Erstellt am: 10. 2. 2010 - 14:30 Uhr
Blick nach Rechts
- Die neuen Gesichter des Rechtsextremismus. Ein FM4 Schwerpunkt zu rechten Strategien und Gegenstrategien. Das genaue Programm gibt es hier.
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Die Zahl der rechtsextremen Straftaten in Österreich steigt seit Jahren. 333 einschlägige Tathandlungen, von Schmierereien bis zu Körperverletzungen, erfassten die Behörden laut dem jüngsten Verfasschungsschutzbericht im Jahr 2008. 280 einschlägige Vorfälle zählte man im Jahr zuvor, und wenn man noch einmal ein Jahr zurückggeht, waren es 204. Bedeutet dies, dass die Rechtsextremen in Österreich aktiver werden? Nein, meint Peter Gridling, Leiter des Bundesamts für Verfassungsschutz. Er verweist darauf, dass die rechtsextremen Vorfälle der vergangenen Jahre eine ganz andere "Qualität" haben als noch Anfang der 90er Jahre.
Damals existierte rund um die neonazistische Volkstreue außerparlamentarische Opposition (VAPO) und deren Funktionäre Gottfried Küssel, Heinz Jörg Schimanek oder Gerd Honsik eine starke rechtsextreme Szene, die sich auch in der Öffentlichkeit präsentierte. Die VAPO organisierte Aufmärsche durch Ortschaften; man traf sich zu Paintball-Spielen und Wehrsportübungen.
1992 gab es dann eine große Verhaftungswelle und die Leitfiguren der neonazistischen Szene, Gottfried Küssel und Hans Jörg Schimanek, wanderten für zehn Jahre ins Gefängnis. Seit dieser Zeit verlieren die traditionell organisierten Parteien und Vereine der rechtsextremen Szene an Bedeutung. Was nachwächst, ist eine rechtsextreme Subkultur, die sich ganz anders organisiert: nämlich in losen Gruppen. Zum Beispiel als Kameradschaften, die meist aus nur wenigen Personen bestehen und hauptsächlich lokal aktiv sind. Zu der rechtsextremen Subkultur gehören aber auch rechte Skinheads oder Teile der Hooligan-Szene. Die "neue" Szene trifft sich auf Rechtsrock-Konzerten, sie ist aber auch über das Internet stark vernetzt.
Über soziale Netzwerke bzw. Musik mit rechtsextremistischen Inhalten docken diese rechtsextremen Gruppen auch bei Jugendlichen rund um die Szene an. Denn zumindest einzelne Komponenten von rechtsextremen Gedankengut sind bei weiten Teilen der Jugendlichen vorhanden, so Wilhelm Lasek vom DÖW. Vor allem mit dem Thema Ausländer kann man Jugendliche rund um die Szene angeln.
Ganz verschwunden sind die traditionell organisierten rechten Vereine aber nicht. Da gibt es zum Beispiel deutschnationale Burschenschaften wie die Olympia, Parteien wie die Nationale Volkspartei (NVP) oder die Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik (AFP). Diese Organisationen vernetzen die Szene, rekrutieren ihren Nachwuchses daraus, und sorgen für das ideologische Rückgrat. Sie organisieren zum Beispiel Tagungen, bei denen "Spezialisten" aus der Szene eingeladen und für die Schulung von Jugendlichen eingesetzt werden.
Die AFP, der der Verfassungsschutzbericht aus dem Jahre 2007 eine "ausgeprägte Affinität zum Nationalsozialismus" bescheinigt, hat aber nicht nur Verbindungen zur rechtsextremen Subkultur. Es gibt auch, wie bei manchen Burschenschaften, gute Kontakte zu FPÖ-Politikern. Zum Beispiel traten Hans-Georg Jenewein, Landesparteisekretär der FPÖ Wien, und Johann Gudenus, Wiener Gemeinderat, in den vergangenen Jahren als Referenten bei AFP-Veranstaltungen auf. Auch der Verfassungsschutz beobachtet seit Jahren eine "Naheverbindung" zwischen der FPÖ und der rechten Szene, so Gridling.
Die FPÖ pflegt Kontakt zu rechten Organisationen und Parteien in ganz Europa, zum Beispiel zur ungarischen Jobbik-Partei. Deren Parteimiliz, die "Ungarische Garde", wurde erst kürzlich verboten, weil sie in mehrere Morde an Roma verstrickt und offen neofaschistisch und antisemitisch ist. Kein Hindernis für den Abgeordneten und außenpolitischen Sprecher des FPÖ-Klubs, Johannes Hübner, Ende Jänner einen Vertreter von Jobbik in den Parlamentsklub einzuladen.