Erstellt am: 14. 2. 2010 - 23:46 Uhr
Olympia-Log: Vancouver 2010, Tag 2.
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Die alpinen Bewerbe schwimmen weg, in der Loipe schneit es plötzlich für 5 Minuten wie irre, und auf der Schanze weht bei den besten 3 ein böser Wind – ja, dieser seltsame Wintersport, der findet Outdoors statt, nix mit Berechenbarkeit.
Und dann fallen die österreichischen Teilnehmer der Reihe nach um, dazu braucht es die gebeutelten alpinen Damen gar nicht: die Rodler sind zwar alle drei unter den Top Ten, aber eben deutlich hinter den Fahrern mit Medaillenchance. Dann erwischt es Felix Gottwald im ersten Bewerb der Kombination (die heißt Sprint und das bedeutet: 1x über die Schanze und zwei Stunden später eine kleine Runde laufen) schon beim Springen. Und dann greifen die Biathleten voll in den Gatsch, Sumann bei noch akzeptablen Bedingungen, die anderen dann mit Wetter-Problemen. Das schießt sie gleich für zwei Bewerbe aus dem Rennen, nicht nur für heute, auch die anschließende Verfolgung kann man sich chancentechnisch in die Haare schmieren.
Was Rodeln mit dem freien Markt zu tun hat
Die Rodler starten gestern und heute Nacht von weiter unten, dort wo das Doppel und die Damen lospratzeln. Das hat mit dem Unfall zu tun, der dem jungen Georgier am Freitag das Leben kostete (weil er über die Bahn hinausschoss und gegen einen Pfeiler crashte): man will die extrem hohe Geschwindigkeit mit der die Rodler talwärts rasen, begrenzen. Konkret geht es um eine 137 km/h-Grenze, die für die Bahn in Whistler zwar auch ausgerechnet, dann aber überschritten wurde.
Da stellt sich dann eine philosophische Frage, wie sie auch bei der Abfahrt oder etwa in Motorsport immer wieder auftaucht: wenn es das Streben der Menschen ist immer schneller zu werden, und wenn der Spitzensport das widerspiegelt, dann ist es die Aufgabe der gesellschaftlichen Regulatoren dieses Rennen so lebensschonend und gefahrfrei wie möglich zu halten, will man sich nicht ins Gladiatorentum der Antike zurückversetzen. Was von einem die Produktions-Bedingungen des Kapitalismus als selbstverständlich hinnehmenden kollektiven Denken oft aber nicht so gesehen wird. Da ist dann – als Parallele zu gesellschaftlichen Regulationen – gerne von einem illegitimen staatlichen Eingreifen die Rede, von den Selbstregulierungs-Fähigkeiten des freien Marktes etc.
Sprt als gesellschaftliches Versuchs-Modell
Weil Sport in jeder Ausprägung ein optimales Versuchs-Modell von gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen ist, sollte eigentlich klar sein, dass das eine Schimäre ist. Die freien Marktgesetze haben nie ein Problem Menschen so unter Druck zu setzen, dass sie sich verbrennen oder gar zugrundegehen. Schützende Regulative wird immer nur eine Vertretung der Akteure einfordern und durchsetzen, egal ob das sowas wie eine Standesvertretung oder Gewerkschaft ist oder eine genau kalkulierende Ausbeutertruppe wie das IOC, das aus jahrhunderter Erfahrung zu wissen glaubt wie man ein Mittelmaß aus Schutz und Risiko findet.
Warum sich im Europa des Jahres 2010 politisch Verantwortliche, Regierungen oder andere Zuständige mehr und mehr abputzen und sich auf die Markt-Kräfte verlassen, ist auch in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar.
Die andere Diskussion, die an diese Rodler-Maßnahme anschließt – warum nämlich die Frauen weniger lang fahren dürfen als die Männer – verblasst ein wenig hinter der Bedeutung der einen. Auch weil auf den Todesfall viel an Krokodilstränen draufgesetzt wird; und eine Menge an medialen Krokodilstränen, die die der Offiziellen thematisieren, aber letztlich doch nur froh drüber sind, den Mächtigen damit ans Zeug zu flicken. Der junge Mann aus Georgien ist in Wahrheit allen sehr wurscht.
Kombination von Unkombinierbaren
Die österreichischen Rodler kommen letztlich nicht in die Top 5, was Kombinierer Mario Stecher hingegen schafft, ihm aber auch nix nützt, weil er nicht im Medaillen-Sprint der letztlichen Vierergruppe dabei war.
Wobei ‚Kombinaton‘ letztlich ein Euphemismus für die zwei unkombinierbaren Sportarten Springen und Langlaufen ist. Das Springen misst sich in Weiten und Noten, beim Laufen geht es in der direkten Konfrontation ums Ausreizen nach Poker-Vorbild; und weil immer dort die Entscheidung fällt, ist das Gespringe letztlich nur eine Vorspeis‘, keine vollwertige Hälfte.
Vielleicht wäre eine Kombination aus Eisschnelllauf und Skilauf sinnhafter – denn auch der gemeinsame Nenner des „Schis“ ist reine Augenauswischerei, so unterschiedlich wie mittlerweile sämtliche Skis für sämtliche Ski-Bewerbe sind.
Andererseits ist Österreichs technologischer Vorsprung, was den Sprungsport betrifft, wohl dafür mitverantwortlich, dass man in dieser Sportart international mithalten kann. Und das ohne den Hauch eines negativen Anstrichs zu transportieren, der die heimische Langlauf-Szene in den letzten Jahren umweht hat.
Das hat damit zu tun, dass die heimischen Kombi-Helden eher in der ideologischen Ecke der Innauer-Partie (die das Preiml-Erbe vorbildlich verwaltet) zu suchen sind, und so wie Stecher oder Gottwald Aushängeschilder einer Attitude sind, die sich eher auf Mental-Training verlässt, als in ausdauerfördernden Tricks und den begleitenden Lügen und Schmähs ihr Heil zu suchen.
Und das macht die Qualität der Kominierer aus.