Erstellt am: 22. 2. 2010 - 18:42 Uhr
Keine Lust auf Spritztouren
Der letzte Bundesheerspot: Ein Soldat hüpft von einem Panzer und sagt: "Na Mädels, Lust auf ne Spritztour?" und die derart angesprochenen sind Hin und Weg vor Begeisterung und wollen ab jetzt nur mehr "mit den großen Dingern fahren". Danach wird darauf hingewiesen, dass sie zum Panzerfahren zum Bundesheer gehen müssten.
Bundesheer
Die Darstellung der jungen Frauen in dem Spot als dümmlich und auf große Fahrzeuge fixiert hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Der Spot wurde vom Bundesheer mittlerweile zurückgezogen. Ein Nachspiel hat er trotzdem: Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hat letzte Woche ein gesetzliches Verbot sexistischer Werbung gefordert, das auch Strafen bei Übertretungen vorsieht. Denn scheinbar funktionieren frauenverachtende oder sexistische Darstellungsweisen in der Werbung noch immer. Oder soll funktionieren, nach Ansicht der WerbemacherInnen.
Freiwillige Selbstkontrolle
Für Werbung, die aufregt, ist in Österreich der Werberat zuständig. Er ist eine Instanz der freiwilligen Selbstkontrolle von Werbetreibenden, AuftraggeberInnen und Medien. Über seine Homepage, aber auch telefonisch oder schriftlich kann hier jede Österreicherin und jeder Österreicher seine oder ihre Beschwerden abgeben.
314 solcher Beschwerden sind im Jahr 2009 eingetrudelt, die meisten davon übrigens wegen sexistischer Darstellungen in der Werbung. Der Werberat hat hier vier Empfehlungen für einen sofortigen Stopp ausgesprochen und 16 Mal die jeweiligen Werbetreibenden dazu aufgefordert, sensibler vorzugehen und ein anderes Sujet zu wählen. Die restlichen Beschwerden wurden für nichtig erklärt.
Verbot "unpraktisch"
Werberat
Der Vorstoß der Frauenministerin mit der Forderung eines gesetzlichen Verbots ist wohl auch im Zusammenhang damit zu sehen, dass bei relativ wenigen Beschwerden auch tatsächlich eine Empfehlung vom Werberat ausgesprochen wird.
Michael Straberger, Präsident des Werberats, spricht sich gegen eine gesetzliche Regelung aus: "Dazu habe ich eine persönliche Meinung, nämlich, dass es ohnehin schon genug Verbote gibt. Außerdem gibt es ja gesetzliche Rahmenbedingungen, wo man gegen Werbung vorgehen kann, die gewissen Schranken überschreitet."
Und aus Sicht des Werberats ist dieses gesetzliche Verbot unpraktisch: "Würde man gegen einen Spot oder gegen eine Anzeigenschaltung vorgehen, hätte das überhaupt keine Auswirkungen. Weil bis es zu einer richterlichen Behandlung und zu einem Entscheid kommt, würde es Monate wenn nicht Jahre dauern. Der Effekt wäre extrem gering."
Aufmerksamkeit gegenüber Diskriminierung gewachsen
Der Werberat kann bei Beschwerden schneller reagieren: Das Gremium, das aus 90 Personen besteht, versucht alle Beschwerden innerhalb von sieben Arbeitstagen zu behandeln. Auf die Beschwerden wird auf drei Arten reagiert: Entweder die Beschwerde wird nicht für entsprechend erklärt, weil die Vorwürfe aus Sicht des Werberats und seiner ExpertInnen nicht zutreffen. Als zweites kann der Werberat im werbenden Unternehmen mehr Sensibilität einfordern und in diesem Zusammenhang einen Sujetwechsel empfehlen. Die dritte Möglichkeit ist, eine Aufforderung zum Stopp auszusprechen. Das ist im vergangenen Jahr zum Beispiel vier Mal geschehen. Allerdings nur im Falle von Klein- und Mittelbetrieben, etwa im Falle einer Sexhotline in Graz oder einer Tanzveranstaltung unter dem Motto "Bauer sucht Sau" in Oberösterreich.
Eine solche Aufforderung zum Stopp einer Kampagne ist allerdings nicht verbindlich. Dennoch wird sie meist befolgt. Denn vor allem große Unternehmen, meint Straberger, wären in Bezug auf Sexismus durchaus schon sensibilisiert: "Die Bevölkerung ist mittlerweile schon sehr aufmerksam, was Diskriminierung in diese Richtung betrifft. Die Unternehmen tun sich damit also keinen Gefallen, an solche Werbelinien festzuhalten."
Politische Werbung: nicht zuständig
Aufreger im Bereich der politischen Werbung liefert ja gerne die FPÖ: So prangt auf dem Plakat ihres Kandidaten für die Landwirtschaftskammer-Wahl in Niederösterreich neben dessen Bild eine Kuh, mitsamt der Plakette "reinrassig und echt".
Für politische Werbung ist der Werberat allerdings nicht zuständig, da in seinen Statuten festgelegt ist, dass er sich nur mit so genannter "Wirtschaftswerbung" befasst. Für politische Werbung gibt es also keine unabhängige Instanz, außer die Parteien selbst oder die Medien, die diese Werbung schalten, wo man Beschwerde einlegen kann.
Dazu Michael Straberger: "Ich persönlich habe damit ein bisschen ein Problem. Es gibt auch viele Anfragen, warum es so ist. Ich muss dazu sagen, dass sich das historisch so entwickelt hat und daher eben in den Statuten festgeschrieben ist." Allerdings wird im Werberat gerade überlegt das zu ändern und gewisse ethische Spielregeln auch für politische Werbung festzulegen, die der Werberat dann immerhin einmahnen kann. Denn: "Ich glaube, dass sich die Gesellschaft grundsätzlich gewissen Spielregeln unterwerfen sollte, und die sollten für die Wirtschaftswerbung nicht anders sein als für die politische Werbung oder andere Einrichtungen."