Erstellt am: 26. 2. 2010 - 12:14 Uhr
Der innere Sinatra
Wenn man ein Element austauscht, ändert sich der ganze Kosmos. Im Fall der Belgier Das Pop trifft diese Formel zu. Denn nach ihrem zweiten Album "The Human Thing" hat sich für die Band um den sympatischen Leader Bent Van Looy alles geändert.
Anlässlich ihres heutigen Konzerts im Wiener B72 erzählt uns Bent von ihrer Wandlung, ihren Freunden Soulwax und seinem inneren Sinatra.

Das Pop
Vom gebrochenem Herzen zur Leichtigkeit
Vor rund sechs Jahren haben Das Pop mit gebrochenem Herzen und melancholischen Streichern ihr Album eröffnet.
You, you break my heart / You tear me up in so many parts / One part for you and one for me / That is how it ought to be
(Das Pop - "You" aus The Human Thing")
Trotz Awards und Majorlabel verlassen zwei Musiker die Band. Wenig später wird noch dazu der Labelvertrag gekündigt, da ihr Fürsprecher aus ökonomischen Gründen aus dem Musikunternehmen entfernt wird. Alles andere als eine günstige Ausgangsposition. Doch Bent und seine Mitmusiker lassen sich nicht unterkriegen, schreiben neue Songs und touren, was das Zeug hält. Im Nachhinein gesehen hatten diese Veränderungen sehr positive Auswirkungen auf die Band.
Bent: "Früher waren wir zu fünft und diesmal standen wir nur mehr zu dritt im Proberaum. Es machte alles viel einfacher und viel verspielter. Davor haben wir immer sehr hart an den Stücken gearbeitet und wir mussten fasst bluten, bis ein Lied gut war. Das ist jetzt nicht mehr so. Es kommt mir vor, als hätten sich die neuen Songs fast wie von selbst geschrieben."
Heute startet die Band ihr drittes, selbstbetiteltes Werk mit schnellem Off-beat Rhythmus und funkiger Basslinie. Die Gitarre treibt in Reggae-Manier den Song "Underground" voran und wenn schon Streicher vorkommen, dann in einem exaltierten, fröhlichen Refrain, der einem ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.
Kochen für Soulwax
Das alles wäre wohl nicht möglich gewesen, hätten nicht die guten Freunde von Das Pop, die Brüder Stephen und David Dewaele alias Soulwax ihnen unter die Arme gegriffen. Sie haben die Energie und Spielfreunde von Das Pop schon immer geliebt und sich daher bereit erklärt, das neue Album zu produzieren. Wer jetzt allerdings glaubt, auf dem dritten Werk wären fette Beats, viele Synthies oder sonstiger, digitaler Schnickschnack zu hören, der irrt.

David Baird
Bent: "Stephan und David haben natürlich eine riesige Sammlung von alten Synthesizern und ein tolles Studio. Aber sie haben zu uns gesagt: Nein, spielt einfach zu dritt in einem Raum und wir nehmen das auf. Soulwax haben uns gezeigt, dass sich in der Beschränkung der Meister zeigt. Früher haben wir sehr viel arrangiert und es hat Spaß gemacht, noch zusätzliche Flöten, Streicher und Synthies aufzunehmen. Als Stephan und David uns spielen hörten, meinten sie, genau das ist die Essenz von Das Pop. Das Zusammenspiel, die Spielfreude und das Nackige."
So wurden in verschiedenen Studios in ganz Europa die live erprobten Songs auf alten, analogen Bandmaschinen aufgenommen. Auf diese Weise hat jede der zwölf Nummern ihren eigenen, klanglichen Charme erhalten, wobei die angesprochene Spielfreude alle miteinander verbindet. Ein derart kompaktes Album zu produzieren, das wie aus einem Guss klingt, ist eindeutig das Werk von Soulwax. Diese Arbeitsweise und derart bekannte Produzenten hätten eigentlich ein Vermögen gekostet; für Bent und seine Musiker wäre dies unerschwinglich gewesen wäre. Hätten sie sich nicht mit ihren Freunden auf eine andere "Zahlungsmodalität" einigen können.
Bent: "Wir haben jeden Abend für die Jungs gekocht. (lacht) Niek, unser Bassist ist ein ein guter Chefkoch und Stephan und David lieben gutes Essen. Wir haben Hummer gemacht, aber auch ganz gewöhnliche Gerichte wie Roastbeef oder Braten mit Pilzsauce."
Die magische Nacht
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Das Pop
Auf dem dritten Album von Das Pop findet sich als Grundthema - wie kann es für eine Popband anders sein - die Liebe. Nur, dass diesmal die Beziehungen der Bandmitglieder untereinander aufgearbeitet werden. Die Studienzeit in Gent und der große Schritt, aus der Heimatstadt wegzugehen, schwingen bei einigen Stücken mit.
Trotz des manchmal melancholischen Untertons, den Das Pop schon immer konserviert und zelebriert haben, herrscht diesmal durchwegs eine ungezwungen wirkende Partystimmung vor. Schließlich swingt sich der flotte Schlagzeugbeat durch die meisten Nummern, wobei in witziger und frecher Art mit einer gleich zweiteiligen "Saturday Night"-Ode die Nacht aller Nächte gehuldigt wird.
Bent: "Saturday Night ist natürlich ein Riesenthema in der ganzen Popkultur, egal ob es jetzt Musik oder Film ist. Es ist eine magische Nacht wo alles anders ist, als an den übrigen Abenden. Es ist wie eine Showbühne, auf der es andere Regeln gibt und alle vielleicht ein bisschen extremere Sachen machen. Ich sehe dieses Album also eher als Körperplatte und weniger als Kopfplatte. Insofern haben die Songs schon etwas Hedonistisches."

Das Pop
Dass dabei weder das musikalische, noch das textliche Rad neu erfunden wird, ist klar. Aber die zügellose Energie und das unglaublich gute Zusammenspiel der Band verhelfen den Songs zu einem magischen Glanz. Die Refrains gehen sofort ins Ohr, die Instrumentierung ist schlicht und druckvoll und der treibende Rhythmus lässt die Beine mitwippen. Streckenweise schimmert auch der liebenswerte Humor von Bent durch, wenn etwa bei "Never Get Enough" die Akustikgitarre in guter, alter "Faith"-Manier geschrammelt wird und man sich selbst nicht all zu ernst nimmt.
Joggen und Sinatra
Egal, an welcher Stelle der Platte man sich einklinkt, immer ist der Spaß und die Freude an der Musik zu hören und zu spüren. Hier wird nicht nach zeitgeistigen Hype-Rezepten ein Stilmix zusammengebraut oder versucht, mit verschiedenen, exotischen Gewürzen den Gaumen zu verwirren. Vielmehr servieren uns das Pop mit ihrem dritten Werk ein stimmiges, abgerundetes und köstliches Popmenü, das einen einerseits gesättigt und andererseits mit dem neugierigen Gefühl zurück lässt, es gerne noch mal zu genießen.
Dass Bent trotz der schwierigen Entstehungsphase und persönlichen Umwälzungen ein derart abgerundetes und lockeres Album abliefern konnte, liegt sicher auch an seiner Art, Songs zu schreiben.

Das Pop
Bent: "Ich kann nur schreiben wenn ich laufe. Ich komponiere quasi beim Joggen. Ich rufe mich selber an und singe meine Ideen auf die Sparchbox. Wenn ich Zuhause ankomme, höre ich mir das dann an und check am Piano, ob die Ideen gut funktionieren. Bei Texten mache ich das übrigens genauso."
Vielleicht ist es der Rhythmus beim Laufen, der Bent inspiriert, schließlich war er bis vor kurzem noch der singende Bandleader hinter dem Schlagzeug. Doch auch das hat sich geändert. Mittlerweile sitzt Bent am Keyboard oder steht manchmal auch ganz nackt, also ohne Instrument auf der Bühne. Wie man nach so vielen Jahren hinter den Drums mit dieser Situation umgeht? Auch dafür hat der quirlige und lustige Sänger eine knappe Antwort parat.
Bent: "Man muss immer versuchen, seinen Inneren Frank Sinatra zu entdecken und dann klappt alles."
Das Pop haben ihn mit diesem Album definitiv gefunden.
Tipp:
Das Pop spielen heute Freitag 26.02. live im Wiener B72 und schauen vorher noch im FM4 Studio vorbei. Eine Akustik-Session und ein Interview mit der Band könnt ihr heute ab 15:00 Uhr in FM4 Connected hören.