Der neunjährige Bernard Karrica wurde vor Kurzem samt Familie in den Kosovo abgeschoben. Während ganz Fußball-Österreich die Migrantenkinder David Alaba, Marko Arnautovic und Ümit Korkmaz als neue Fußballhoffnungen feiert, hinterlässt ein anderer talentierter Spieler traumatisierte Mannschaftskollegen in der U9 des SV Winzendorf-Muthmannsdorf. Im Sommer wäre er in die Fußball-Nachwuchsakademie Wiener Neustadt aufgenommen worden.
fussballverbindet.org
Mitte Februar 2010 bekommt Helmut Rothberger, Jugendtrainer beim SV Winzendorf, einen Anruf vom neunjährigen Bernard Karrica, dem talentiertesten Spieler, den er je trainiert hat. "Trainer, ich komme jetzt ins Gefängnis – aber ich habe ja nichts getan!"
Zwei Tage später wird Bernards Familie in den Kosovo gebracht und dort ihrem Schicksal überlassen. Klassen- und MannschaftskollegInnen, neun- und zehnjährige Kinder, sind verzweifelt. Hans Jörg Ulreich, Bauunternehmer und Vater eines Mannschaftkollegen, wusste bis vor kurzem gar nicht, dass Bernard ein Flüchtling ist. Das einzige, das Bernard von seinen Schulfreunden unterscheidet, ist, dass er deutlich besser Fußball spielt als sie.
Hans Jörg Ulreich stellt dem Verein Ute Bock seit vielen Jahren freie Wohnungen in noch unrenovierten Häusern zur Verfügung, er hätte nie gedacht, dass er einmal selbst Unterstützung des Vereins für Freunde seines Sohnes in Anspruch nehmen müsste. In einem Rundmail schreibt er:
Es treibt mir echt die Tränen in die Augen, wenn ich mir den kleinen Bernard in diesem baufälligen alten Haus im Kosovo vorstelle. Er weint jede Nacht und kann auch nicht mehr kicken, denn dort gibt es keine Kindermannschaften. Letzte Woche habe ich meinen Sohn vom Training abgeholt - unsere Kinder sind echt traumatisiert - aber nicht, weil sie ohne Bernard sicher absteigen! "Papa, mach doch was!" und die Papas und Mamas machen…
Hans Jörg Ulreich hat mit anderen Eltern eine Website aufgesetzt und eine Petition gestartet, der sich bis dato über 6.000 Menschen angeschlossen haben, unter anderen Teamtormann Helge Payer. Die Forderungen der Petition gehen über den aktuellen Fall hinaus:
Was wollen wir erreichen: In unserem sehr strengen Fremdenrecht gibt es eine Bestimmung die heißt "humanitärer Aufenthalt". Die Behörden hätten also den Ermessenspielraum, gut integrierte Familien – nach vielen Jahren Aufenthalt – NICHT abzuschieben! (...) Wir sind nicht weltfremd, wir fordern auch nicht offenen Grenzen und dass jeder kommen kann und bleiben darf! Wir fordern nur mehr Menschlichkeit – also Humanität - innerhalb der geltenden Gesetze! Denn da wurde jetzt eindeutig eine Grenze - nämlich die der Menschlichkeit - überschritten!
Der Beitrag zum Nachhören
Dieses Element ist nicht mehr verfügbar