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Daniel Eberharter

Fotografie, Design und Handwerk. Kunst ohne künstlich.

12. 3. 2010 - 20:35

Die Quelle versiegt

KünstlerInnen und MusikerInnen müssen die Räumlichkeiten im alten Fabriksgelände im 10. Wiener Gemeindebezirk räumen. Ein Abschied.

Die Örtlichkeiten erinnern ein wenig an das WUK. Das Gemäuer ist aus rotem Backstein, es gibt ein Eingangsportal und einen großen Hof. Nur etwas kleiner ist diese alte Fabrik in der Quellenstraße 149 in Wien Favoriten. Ein Kastanienbaum schmückt den sonst recht ruhigen und kargen Ort. An ihm muss man vorbei gehen, ganz nach hinten zu einer der Stiegen, um dann eine gußeisene Treppe hoch zu steigen, die in den ersten Stock zu den Ateliers und zum Proberaum führt.

Die "Quelle" wird in ihrer derzeitigen Form seit zehn Jahren von einer Gruppe von KünstlerInnen und MusikerInnen geführt und stellt neben dem Eigenbedarf als Atelier- und Proberaum ihre Räumlichkeiten auch der Öffentlichkeit für Ausstellungen, Konzerte, Lesungen und Feste zur Verfügung. Noch. Denn Ende März endet der Mietvertrag, der von den Besitzern der Liegenschaft nicht mehr für die KünstlerInnen vergeben wird. Stattdessen zieht ein kommerzieller Proberaumanbieter ein, der schon seit einigen Jahren den zweiten Stock gemietet hat.

Zehn Jahre (Unter-)Miete

Ernst Tiefenthaler ist Musiker bei Bell Etage, Hotel Prestige und seit einiger Zeit auch auf Solopfaden als Ernesty International bekannt. Er ist unter anderem Gründungsmitglied des Kulturvereins Quelle.

Ernst Tiefenthaler ist Gründungsmitglied und Mitunterzeichner des vor 10 Jahren neu aufgesetzten Mietvertrags. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Quelle wiederum schon zehn Jahre lang von anderen KünsterInnen genutzt und der Mietvertrag übernommen. Beat Spichtig, nun Geschäftsführer eines Cafés in der Burggasse im 7. Wiener Gemeindebezirk, war schon 1990 als Teil einer anderen KünstlerInnen-Konstellation involviert.

Die Nutzung der Quelle

Ernst, Heimo und Benny haben den Mietvertrag 1990 übernommen. Sie sind mehr oder weniger zufällig auf das Gelände gestoßen. Erst nach Unterzeichnung formierte sich die Gemeinschaft, die die Quelle in der derzeitigen Konstellation ausmacht. In der Ateliergemeinschaft wurde in den Disziplinen Malerei und Zeichnung, Medien- und Konzeptkunst, Tanz und Performance, Musikproduktion, Mode, Fotografie und Architektur gearbeitet. Valerie Lange, Gerald Naderer, Nicole Miltner und Benjamin Tomasi sind nur vier der KünstlerInnen, die die Quelle ständig nutzten. Weiters gab es Ausstellungen, Open Calls, Konzerte und Partys, mit denen Gasboiler, Strom oder Mischpulte finanziert wurden.

Bulbul, TNT Jackson, Scarabeus Dream, Sir Tralala, Makki & Frau Herz, Rewolfinger, A Thousand Fuegos, Mord, Paper Bird und M185 sind nur einige der MusikerInnen, die Ihre Instrumente die gußeisene Treppe zur Quelle hinauftrugen.

Nährboden im heimischen Musikbetrieb

Bands wie Thalija und Hotel Prestige spielten und probten in der Quelle. Der Quellenchor entstand erst nach und nach. Denn im Laufe der Jahre hat sich die Quelle als wichtiger Ort im Kulturgeschehen Österreichs etabliert, ohne dabei großes Aufsehen zu erregen und, was bedeutender ist, ohne jegliche finanzielle Förderungen oder gar Profitdenken dahinter. Die Quelle ist - war - kein Betrieb, keine Bar-KG, keine Event-GmbH. Alleine die Liste der Bands, die in der Quelle aufgetreten sind, unterstreicht die Rolle als Nährboden für die heimische Musikszene.

Fin

ein dunkler hausgang, im bild findet sich das wort "fin"

Quelle

Die Untermiete für den ersten Stock wurde vom Eigentümer also nicht mehr erneuert. Es ist dies die Geschichte über die beinahe Unmöglichkeit des Fortbestands eines non-profit Kulturvereins, wenn das Gegenmodell ein kommerzieller Proberaumbetrieb ist. Aber wie geht es für das Kollektiv, die Gemeinschaft, die Plattform Quelle weiter?

"So große Räumlichkeiten, so günstig und ideal gelegen werden wir nicht so leicht finden, so viel ist klar", weiß auch Ernst. Es wird nach neuen Orten gesucht, eine mögliche Nachfolge ist auch schon im Visier. Es sieht gut aus.

Eines ist jedoch klar - es wird nicht mehr die selbe Gemeinschaft aus bildenden KünstlerInnen und Musikern mehr geben. Dieser Traum ist fürs Erste vorbei.