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Martin Blumenau

Geschichten aus dem wirklichen Leben.

3. 3. 2010 - 17:23

Fußball-Journal '10-8.

Das Vorspiel im Horr. Live-Blog vom U21-Länderspiel.

Im Stadion gesehen: Peter Schöttel, Trainer, und Dietmar Beiersdorfer, Geschäftsführer - denen die Anwesenheit Pluspunkte meinerseits bringt - sowie einige heimische Austrianer (Standfest, Okotie, auch der schon managerhaft wirkende Hattenberger).

Der U21-Kader:
Tor: Lukas Königshofer (Rapid), Wolfgang Schober (Salzburg). Abruf: Heinz Lindner (Austria).

Verteidigung: Christopher Dibon (Admira), Tanju Kayhan, Christian Ramsebner (Neustadt), Georg Margreitter, Thomas Piermayr (LASK).
Abruf: Manuel Wallner (Austria), Dominic Pürcher (Hartberg).

Mittelfeld: Haris Bukva (Sturm), Guido Burgstaller, Alexander Grünwald (Neustadt), Anel Hadzic (Ried), Christoph Mattes, Christoph Kröpfl (Salzburg), Patrick Salomon (Austria Lustenau), Manuel Seidl (Mattersburg).
Abruf: Mario Leitgeb, Danijel Micic (Austria Lustenau), Robert Gruberbauer (St. Pölten).

Angriff: Marko Arnautovic (Inter Mailand/ITA), Atdhe Nuhiu (Ried), Julius Perstaller (Innsbruck), Andreas Weimann (Aston Villa/ENG).
Abnruf: Deni Alar (Kapfenberg), Dieter Elsneg (Sampdoria/ITA, bei U20), Benjamin Sulimani (Austria).

Verletzt: Fabian Koch (Innsbruck).
Outliste: Mettin Copier (Telstar/NED), Stefan Ilsanker (Salzburg).

Beim A-Team: Dragovic, Drazan, Jantscher, Beichler, Baumgartlinger und Alaba. Pehlivan sitzt dort seine Sperre quasi ab.

Wenn es stimmt, dass Dänemarks Fußball-Gottseibeiuns Morten Olsen die Spielweise aller Jugend-Nationalteams an die des A-Teams anpasst und so dasselbe System von jung auf verinnerlicht, dann wird Dänemarks A-Nationalmannschaft heute abend im Happel-Stadion mit einem knackigen 4-1-4-1 auflaufen.

Womöglich ist aber in Testspielen auch ein Testlauf erlaubt. Egal ob später am Abend und jetzt am Nachmittag im luftig besuchten Horr-Stadion in Wien-10, wo sich die U21-Teams von Österreich (ganz in schwarz, sehr chic) und Dänemark gegenüberstehen.

Die jungen Österreicher spielen in einem überraschend vorsichtigem 4-3-3 mit zwei dezidiert defensiven Mittelfeldspielern und einem davor, der sich auch ein wenig zu wenig offensiv einmengt.
Die drei Kerle, die sich bei der Hymne eng aneinandergeschmiegt hatten um Einigkeit zu demonstrieren, stellen die Offensive: Guido Burgstaller über rechts, Adthe Nuhiu zentral und Marko Arnautovic links.
Die Burschen probieren es dann, mit Unterstützung von Linksverteidiger Tanju Kayhan, hauptsächlich über die Flügel, mit unverschämt unerwartetem Passspiel (flache Crosses in den Rücken der Abwehr) und verspieltem Blödsinn.

Verspielter Blödsinn, das Herz des Fußballs

Ein so ein kreuzblöder Ball geht dann auch recht schnell rein ins dänische Kreuzeck. Arnautovic hämmert einen 22-Meter-Freistoß von halblinks dorthin, dreht sich danach in Richtung Trainerbank um und fabriziert eine sehr ironische Do-schau-her-Pose, mit der er die verblödete Mainstream-Rezeption seiner Person (von wegen "mit dem Bentley aus Mailand angefahren gekommen") persifliert.

Ich muss nicht deswegen eine Minute lang laut vor mich hinlachen, sondern hauptsächlich deswegen, weil das Tor aus einer Standard-Situationen, dem absurdesten der vielen Stiefkinder der Constantini-Truppe, entstanden ist. Auch weil Arnautovic, der Eigenbrötler sowas eben übt; ohne dass man ihm das anschaffen muss.

Sechs Minuten später erwischt es mich wieder. Arnautovic hat einen Cross aus seiner halblinken Position volley drübergeballert, mit knapper Fehljustierung, aber wieder mit irrem Risiko. So wie es moderner Fußball der Marke Barcelona/Spanien einem gebieten würde.

Die Österreicher stehen mir zu vorsichtig.
Vor der Vierer-Abwehr (Dibon rechts, Ramsebner halbrechts, Kapitän Magreitter halblinks, Kayhan links sind vor Tormann Schober versammelt) finden sich zwei echte Sechser, die eng nebeneinander spielen - Piermayr halbrechts, Alex Grünwald, der mehr könnte, halblinks. Patrick Salomon, der bei Lustenau ein tolles Halbjahr hatte, kann mit seiner zentralen Freiheit nicht soviel anfangen, weshalb ein Loch zwischen diesen sieben und dem bereits erwähnten Dreier-Sturm besteht.

Oma Herzog

Das ist nicht gut und gehört behoben, eigentlich noch vor der Halbzeit. Also entweder mit einer neuen Order oder einem Wechsel. Die U21-Teamführung unter Andreas Herzog ist aber nur mit Anfeuerungen ("weiter!") zu vernehmen. Das, mit Verlaub, ist ein Job, den meine Oma auch erfüllen könnte.

Die eingangs erwähnten Dänen sind anders aufgestellt: ein Sechser vor der Vierer-Abwehr, ein Vierer-Mittelfeld mit zwei stark rochierenden Außen (11 Dalsgaard und 8 Sebastian Andersen), ein Aufpasser (7 Matti Lund Nielsen) für den Chef, die Nummer 10, Ronnie Schwartz.

Das sieht optisch ganz gut aus, wirkt aber ein wenig unbedarft. Das hat vielleicht auch damit zu tun, dass die jungen Dänen bis auf Tormann Mikkel Andersen alle in der heimischen 1. und 2. Liga spielen, zuallermeist noch dazu nicht als Stammspieler. Da haben ihnen die jungen Österreicher, vor allem die vielen Magna-Akteure, Magreitter, Nuhiu und vor allem eben der verhaltensauffällige Arnautovic etwas voraus.

Allerdings verliert das U21-Team dann Mitte der ersten Halbzeit die Feldhoheit und lässt sich reindrängen - die Dänen haben die (bereits angesprochenen) Schwächen durchschaut und sich eine klare Mittelfeld-Hoheit erobert.

Der irre Arnautovic

Mitten hinein in diese Drangphase setzt Österreichs U21 einen Gegenangriff, Grünwald (genau der, der mehr könnte als nur absichern) geht mit, erläuft einen Heber in den Strafraum, setzt sich in einem Kopf-Duell durch und der Ball landet wieder in einem Eck. 2:0 ziemlich aus dem Nichts, und wieder war es frech.

Dann, eine Minute vor der Halbzeit eine Szene, die alles über den irren Marko Arnautovic aussagt. Er geht nach einem gestoppten Angriff seines Teams nicht mit zurück, sondern bleibt wie Nuhiu vorne stehn, neben seinem Rechtsverteidiger, dem dänischen Kapitän mit der Nummer 2, Anders Randrup. Dann gibt es vorne, nach einem geblockten dänischen Angriff einen Pressball, der zurückkommt, in ihre Richtung. Randrup und Arnautovic sprinten los, der eben noch scheinbar teilnamslose Arnauto nimmt dem Dänen einen Meter ab, bringt seinen Körper zwischen Ball und Gegner und befreit sich aus dieser Situation in Cornernähe nicht mit einem Schieber ins Out oder einem Vorsichtspass, sondern trixt den Gegner aus und wixt den Ball in hohem Bogen in den eigenen (!) Strafraum, wo ihn ein unbedrängter Verteidiger-Kollege annehmen kann.
Das ist geistesgestört, aber großartig.

Pausenmusik: Lady Gaga, Paparazzi.

Herzog wechselt erst ein paar Minuten nach der Halbzeit, auch weil die Dänen ordentlich andrücken.
Bukva und Perstaller kommen für Grünwald und Nuhiu, was eine Umstellung auf zwei Spitzen bedeutet. Die zwei defensiven Mittelfeldspieler bleiben aber (Salomon rückt zurück, neben Piermayr in die Zentrale). Burgstaller wechselt auf die rechte Außenbahn, Bukva bespielt die linke, Arnautovic spielt jetzt hinter oder neben Perstaller im Angriff, ganz wie es ihm beliebt.

Dann kommt in der 59. Minute auch noch Anel Hadzic für Dibon, als neuer Rechtsverteidiger. Beide sind dort Notlösungen, die Außenverteidiger bleiben eine echte Problemposition.
Kurze Zeit später kommt dann auch England-Legionär Andreas Weimann (für Burgstaller) und erst da fällt mir ein, dass in einem Testspiel ja mehr als drei Wechsel erlaubt sind, was einerseits ja gut ist (testen eben), andererseits aber auch Oasch, weil das Spiel dann zerfasert.

Später kommen noch Christoph Kröpfl (für Arnautovic, der seinen Abgang zu einem Handshake-Solo inszeniert) und Christoph Mattes, der es dann als bereits dritter Rechtsverteidiger probieren darf (Kayhan geht raus, Hadzic, der alles kann, geht auf links). Es kommt auch ein 3:0, durch einen sicheren Margreitter-Elfer nach eher wenig Foul an Bukva. Es gibt weiter dänische Angriffe, die nichts fruchten. Aber weil auch die Dänen ordentlich durchwechseln bringt das Spiel in der Schlußphase eher keine Erkenntnisse.

Die Geschichte vom Ersatz-Tormann

Der einzige Österreicher, der in diesem Spiel nicht zum Einsatz kommt ist der 2. Tormann Lukas Königshofer. Das wäre nicht auffällig, wäre nicht zufällig direkt hinter mir sein Vater und Manager Roland, der ehemalige Rad-Weltklassefahrer gesessen. Weil er im Gespräch mit einigen um ihn herumscharwenzelden Journalisten in unüberhörbarer Lautstärke aus seinem Herzen keine Mördergrube gemacht hat, weiß ich jetzt mehr als ich wissen wollte über Themen wie "Tormanntraining bei Rapid", U21-Tormänner an sich und den Luki im Speziellen.

Was mich an den dort im Pressebereich ganz offen an- und ausgesprochenen Untergriffen und Schlechtmacherein anderer erstaunt hat, ist nicht ihre schiere Existenz (blöd dahergeredet wird in jeder Branche), sondern die deutliche Verachtung und die automatische Herabsetzung jeglicher anderen Leistung. Was scheinbar deswegen unausweichbar ist, weil alle so agieren.
Wenn ich mir im Vergleich dazu anschaue, was ich gerne so an kritischen Worten ganz öffentlich an- und ausspreche (und wie weinerlich einige Offizielle darauf reagieren), dann ist das im Vergleich dazu wie bösartig in der "Szene" off limits geredet wird, gar nichts. Mit dem Unterschied: ich sage off limits dasselbe wie online, also öffentlich.

Und genau damit kommt die "Szene" nicht zurecht.
Wie auch, wenn sie's selber nie so macht.