Erstellt am: 11. 2. 2010 - 15:16 Uhr
FM4 Draußen Winterpanorama: Zu Gast in Salzburg
heiko mandl
Eva Walkner
- Geburtsdatum: 16.06.1979
- Homespot: Hochkeil am Hochkönig
- Beruf: Freeskierin/Sportjournalistin
- evawalkner.com
Zehn Minuten Fußmarsch durch den Tiefschnee, und schon stehen wir vor dem Gipfelkreuz. Vor uns türmt sich die Mandlwand auf, mit zackigen Spitzen wie das Gebiss eines Haifischriesen. Unter uns schmiegt sich der Schnee an die Bäume. Das ist das Zuhause der Freeskierin Eva Walkner - das Skigebiet Hochkeil am Hochkönig. Hier auf 1.782 Meter hat die 30-jährige schon unzählige Powdertage genossen und ganz entspannt neue Tricks für Freeride-Contests gelernt. Doch das war nicht immer so.
Als Jugendliche ist Eva für den Österreichischen Skiverband (ÖSV) gefahren: 51 Europacup- und acht Weltcuprennen. Immer zwei Bretter an den Füßen und den Sieg im Kopf. Hardcore. „Irgendwann wollte ich das alles nicht mehr – den Konkurrenzkampf und den Druck – und hab ganz aufgehört. Von einem Tag auf den anderen“, erzählt Eva und schaut dabei auf ihre breiten Big Mountain Ski. Aber einmal Skifahrerin immer Skifahrerin, und so steht die 30-jährige wieder hauptberuflich auf zwei Brettern. Nur sagt man jetzt nicht mehr Skifahren dazu, sondern Freeskiing - ein Ausdruck für das Fahren ohne Wettkampf- und Trainingsdruck, oft abseits der Pisten.
Heiko Mandl
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Fürs Abseits der Pistefahren sind wir heute auch auf Evas Hausberg gekommen. Ein massiver Gebirgsstock, an dessen Fuße sich das Familienskigebiet Hochkeil bettet – klein und urig. Gerade mal fünf Liftanlagen gibt es hier – Teller-, Bananen- und Schlepplifte – die verwöhnte Wedler, die beheizte Sessellifte gewöhnt sind, von vornherein abschrecken. „Kunstschnee gibt es hier auch keinen und aufgrund der günstigen Lage fast immer gutes Wetter“, erzählt Eva.
Heiko Mandl
Ich reiße mich vom Ausblick auf das Tennengebirge und den Dachstein in der Ferne los und lasse mir von der Freeski-Fachfrau das Lawinenverschüttetengerät (LVS) erklären. Schon in der Früh haben wir die Lawinenwarnstufe gecheckt und alle notwendigen Vorkehrungen getroffen. Nachdem die Lawinengefahr in den letzten Tagen und Wochen extrem hoch war, hat Eva für heute eine flache, einfache Route gewählt. „Aber auch wenn alles safe erscheint, gehen wir Freerider nie ohne Schutz in den Powder.“
Langsam gleiten wir an Bäumen und Sträuchern, die aus dem Tiefschnee ragen, vorbei. Steil ist die Strecke tatsächlich nicht, und so bleibe ich immer wieder mit dem Snowboard stecken und kann mich nur mit lautem Fluchen befreien. Das Gefühl auf Wolken zu schweben, will gelernt sein. Eva, die erst vor kurzem beim ersten Stopp der Freeride World Tour in Chamonix den zweiten Platz belegt hat, hüpft stattdessen wie ein Häschen den Berg hinunter.
Markus Gmeiner/SALEWA
Um uns herum ist es kitschig ruhig. Das oft zitierte Bild mit dem Fuchs und dem Hasen, die sich Gute Nacht sagen, fällt mir ein. Wir sind völlig alleine, zumindest glauben wir das. Plötzlich kommt jemand mit vollem Karacho auf uns zu und staubt uns ein. Peter Radacher, dessen Eltern das Arthurhaus, einen Gasthof, bei der Liftstation betreiben, gehört zum Berg wie das eiserne Gipfelkreuz. Er und Eva sind langjährige Freunde. „Weil das Gebiet Hochkeil noch recht unbekannt ist, hat man hier viele Hänge noch ganz für sich alleine“, sagt Peter, und Eva nickt zustimmend.
mari lang
Weil Freeriden mit netten Menschen aber mehr Spaß macht, als alleine, fahren wir gemeinsam weiter und stoßen schon bald auf den Snowpark – das Baby von Peter. Vor ein paar Jahren hatte der 28-jährige Sportwissenschaftler die Idee sein Wohnzimmer in den Schnee zu verlegen. Unter dem Namen Livingroom ist ein Park entstanden, der für Snowboarder und Freeskier aller Könnensstufen konzipiert ist, und in dem man einige Spezialitäten serviert bekommt. Spiegel zum Beispiel.
mari lang
Ziemlich am Ende des Parks, in dem ganz klassisch Kicker und Boxen rumstehen, über die die sogenannten Shreddies drüberhüpfen können, steht eine gebogene Box. Und gleich dahinter blitzt ein etwa zwei Meter breiter Spiegel hervor. Nicht weil die Snowboarder und Freeskier am Hochkönig so eitel sind, sondern damit sie sich beim Tricksen selbst zuschauen und so ihren Stil verbessern können. „Am Anfang bin ich etwas belächelt worden“, erzählt Peter Radacher, dem die Idee während des Studiums gekommen ist. „Bei vielen Sportarten, wie beim Tanzen, hat man immer Spiegel vor sich. Und weils beim Freestylen auch um Style geht, kann man doch auch Spiegel hierher stellen“, meint er fast entschuldigend. Das Poserinstrument wird nämlich nicht von allen geliebt. Vor allem die Shaper, die den Park jeden Tag ausbessern und neu gestalten müssen, haben mit den Spiegeln im Schnee keine Freude. Nach jedem Schneefall müssen sie ausgebuddelt und neu platziert werden. „Aber wenn sie dann selbst drüber fahren, haben sie eine irre Gaude.“ So wie Eva, die gerade lustige Gesichter in die leicht beschlagenen Spiegel malt und wild mit den Armen kreist. Der Grund dafür ist die Webcam, die im Snowpark montiert ist, und das Livegeschehen ins Internet bringt. „Du kannst hier also Tricks üben und die Mama kann dir zu Hause im Wohnzimmer dabei zuschauen“, sagt Eva und fügt lachend hinzu „und wenn du dir weh tust, kann sie gleich die Rettung rufen.“
mari lang
Die Bilder aus dem Park kann man aber nicht nur im Internet sehen, sondern auch im eigentlichen Wohnzimmer am Hochkönig. Gleich unter der Spielwiese für Snowboarder und Freeskier steht eine einfache, alte Holzhütte – der Livingroom. Schon beim Eingang tönen uns Hip Hop Beats entgegen, drinnen stehen gemütliche Couchen und in der Ecke ein Fernseher, auf dem man den Shreddies im Park beim Trainieren zusehen kann. Die Wände sind mit Snowboards aus den 90ern verhängt, deren Design einem fast die Augen ausstechen. „Es ist echt chillig da“, meint Eva. „Besonders am Wochenende hängen hier viele rum, und das Feine ist, dass man sich selbst was zu essen und trinken mitnehmen kann.“ So schlau uns was mitzunehmen waren wir heute jedoch nicht, deshalb bleibt uns die Schirmbar ums Eck doch nicht erspart.