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Christian Fuchs

Twilight Zone: Film- und Musiknotizen aus den eher schummrigen Gebieten des
Pop.

14. 2. 2010 - 16:26

Halbwesen aus Hollywood

"Percy Jackson & The Olympians" und "The Wolfman": Zweimal aufwändiges US-Monsterkino, das unterschiedlicher nicht sein könnte.

Es gab eine Zeit, etliche Dekaden vor der FM4-Geschichtsschreibung, in der griechische Sagenhelden die Leinwände charmant abgetakelter Provinzkinos beherrschten.

Neben Hollywood stürzte sich vor allem die italienische Filmindustrie in den Sixties auf Figuren wie Herakles oder Odysseus und verwurstete sie in knallbunten B-Movies. Ausrangierte amerikanische Bodybuilder tobten durch herrliche Pappmaché-Kulissen, kämpften mit Gummimonstern und kümmerten sich eher wenig um historische Korrektheit.

Schundfilmspezialisten schwärmen von dieser Ära noch heute. Und der amtierende kalifornische Gouverneur wurde als kleiner steirischer Bub von Sandalenfilmen aus Bella Italia so beeinflusst, dass er eine Bodybuilder-Karriere anpeilte.

Hercules

MGM

Unter ganz anderen Vorzeichen feiert die griechische Mythologie heuer ein filmisches Comeback. Die nächsten Monate stehen im Zeichen der Götterdämmerung. Dabei haben sich zwar im Gegensatz zu den Trashmovies der Vergangenheit die Budgets verhundertfacht, seriöser sind die Zugänge aber nicht geworden.

Der im April erscheinende "Clash Of The Titans" rollt die Perseus-Saga als monströsen Fantasy-Blockbuster auf, etwas weniger grimmiger geht es in "Percy Jackson & The Olympians: The Lightning Thief" zu, der jetzt gerade angelaufen ist.

Angetrieben vom Erfolg der "Harry Potter"- und "Lord Of The Rings"-Verfilmungen wurden Hollywoods Produzenten bei dem amerikanischen Autor Rick Riordan fündig. Im Mittelpunkt dessen mehrteiliger Percy-Jackson-Romanreihe steht ein ganz normaler Schulaußenseiter, der sich als Sohn des griechischen Gottes Poseidon entpuppt.

Percy Jackson - Diebe im Olymp

Centfox

Der schockierte Percy, der diese Enthüllung nicht wahrhaben will, wird in ein comichaftes Abenteuer verstrickt, in dem die halbe griechische Götterwelt mitmischt.

Dabei kommen etwas erwachsenere Zuseher zumindest besetzungstechnisch auf ihre Kosten. Uma Thurman darf als Medusa im schwarzen Lederkostüm ihre fiese Seite ausleben, der wunderbare Steve Coogan unterhält in einem viel zu kurzen Auftritt als sarkastischer Gott der Unterwelt. Die unterschätzte Catherine Keener, mittlerweile nur mehr auf Mutterrollen abonniert, hat ebenso einen Auftritt wie die tolle Rosario Dawson.

Von den jungen Nervensägen in den Hauptrollen können diese Stars aber auch nicht ablenken. Vor allem Logan Lerman als Percy, der wie aus einem öden Emo-Video entlaufen wirkt, ist definitiv kein neuer Daniel Ratcliffe.

Was zu Regisseur Chris Columbus führt, der die vernachlässigbaren ersten beiden "Harry Potter"-Teile drehte und für ausgesprochen familienfreundliches Mainstreamkino steht. Wo das vor kurzem gelaufene Fantasyspektakel "Cirque du Freak: The Vampire's Assistant" noch explizite Geschmacklosigkeiten wagte, erlaubt sich "Percy Jackson - Diebe im Olymp" nur kindische Witzeleien.

Ist das nun ein Teenagerklamauk oder ein Monster-Spektakel? Schwer zu sagen. Wenn Pierce Brosnan als Zentaur seinen Pferdekörper zeigt, ist der Film vor allem eines: unfreiwillig komisch.

Percy Jackson - Diebe im Olymp

Centfox

Man trägt auch wieder Pelz im Kinofrühling 2010. Sehr trendy sind neben griechischen Halbgöttern nämlich zottelige Kreaturen mit einem unstillbaren Blutdurst.

In Lack und Leder gekleidet geistern Werwölfe schon länger durch die "Underworld"-Filme, in "New Moon" sind es amerikanische Ureinwohner, die den Mond anheulen. "The Wolfman" verzichtet nun auf Metal-Versatzstücke und fesche Buben mit Waschbrettbauch.

Der Film dreht die Uhr zurück, in die Ära klassischer Horrorfiguren wie Dracula, Frankensteins Monster oder die Mumie, mit denen die Firma Universal Pictures in den 1930er und 40er Jahren Kinogeschichte schrieb. Nachdem "The Mummy" schon höchst erfolgreich revitalisiert wurde, versucht man nun den Wolfsmenschen kassengerecht wiederzubeleben.

Während im Originalfilm aus dem Jahr 1941 die Grusel-Ikone Lon Chaney Jr. in die Titelrolle schlüpfte, trifft der Fluch des Werwolfs nun Benicio del Toro. Der Oscarpreisträger, zuletzt als Che Guevara im Dschungelkampf aktiv, spielt Lawrence Talbot, einen amerikanischen Bühnenstar auf Heimatbesuch im viktorianischen England.

Die Gründe für seine Heimkehr sind tragisch. Eine animalische Mordserie hält die Menschen rund um Dartmoor in Atem. Auf der Suche nach seinem vermissten Bruder wird der arme Lawrence ebenfalls von einer mysteriösen Bestie gebissen. Beim nächsten Vollmond vollzieht sich eine schreckliche Verwandlung mit ihm.

The Wolfman

UIP

In der Theorie macht dieser Film vieles richtig. Völlig konträr zum desaströsen "Van Helsing", mit dem Universal Pictures die eigene Historie der Lächerlichkeit preisgab, verzichtet die Story auf aufgesetzte Ironie und postmoderne Brechungen.

Die Schauspieler, von Benicio del Toro über Emily Blunt bis zu Anthony Hopkins und Hugo Weaving scheinen perfekt ausgesucht. Das Make-up stammt vom legendären Rick Baker, dem wir etliche unvergessliche Monstermasken verdanken. Und auch der Blut-und-Beuschel-Faktor ist endlich wieder mal einem Werwolf-Schocker angemessen.

Trotzdem ließ zumindest mich "The Wolfman" völlig kalt. Der uninspirierte Regiehandwerker Joe Johnston gönnt den Akteuren kaum Raum, um sich zu entfalten. Nur Anthony Hopkins fügt seiner Bösewichtgalerie ein weiteres illustres Exemplar hinzu, der Rest stolpert wortkarg durch die üblichen CGI-Kulissen.

Vielleicht funktioniert eine Filmvorlage aus den Vierzigern in ihrer extremen Vorhersehbarkeit auch nicht mehr in heutigen Horrorkontexten, dachte ich mir mit müden Augen. "The Wolfman" protzt mit Ambitionen und Schauwerten, Spannung und Emotion sucht man aber eher vergeblich.

The Wolfman

UIP