Erstellt am: 19. 2. 2010 - 14:58 Uhr
Olympia-Log: Vancouver 2010, Tag 7.
Auf einen Blick: Olympia auf fm4.orf.at, alles aus Vancouver auf orf.at und das Olympia-Log.
Nicht Neues an der gestern abend dominanten Fußball-Front.
Salzburg und vor allem seinem Trainer ist der Durchmarsch in der Vorrunde etwas zu Kopf gestiegen und die berichterstattenden Medien entlarven sich wieder einmal als Fünfte Kolonne des Journalismus.
Dietmar Constantini hat wieder einmal heiß gebadet.
Die Pyro-Diskussion läuft auf Hochtouren und wird von Arthur Einöder intensiv gecovert - auch was die Europarats-Initiative betrifft.
Die in ähnlichem Zusammenhang ausgesprochene Strafe für die Austria Wien ist nur der Auftakt für eine weitere Strafmaßnahmen.
Dass Austria Kärnten nicht nur sportlich sondern auch wirtschaftlich demnächst kaputtgeht ist auch jenen klar, die sich nicht an diffusen Gerüchten delektieren.
Zeit also für Luxus,
Zeit für Winter-Olympia.
Zeit etwa für ein Studio-Gespräch mit Julia Mancuso, zweifache Medaillen-Gewinnerin im Alpinen Skibewerb.
Die junge Frau aus Lake Tahoe hat eine wahrlich interessante Familien-Geschichte. Ihr Dad, Ciro Mancuso, war seit den 70ern führendes Mitglied der Drogen-Mafia von Nevada (das ist die Wüste rund um Las Vegas).
1995 ging er für nur neun Jahre ins Gefängnis, weil er sich als Kronzeuge zur Verfügung stellte - allerdings großteils wertloses Material lieferte. Eine schillernde Gangster-Figur also. Julias Mutter ließ sich Anfang der 90er scheiden und sagte einmal über ihre Tochter: "She took everything out on the slopes."
Die vielen Sopranos-Witze, die sich Julia anhören musste, will ich mir gar nicht vorstellen - leicht ist so eine Vater-Geschichte nicht wegzustecken. Auch wenn sie jetzt durchaus Kritik dafür bekommt, dass sie seine aktuelle Rolle und ihre gute Beziehung zu ihm überbetont.
Teil dieser Überkompensation ist auch die Tiara, die Mancuso seit 2006 regelmäßig trägt (off und on slope). Die soll ihren Prinzessinnen-Status repräsentieren. Und sportlich klappt das ja auch. Heuer etwa hatte Mancuso genau gar keine Saison und konnte sich trotzdem auf den Punkt für Olympia fitmachen.
Kiss my Tiara
Die Tiara, das Krönchen, ist auch der Angelpunkt für das Merch-Geschäft, das Julia Mancuso jüngst aufgezogen hat - wie in der Musik liegt auch im Sport das meiste Geld im Umfeld herum. Sie hat eine Mode-Linie für Unterwäsche, also Lingerie aufgezogen. "Kiss my tiara" steht da drauf, oder "the jewel". Nix Anrüchiges, kein Porn-Style, sondern etwas, was jeder anziehen kann. Und Mancuso hat und hatte auch das entsprechende Image um genau dieses Produkt glaubwürdig zu bewerben.
Interessant ist nun, wie die (fast durchgehend männlichen) Reporterscharen darauf reagieren, dass sie es bei allfälligen Erfolgs-Interviews (und die gibt es in Whistler nach zweimal Silber zuhauf) nicht nur mit einer braven Pistenbeschaffenheits-Auskunftsgeberin zu tun haben, die sich mit dem Standard-Satz "Na, da werd ich heut abend den Erfolg sicher auch ein bisserl feiern!" schon schwertut, sondern auch drüber hinaus was erzählen könnte.
Sie fallen teilweise aus der Rolle und kippen sofort in eine Haltung, die durch zuviel Ge-Paris-Hiltone international und Ge-Lugners-Tiernamen-Begleitservice-Damen national vollkommen versaut wurde.
Wenn nämlich jemand im richtigen Kontext "bitch!" sagt, und das dann richtig, nämlich (spätestens seit Madonna) als Bewunderung verstanden wird, dann ist das eine Sache.
Ausziehn!
Daraus aber gleich sowas wie Verfügbarkeit abzuleiten und sich nur einen Sekundebruchteil vom besoffenen "Ausziehn!"-Chorus jedweder österreichischer Veranstaltung, sobald sich eine Frau auf der Bühne bewegt, entfernt zu positionieren, zeugt von enormer Grauslichkeit.
Und davon, dass die öffentliche Rezeption von Geschäfts-Männern und Geschäfts-Frauen immer noch unglaublich sexistisch differenziert.
Das reicht vom stolprigen "Na, das nächstemal müssen's uns aber ein bissl mehr zeigen!" bis zur folkloristischen Patronanz, der gönnerhaften tschapperlmäßigen Behandlung, die heimische Damentrainer ihren Schützlingen angedeihen lassen.
Widerlich ist alles davon allemal.
Dass Julia Mancuso unterschwellig lüsterne Verbal-Übergriffe dieser Art vergleichsweise mit Ignoranz straft und überstrahlt, zeigt, dass der Knall-und-Fall-Kapitalismus in den USA (verblüffenderweise) diesbezüglich bereits besser gegendermainstreamt ist als die durch Duckmäuserei und Händefalten besonders rückschrittliche Position junger Frauen vor allem in den Alpin-Regionen des alten Kontinents.
Die wäre nämlich auch noch rot geworden und hätte verschämt auf den Boden geblickt, wenn sie derart blöd angemacht worden wären; und hätten somit dort, wo die Mancuso nur leise kopfschüttelnd klarmacht, wer da wirklich peinlich ist, gleich auch noch freiwillig die Opferrolle übernommen, die sich die heimische Macho-Gesellschaft so sehr herbeigrinst.