Erstellt am: 19. 2. 2010 - 10:35 Uhr
FM4 Draußen Winterpanorama: Zu Gast in OÖ
mari lang
Hardy Brandstötter
- Geburtsdatum: 12.03.1977
- Homespot: Snowkitepark Thalgauberg, Krippenstein
- Beruf: Kitesportler
- snowkiting.at
Ich habe mit vielem gerechnet, aber sicher nicht mit einem Apfelstrudel. Nachdem uns die Seilbahn am rund 2.100 Meter hohen Krippenstein ausspuckt, geht Hardy Brandstötter schnurstracks in Richtung Lodge, einer urigen Hütte am Stoa, wie der Berg von den Einheimischen genannt wird. Aber nicht, um vor dem Sport noch mal schnell aufs Klo zu gehen, sondern um sich den Bauch vollzuschlagen, weil "hier gibts angeblich den besten Apfelstrudel in den Alpen", und ich hätte schließlich nach den Highlights des Krippenstein gefragt. Mein zaghafter Protest, das Essen doch auf die Zeit nach dem Snowboarden zu verschieben, wird sportlich wegargumentiert. "Gewicht ist Geschwindigkeit. Das heißt, je mehr Apfelstrudel man isst, desto schneller fährt man dann." Darüber, dass ich eigentlich gerne langsam den Berg hinabschwinge, verliere ich kein Wort. Das wird der motivierte Snowkite-Pionier ohnehin noch merken.
Mampfend erklärt mir Hardy Brandstötter auf der Terrasse der Hütte die eindrucksvolle Umgebung, die Teletubbylandschaft, wie er sie nennt. Den Hohen Dachstein rechts von uns und das Hohe Dirndl daneben. Spitz ragen die Gipfel der umliegenden Berge in die Höhe, und rund wölben sich kleine Hügel vor uns. Ich bin mir sicher: Gäbe es am Mond Schnee würde es genau so aussehen, genau so unwirklich. Nachdem wir uns mit einem schwarzen Vogel um die letzten Strudelkrümel gestritten haben, gehts ab in den Schnee.
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Egal wo man hinschaut, überall sieht man weiches, weißes Pulver, das einen zum Freeriden verführen will. Über 30 Kilometer Powder-Lines in allen möglichen Varianten erstrecken sich über das gesamte Dachstein-Plateau. "Es gibt hier nichts, was es nicht gibt", schwärmt der 33-jährige Profi-Sportler, und hat damit mehr als Recht. Heute gibt es nämlich auch eine erhebliche Lawinengefahr bei Lawinenwarnstufe 3, weshalb wir nur theoretisch in den Tiefschnee gehen.
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Hardy Brandstötter, der in Thalgau, eine Autostunde vom Krippenstein entfernt, wohnt und eine Snowkiteschule betreibt, kennt das Gebiet wie seine eigene Snowboardjackentasche. Seit Jahren kommt er hierher zum Boarden und Snowkiten - eine Sportart, die er in Österreich vor rund zehn Jahren bekannt gemacht hat. Begonnen hat alles mit einem Skateboard, das der Selfmademan als Kind umgebaut und im Schnee getestet hat. Dann kam ein richtiges Snowboard und irgendwann noch ein Lenkdrachen. Mithilfe von Wind lässt sich Hardy damit über verschneite Wiesen und andere Ebenen, wie das Dachstein-Plateau, ziehen. Für Kite-Neulinge würde er den Krippenstein aber nicht empfehlen. "Im hochalpinen Gelände ist es besonders gefährlich, weil sich das Wetter sehr schnell ändern kann. Und hier am Stoa gibt es ziemlich tückische Stellen." In der wilden, zerklüfteten Felslandschaft verbergen sich zahlreiche Dolinen, trichter- oder schüsselförmige Senken, in die man mehrere Meter tief hinabstürzen kann, und in denen immer wieder Freerider verunglücken. Auf diese Gefahren weist auch die Website des Krippenstein Skigebiets nachdrücklich hin. Außerdem werden dort Kurse mit ortskundigen Guides, bei denen man ein Lawinenverschüttetensuchgerät, einen Helm und sonstiges Sicherheitsmaterial ausleihen kann, angeboten.
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hardy brandstötter
Obwohl wir eine ganze Armada an Sicherheitsausrüstung mithaben, entscheiden wir uns für die hundertprozentige Sicherheit. Kein Freeriden im freien Gelände, sondern präparierte Pisten. Es wartet die längste Oberösterreichs. "Insgesamt 11km und 1.500 Höhenmeter sind da zu bewältigen, nach denen dir sicher die Oberschenkel brennen werden," meint Hardy Brandstötter und zischt los. Weil mir brennende Oberschenkel nach dem Apfelstrudel als passende Nachspeise erscheinen, schwinge ich hinterher. Mal links, mal rechts, mal bergab, mal gerade. Die Piste bietet Abwechslung, genauso wie die Landschaft, die mir neben dem krassen Höhenverlust pro gefahrenem Meter, schnell den Atem raubt. Auf den flachen Teilen muss ich jedes Mal abschnallen und zu Fuß gehen. Damit mein langsamer Fahrstil aber nicht so auffällt, mache ich bewusst viele Fotos von den unverspurten Hängen rundherum und den schussfahrenden Skifahrern. Nur für den Fall, dass Hardy fragt, wo ich geblieben bin.
Als ich schließlich erschöpft im Tal ankomme, sitzt der Profi-Sportler schon entspannt auf einer Bank und grinst mich an. Auf die Frage, wie viele Minuten ich wohl nach ihm angekommen bin, meint er: "Ich hab mir in der Zwischenzeit schon ein Schnitzel gegönnt, und das braucht normalerweise so um die zwanzig Minuten." Der Mann isst offensichtlich gerne, und so fahren wir noch einmal auf den Berg rauf und holen uns einen weiteren Strudel. Für mich gibts dieses Mal eine doppelte Portion, weil Gewicht nach einer alten Brandstötter-Abfahrtsweisheit bekanntlich mehr Geschwindigkeit bringt. Also Augen zu und durch!
mari lang