Erstellt am: 17. 2. 2010 - 17:27 Uhr
Hexentanz im Elektrokabinett
Für mich waren The Knife und auch Fever Ray immer nördliches Voodoo. Es ist wahrscheinlich egal, in welcher Erdregion man sich aufhält, die Dämonen kommen immer aus unserem Herzen und nicht aus metaphysischen Twighlight Zones.
the knife
The Knife zeigten uns mit ihren Hirschgeweihen, Pestmasken, Krähenflügeln und Filzungetümen, dass die Kreaturen, die durch die Schatten unseres Herzens und Hirns huschen, in Schweden anders aussehen.
Als Inspiration für ihre Arbeit nennen The Knife David Lynch, Aki Kaurismäki, koreanische Horrorfilme, "Donnie Darko", Doom, Grime und Southern Hip Hop. Ich dachte immer, die verirrten Seelen, mit denen ich meine Freizeit verbringe, sind die einzigen, die sich auf eine solche Konsensliste einigen können, aber nein - es gibt doch mehr von uns.
Hollywood hat schon lange nichts mehr zum Sektor stilvolle ästhetische Unheimlichkeit beigetragen. (Herr Keuschnigg, Herr Fuchs, objections anyone?). Ich würde mir wünschen, dass jeder Regisseur, in dessen Film es mehr als zwei zerstückelte Teenager gibt, sich folgenden Clip reinzieht, um zu verstehen, wie es aussieht, wenn das Unheimliche plötzlich in der Welt der rosaroten Pop-Blödheit Hof hält.
"Tomorrow, In A Year", das neue Album von The Knife ist seit 28. Jänner online erhältlich und wird am 5. März 2010 als physischer Tonträger erscheinen. Es ist in Zusammenarbeit mit Mt. Sims entstanden und ist die Musik zu einer Oper über Charles Darwin.
Die Drone-Geisterbahn-Oper, in die uns The Knife mit Mt. Sims und Planning to Rock mitnehmen, hat nichts mit der Beschwörung von spiritistischen Unheimlichkeiten zu tun. Es geht um eine der Grundlagen des rationalistischen modernen Weltbildes.
Anlässlich des 150-jährigen Erscheinungsjubiläums von Darwins "Entstehung der Arten" wurde an The Knife und die dänische Tanzkompanie Hotel Pro Forma der Auftrag vergeben, die Welt und wie Darwin sie sah, auf die Bühne zu bringen.
"Die Entstehung der Arten" ist ein Buch, das die Welt damals zum Wanken brachte, ein Zeitalter der Demokratisierung von Wissen einläutete, da es in auch für den Laien verständlicher Sprache verfasst war. Es rüttelte am Monopol der Kirche über das Wissen um die Entstehung und Entwicklung von Leben. Darwin entwickelte seine Evolutionstheorie während jahrelanger Reisen. Einige von Darwins Stationen besuchte auch Olof Drijer während der Planungsphase von "Tomorrow, In A Year", um Field Recordings zu sammeln. Sehr schön finde ich den auf der "The Knife"-Website gefundenen Satz: Olof Dreijer is now at a field recording in the Amazon to record animals, fish and plants.
Schön und gut, wie klingt das Ganze?
Anzuhören ist "Tomorrow, In A Year" in ganzer Länge auf theknife.net und als Appetizer verschenken sie das schöne Stück Musik "Colouring Of Pigeons", wenn man sich per E-Mail registriert.
Ein Hörspiel, in dessen Rahmen die beteiligten Musikerinnen mit Vocoder-Geisterstimmen ihre Intention erklären, gibt es hier zu hören.