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Heinz Reich

Pfeffer im Arsch und wohin einen das bringt: Offroad, leftfield, backcountry - just trippin' out...

16. 2. 2010 - 15:17

Big Mountain Contest Fieberbrunn

Die Freeride Weltelite stürzt sich vom Wildseeloder.

Das best versteckte Skigebiet

Wir alle kennen spektakuläre Freeride Stunts aus dem Netz, aus dem Fernsehen, als visuelle Athmo in Sportgeschäften, in Lokalen. Aber wer hat sowas schon einmal live erlebt? Beim Scott Big Mountain Contest in Fieberbrunn haben 300 Menschen von einer Alm aus zugesehen, wie sich die weltweite Elite mit Snowboard oder Ski vom gegenüberliegenden Wildseeloder runterstürzt.

besichtigung des bergs

reich

Samuel Anthamatten (Zipfelmütze) beim Besichtigen am Tag vor dem Contest. Gut zu sehen die gesperrte "Herrgottsrinne".

Wildseeloder

Als sich der Morgendunst auflöst, strahlt der Berg in blau-weiß und die weltbesten Starter stehen nach einem steilen Aufstieg am Gipfel des Fieberbrunner Wildseeloders. 30 Herren und 20 Damen aus 13 Nationen stellen sich dem beinharten Kampf gegen den Berg und die Gesetze der Schwerkraft. Eine internationale Jury aus ehemaligen Siegern bzw. verletzungsbedingt pausierenden Freeridern sitzt am Lärchfilzkogel und verfolgt mit Ferngläsern die Action: Die Headjudges sind Cyril Neri, der schon die Worldtour gewonnen hat und Martin "Mc Fly" Winkler aus Vorarlberg.

aufstieg zum wildseeloder

sebastian marko

In der Morgensonne - Aufstieg zum Start.

Regeln und Bewertungskriterien

Zuständig als Judge für die Skifahrer unter anderen Axel "Mr Mount Saint Elias" Naglich, der die Herausforderung und die Juryentscheidung so erklärt: "Ein 2000 Meter hoher Berg, sehr felsendurchsetzt, es sind sehr viele Flächen an dem Berg, wo du besser nicht stürzt, weil darunter teils 30, teils 50, teils 70 Meter hohe Felsbänder sind. Der Start direkt am Gipfel, das Ziel 600 Höhenmeter tiefer. Die Freerider und Freeriderinnen können sich ihre Strecke selbst aussuchen. Was zählt ist eine gute Linie, d.h. der Läufer oder die Läuferin sollte entsprechend kontrolliert und flüssig fahren - im Idealfall garniert mit ein paar Highlights, z.B. Sprüngen. Der Sprung sollte in Kontrolle bleiben, das bedeutet er soll gestanden werden, den Umständen angepasst – es gibt Situationen in sehr exponiertem Gelände, da darf ich ihn auch einmal seitlich absetzen. In freiem Gelände muss der Sprung in Falllinie gestanden werden, um eine perfekte Bewertung zu bekommen."

startbereich am wildseeloder

michael meisl

Aus dem Bogen wird rausgestartet - dann gehts links, gerade oder rechts 600 Meter runter...
snowboarderin mach schöne kurve

sebastian marko

Herrgottsrinne

gigantischer cliff drop

michael meisl

Sowas muß man einmal in echt gesehen haben um zu glauben, dass das kein Fotoshopping ist

Die Showeinlage des Tages hat der Schweizer Nicolas Renevier geliefert: Die Schlüsselstelle des Wildseeloders, die gefürchtete „Herrgottsrinne“, die ihren Namen ihrer kreuzförmigen Form verdankt, war heuer für die Rider gesperrt, weil sie nach den Lawinensprengungen nur noch aus Eis und Felsen bestanden hat. Plötzlich rast der Schweizer von der Seite auf die Rinne zu und als das Publikum die Hände in die Höhe reißt, weil alle glauben, er checkt nicht, dass er auf die Schlucht zufährt.... da springt Nicolas Renevier weg, fliegt über die ganze Felsenschlucht drüber und landet mit einem brutalen Aufprall auf der anderen Seite!

sebastian hannemann liegt im schnee

reich

Sebastian Hannemann

Flips

Sebastian Hannemann hat seinen Cliff-Drop noch mit einem Rückwärtssalto aufgewertet und auf die Frage, wie man so einen spektakulären Sprung mitten in den Felsen hinkriegt bescheiden lächelnd gemeint, er komme halt aus dem Freestylebereich und hat deshalb mit Sprüngen nicht so ein Problem. Krasses Understatement, denn bei einem penibel geshapeten Kicker kann sich der Läufer auf einen exakten Absprungwinkel einstellen und sich auch in punkto Weite und Landung sehr präzise an sein Limit herantasten. Beim Big Mountain Contest sieht er bei der Besichtigung den Berghang nur von unten, sieht also die ganzen Felsen. Wenn er dann aber fährt, kommt er von oben und muss alles, was er sich von unten eingeprägt hat, spiegelverkehrt denken. Außerdem sieht man von oben nicht mehr die Felsen, sondern nur noch die weißen Flächen, unter denen dann die Felsen liegen. Beim Absprung muss der Läufer also in Sekundenbruchteilen abschätzen können, wohin und wie weit der Sprung geht und - wenn er einen Flip springt - die Rotation dementsprechend anpassen und steuern.

alexander huber ist glücklich

reich

Alexander Huber vom Shark attackiert

Sharks

Alexander Huber, 25-jähriger Kärntner aus Hermagor ist schwer gecrasht, hat seinen Schi total geschrottet, einen Stock verloren und den zweiten einem Kameramann als Souvernir zugeworfen. Im Ziel schmeißt er sich mit mit dem sonnigen Grinsen eines Überlebenden in den Schnee und erzählt im szenetypischen Slang: "Bin weggefahren, war flüssig unterwegs, hab ein gutes Gefühl gehabt, bin oben in die Rinne rein und der Plan war: da wo ich gestürzt bin wollte ich ganz grade runterspringen und das nächste große Cliff wollt ich auch gleich mitnehmen, gleich einen double, und beim ersten Sprung, ist die obere Schneeschicht weggebrochen - hat man gesehen glaub ich - und beim Absprung hab ich einen – wie wir sagen – 'Shark' erwischt, einen sehr spitzigen Stein.

shark zerstört ski

reich

Der hat mir meinen Ski kaputt gemacht - wie man sieht - und weil der von innen gekommen ist (es war mein Innenski) hat es mich ausgedreht, und da hab ich keine Chance gehabt, bin runtergestürzt und der restliche Schnee, der hinter mir nachgekommen ist, hat mich dann über das zweite Cliff, das ich eigentlich springen wollte, runtergespült. Hab Glück gehabt, es ist nichts passiert." Das Resultat beim Ski sieht wirklich aus wie ein Haibiss. Der Franzose Mikael Lamy hat das gleiche Pech gehabt, hat aber noch reagieren können und seinen Run abgebrochen.

da gehts nicht mehr weiter

sebastian marko

6 million ways to die/win/survive - chose one

Mikael Lamy war niedergeschmettert, weil er die geplante Einfahrt in eine Rinne verpasst hat und dann plötzlich vor einem Felshang gestanden ist, wo’s einfach nicht mehr weitergegangen ist. Dort wo er abspringen wollte, waren nur noch Felsen und er hat sich schon überlegt, sich vom Helikopter abholen zu lassen. Da hat er sich glücklicherweise dazu entschieden, nicht zu springen. Christopher Southwell, Snowboarder aus Großbrittannien und Sam Smoothy aus Neuseeland hingegen sind mit dem Rettungshubschrauber abtransportiert worden - glücklicherweise nur Schulter und Beinbruch.

das geht schief

sebastian marko

mädchen schauen gebannt auf sturz

sebastian marko

wüster crash

Michael Meisl

Sieger

Die Frauen punkten vor allem mit Stil und Linienwahl (statt halsbrecherischen Stunts). Große emotionale Momente waren die Runs von Samuel Anthamatten (Schweiz) und dem Local Hero Matthias Haunholder, die sich den Sieg in der Klasse Ski ex aequo teilen. Hauni hat Jahre auf diesen Heimsieg hintrainiert und ihm ist wirklich die Line seines Lebens geglückt. Vor allem sein Cliff-Jump im mittleren Teil war so hoch, dass sogar den anderen Ridern im Zielraum die Luft weggeblieben ist und alle wirklich neidlos applaudiert haben.

Und bei den österreichischen Frauen hat Lorraine Huber (Ski/Lech am Arlberg) den dritten und Liz Kristoferitsch (Snowboard) den zweiten Platz gemacht. Und hier noch die Liste mit sämtlichen strahlenden Gewinnern und Gewinnerinnen.