Erstellt am: 22. 2. 2010 - 12:38 Uhr
Mad Max als Mönch
Es ist also wieder mal passiert. Zumindest auf der Kinoleinwand. Amerika liegt in Schutt und Asche, nur wenige Menschen vegetieren nach der Apokalypse in armseligen Verhältnissen herum.
Einer dieser Überlebenden ist ein älterer, verhüllter Mann, der ein geheimnisvolles Buch mit sich herumschleppt. Eli heißt dieser Einzelgänger, Denzel Washington spielt ihn mit grimmigem Blick.
Auf seiner Wanderschaft macht der unnahbare Fremde in einer heruntergekommenen Stadt halt. Und weil "The Book Of Eli" nicht nur ein postapokalyptisches Drama ist, sondern auch ein handfester Western, residiert dort ein Verbrecherboss namens Carnegie in einem Saloon.
Der Paradebösewicht (Gary Oldman) will um jeden Preis das Buch von Eli. Denn dieser vergilbte Schmöker verspricht jede Menge Macht. So leicht lässt sich der wortkarge Wanderer seinen Besitz aber nicht abknöpfen.
Und weil dieser Film auch noch ein Schwertkämpfer-Epos ist, spritzt jede Menge Blut in den Wüstensand, als Carnegie seine Banditen auf den Titelhelden hetzt. Gemeinsam mit einem rebellischen jungen Mädchen (Mila Kunis) flüchtet Eli aus der Stadt, die Verfolger dicht auf den Fersen.
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Man nehme: den erschütternden Roman "The Road" von Cormac McCarthy. Italienische Spaghettiwestern voller schmutziger Antihelden. Japanische Samuraifilme voller klirrender Schwerter. "Kozure Okami" meets "Keoma", und zu diesem Mix fügt man dann noch eine gewaltige Prise "Mad Max" hinzu. Das Ergebnis heißt "The Book Of Eli".
Eigentlich hätte dieser postmoderne und postapokalyptische Cocktail wirklich daneben gehen können. Wer braucht schon noch einen weiteren aufgesetzten Zitatefilm von Filmnerds für Filmnerds, auf den Spuren von Quentin Tarantino?
Aber "The Book Of Eli" funktioniert. Denn hinter der Kamera sitzen die Brüder Albert und Allan Hughes, zwei der wichtigsten afroamerikanischen Filmemacher in Hollywood, denen wir kompromisslose Ghetto-Szenarien wie "Menace To Society" und "Dead Presidents" verdanken, aber auch den Comicschocker "From Hell". Die Hughes Brothers hauchen ihrem bizarren Untergangsabenteuer tatsächlich so etwas wie eine Seele ein.
Es ist allerdings eine zutiefst religiöse Seele, was manche Zuseher verstören wird. Aber immerhin, dieser Film meint es trotz aller comichaften Referenzen ganz schön ernst.
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Wer die spirituelle Botschaft ignoriert, bekommt immerhin grandiose Schauwerte geliefert. Landschaften, die in Asche und Nebel versinken. Atmosphärische Tristesse. Knochenharte Action. Denzel Washington läuft als kriegerischer Mönch zur Form seines Lebens auf. Gary Oldman darf endlich wieder einmal diabolisches Overacting zeigen. Und die junge Mila Kunis fasziniert mit charismatischer Rock'n'Roll-Coolness.
Und da ist noch die Musik. Die stammt vom britischen Produzenten Atticus Ross, der zum engen Umfeld der Nine Inch Nails gehört. Für "The Book Of Eli" schuf er einen Gänsehaut erregenden, hypnotischen Soundtrack, der an "Blade Runner" und die legendäre Berlin-Trilogie von David Bowie erinnert.
Manchmal kommen einander all die Einflüsse und verschiedenen Elemente in die Quere. Und am Ende verwandelt sich "The Book Of Eli" tatsächlich in eine Gospelpredigt. Aber bessere postapokalyptische Unterhaltung wird man derzeit nicht finden.
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