Erstellt am: 9. 2. 2010 - 15:25 Uhr
Kontroverse um die Musikflatrate
34 Millionen illegale Downloads sollen allein schon 2010 unternommen worden sein – zumindest spuckt eine Zählmaschine auf der Homepage des deutschen Verbandes der Musikindustrie diese Zahl aus. Im letzten Jahrzehnt ist der Verkauf von Tonträgern eingebrochen. 312 Millionen Euro Einnahmen durch den Verkauf von CDs, Platten und Minidiscs im Jahr 2000 schrumpften bis 2008 auf 185 Millionen Euro - inklusive der Einnahmen aus MP3s und Onlinehandel. Die Musikindustrie ist in der Krise, seitdem die Digitalisierung von Musik unauthorisierte Gratis-Downloads ermöglicht hat. Das legale Online-Musikgeschäft hat das Minus nicht ausgleichen können. In die Höhe geschnellte Ticketpreise für Livekonzerte von Popstars wohl auch nicht. Könnte eine allgemeine Musikflatrate für InternetbenutzerInnen da Abhilfe schaffen? Die Idee ist heftig umstritten: Die einen sprechen von einem neuen Sozialvertrag, die anderem von unfairem Kultursozialismus.

Radio FM4
Pauschale für Musi?
Jeder, der einen Internetanschluss hat, soll monatlich eine Pauschale von etwa 5-10 Euro für Musik Up- und Downloads zahlen. Der Mediensoziologe Volker Grassmuck oder die NGO Attac sehen diese Steuer als Ausweg aus dem Einbruch des Musikgeschäftes. Die Einnahmen sollen an die Künstler je nach der Menge der Downloads ihrer Werke verteilt werden. Die Idee ist eine Weiterentwicklung der Leerkassettenvergütung (in Österreich seit 1980). Musik darf dann privat frei weitergegeben bzw. kopiert werden. Bringt eine Musikflatrate nicht einen enormen Verwaltungsaufwand im Zuge der Einhebung und Verteilung mit sich?
Einerseits ist zu prüfen, ob das die derzeitigen nationalen Verwertungsgesellschaften übernehmen könnten.Andererseits wurden auch im Zuge der aktuellen restriktiven Verfolgungen von verbotenen Tauschbörsenaktivitiäten neue Behörden geschaffen, die sich dann anstattdessen um die Flatrate kümmern könnten. Die französische Behörde HADOPI beispielsweise screent den Internetverkehr auf unerlaubte Nutzungen und sperrt (wiederholt) ertappten Usern den Internetzugang.
Musikindustrie dagegen
Die Musikindustrie setzt nach wie vor insbesondere auf restriktive Verfolgungsmaßnahmen. Der österreichische und der deutsche Verband der Musikindustrie lehnen die Musikflatrate bzw. die in Deutschland als erweitert diskutierte Kulturflatrate (inklusive Online Bücher, Filme etc.) ab: Man ist gegen eine „Zwangsabgabe“. Aktueller kommerzieller Online-Handel würde durch die Flatrate gefährdet. Eine Abrechnung nach der Masse der Downloads führe zu einer Verflachung von Kultur. Von Verstaatlichung der Kulturwirtschaft ist die Rede, ein gigantischer Verwaltungsaufwand wird befürchtet. Eine nationale oder sogar europaweite Umsetzung wäre zuwenig.
Diskussionsabend am Mittwoch
Viele Fragen bleiben beim kontroversiellen Vorschlag bislang ungeklärt. Morgen, Mittwoch, findet dazu im Rahmen der Reihe Musikwirtschaftsdialoge die Diskussion "Pro und Contra Musikflatrate" statt. Der Mediensoziologe und Flatratebefürworter Volker Grassmuck (Universität Sao Paulo) trifft auf den Flatrategegner Stefan Michalk (Deutscher Bundesverband Musikwirtschaft): Mittwoch, 10.2.,19.30 Uhr, ORF-Kulturcafe im Radiokulturhaus, Argentinierstraße 30a, 1040 Wien
Und deine Meinung?
Und was hältst du von einer Musikflatrate? Wärst du bereit so eine Pauschale zu zahlen? Ist eine internationale Umsetzung realistisch? Glaubst du, dass auch kleine Labels davon profitieren?