Erstellt am: 14. 2. 2010 - 13:55 Uhr
Einsam, zweisam, grausam
Der Valentinstag ist in amerikanischen Filmen sowas wie das jüngste Gericht. Alleinstehenden Menschen blickt der 14. Februar vorwurfsvoll und mit erhobenem Zeigenfinger entgegen und flüstert, nein, brüllt "Failure", selbst in Schulen steht das beherzte Basteln und Verteilen von ebenfalls beherzten Karten am Lehrplan - ein laut trötender Appell zur Zweisamkeit. In Sachen Verlogenheit und konsumistischer Verhaltensweisen hat der Valentinstag Weihnachten einiges voraus.
Nun, jeder Feiertag bekommt den Film, den er verdient und Garry Marshall hat weder Kosten noch Mühen noch Klischees und Schablonen gescheut, um ein Machwerk abzuliefern, das dem Feiertag in Sachen picksüßer Herzigkeit und konsumdiktierter Verhaltensweisen um nichts nachsteht. "Valentine's Day" scharrt ein 20-kopf starkes all star cast zusammen, um eine Sinfonie der Niedlichkeit anzustimmen.
Warner Bros
Würde ich annehmen, dass Regisseur Marshall und Drehbuchautorin Katherine Fugate sich überhaupt soviele Gedanken um ihren Film gemacht hätten, könnte man als Inspirationsquellen Robert Altmans "Short Cuts" und Richard Curtis' "Love...Actually" heranziehen, nur um sich sofort den Gehirngang wieder mit Seife auszuwaschen und sich bei beiden Filmen zu entschuldigen. Wo bei Curtis ebenfalls ein ziemlich star-starker Castreigen vor Weihnachten mit der Liebe haderte, gab es sowas wie ein Gefühl für Dialoge und Figuren, da gab es Fehler und Schmerzen statt Heiapopeia-Einlullerei. Wo bei Altman die Stadt Los Angeles als Protagonist eingebunden wurde, bleibt in "Valentine's Day" ein Gleiten über ohnehin Bekanntes - Palmen, Strände, das Hollywood-Zeichen.
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Wer sich auf Gary Marshalls Filme einlässt, der unterschreibt eine Verzichtserklärung auf cineastische (oder auch andere) Offenbarungen, trotzalledem verblüfft mich "Valentine's Day" mit seiner offenherzigen Plumpheit, seinem Herzen des Offensichtlichen, "Valentine's Day" ist ein Spiegelkabinett der Déjà-Vus, ein Potpourri aus konsumdiktiertem Liebesverhaltensregeln, das zum Himmel stinkt.
Der Liebesreigen beginnt bei Jessica Alba und Ashton Kutcher, dessen beste Freundin Jennifer Garner wiederum gerade Patrick Dempsey aus dem Schlafzimmer verabschiedet, um in ihrer Klasse einen Jungen zu unterrichten, dessen Babysitterin Emma Roberts ihr erstes Mal für den Valentinstag geplant hat. Seid ihr noch da? Ok, weiter: Jennifer Garners Freundin Jessica Biel hasst den Valentinstag, arbeitet für Footballstar Eric Dane, dessen Beraterin Queen Latifah gerade Anne Hathaway als Sekretärin beschäftigt, die nebenbei eine Telefonsex-Hotline betreibt, was dem ansich von Hathaway eingenommenen Topher Grace kurz Mal die Luft raubt. Apropos Luft: In einem Flieger sitzen Bradley Cooper und Julia Roberts nebeneinander und glauben uns tatsächlich mit ihrem in LA angestrebtem Ziel überraschen zu können.
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Für alle, denen all die Blumen, Herz-Pinatas, Riesenteddys, aufziehbare Herzen mit Füßchen, Grußkarten und vorherrschende Rot- und Rosatöne noch nicht genug sind, weil ja auch das Ohr mitisst, bietet der Soundtrack gefühlte dreitausend Songhappen, in denen love vorkommt. In der schönsten Szene des Films fährt ein Auto über eine Grußkarte, die "When a man loves a woman" singt und sie somit zum Schweigen bringt. Bringt mir eine Rewind-Taste, schnell.
Ofizielle Website zu "Valentine's Day"
In seinem unverholenen Streben nach vollkommener Niedlichkeit schreckt "Valentine's Day" auch nicht davor zurück, Figuren den ganzen Film lang rosa Schirmmützen tragen zu lassen oder Szenen von küssenden Kleinkindern im Blumenladen einzuflechten. Auf Biegen und Brechen will der Film so reizend sein, bis sich Brechreiz breitmacht. Er ist weder romantic noch comedy, alles was als humorig angedacht war, schleicht sich mit der Eleganz und Lautstärke eines Godzilla an, um dann bestialisch auf der Pointe rumzutrampeln.
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"Valentine's Day" läuft seit 13. Februar 2010 in den österreichischen Kinos
Während man eine Gehirnzelle dazu abstellen kann, dem Film zu folgen, kann man mit dem Rest munteres "Memory" spielen und Paare suchen: Da gibt es zwei ehemalige "The 70s show" Darsteller (Grace, Kutcher), zwei "Grey's Anatomy"-Ärzte (Dempsey, Dane), zwei Jessicas (Alba, Biel), zwei Mitglieder der Familie Roberts (Julia, Emma), zwei Taylors (Lautner, Swift), zwei, die gemeinsam in "Stealth" for der Kamera gestanden sind (Foxx, Biel), zwei aus "Dude, where's my car" (Garner, Kutcher), zwei, die bereits in Marshals Märchen "Pretty Woman" dabei waren (Roberts, Helozondo) und zwei, die sich dringend einen anderen Beruf suchen sollten (Alba und Kinderdarsteller Bryce Robinson).
Aber wie gesagt, jeder Feiertag bekommt den Film, den er verdient.