Erstellt am: 8. 2. 2010 - 10:45 Uhr
1:0 bei Fear Factory vs Fear Factory
Die Geschichte von Fear Factory, im letzten Jahrtausend mit Abstand eine meiner Lieblingskapellen in Sachen flott und laut produziertem Schwermetall mit Techno/Industrial Appeal, liest sich aktuell teils wie ein Artikel aus Zeitschriften, die in Arztwartezimmern herum liegen. Nachdem Gitarrist Dino Cazares 2002 die Band verließ, ließ keiner ein gutes Haar am anderen und Bassist Christian Olde Wolbers übernahm danach den Posten an der Gitarre für die darauf folgenden Alben Archetype und "Transgression". Ersteres war sehr gelungen und ließ Herrn Cazares überraschenderweise nicht wirklich vermissen, Zweiteres war eher zerfahren und ganz einfach so fad wie Fear Factorys letztes Gastspiel in Wien.
![© Fear Factory](../../v2static/storyimages/site/fm4/2010025/fflogo_body_small.jpg)
Fear Factory
Umso mehr verwunderte es dann letztes Jahr, als da plötzlich verlautet wurde, dass Sänger Burton C. Bell und Herr Cazares sich nun doch wieder lieb haben, weil die mit Wolbers verheiratete Bandmanagerin und Schlagzeuger Raymond Herrera sich wiederum eher zu lieb gehabt haben sollen und Burton C. Bell mit all dem gar nicht so konnte und äh... wie auch immer.
Wegen dieses ganzen - für eine Metal-Seifenoper reifen - Durcheinanders, gibt es daher im Moment zwei Fear Factorys, die sich (no na) wegen des Bandnamens streiten. Version Nummer 1 wäre da jene mit Christian Olde Wolbers (Git.) und Raymond Herrera (Drums), die unter www.myspace.com/fearfactoryofficial und www.fearfactory.com ihr virtuelles Daheim haben. Version Nummer 2 besteht aus Burton C. Bell (Voc.), Dino Cazares (Git.) und den beiden ehemaligen Strapping Young Lad Musikanten Byron Stroud (Bass) sowie dem großartigen Gene Hoglan (Drums), die man unter www.myspace.com/fearfactory und www.fearfactorymusic.com erreichen kann. In der Tat ist das alles nicht gerade unkonfus.
![© Fear Factory](../../v2static/storyimages/site/fm4/2010025/fearfactory_body.jpg)
Fear Factory
1:0 für Fear Factory V2
Rechtlich ist das alles noch nicht so wirklich geklärt und wird am Ende vermutlich von einem US Richter entschieden werden, rein künstlerisch steht es im Moment allerdings 1:0 für das Team Bell/Cazares. Die haben immerhin ein neues Album namens "Mechanize" produziert, welches vom Standpunkt der Hörgewohnheit gesehen mit Recht unter der Trade Mark Fear Factory erschienen ist.
Trade Mark heißt in diesem Fall, dass sich alles wieder um die Thematik Mensch/Maschine/Verschwörungstheorie dreht, Burton C. Bell zwischen Brutalo Gebrüll und hymnischem Choralgesang hin und her pendelt, Herr Cazares seine für ihn typischen Techno-artigen Stakkato Riffs auf der Gitarre gniedelt und Gene Hoglan seinem Vorgänger am Schlagzeug Raymond Herrera ohne Probleme das Wasser reicht. Vermutlich ist er auch einer der Wenigen, wenn nicht der Einzige, der dazu überhaupt in der Lage ist.
In Summe also sehr gute Voraussetzungen dafür, um "Mechanize" von vorne bis hinten zu verreißen, denn neu ist das hier ja nun nicht. Schon das Intro zum Titeltrack klingt in den ersten 30 Sekunden wie der Beginn vom 1996er "Demanufacture" Album, das für alle Freundinnen und Freunde bretterharter Gitarrenmusik sich verpflichtend im Regal oder zumindest auf der Festplatte zu befinden hat. Auch im weiteren Verlauf von "Mechanize" soll sich das nicht wesentlich ändern und das eingangs erwähnte Kasperltheater um Bandnamen und "wer mit wem" macht das auch nicht gerade besser. "Mechanize" war für mich nach kurzem Hören vor ein paar Wochen eigentlich erledigt.
Ein Album, das sich auch so nennen darf
Es wäre vermutlich bei meiner vorschnellen Meinung geblieben, wären das hier nicht Fear Factory, die immerhin Mitte der Neunziger zusammen mit Bands wie Machine Head und Pantera den altbacken Metal ordentlich neu aufgemischt haben und wenn einem bei Songs wie "Final Exit" und "Christploitation" denn doch wieder wohlige Gänsehautschauer über den Rücken rieseln, hat die Band etwas richtig gemacht.
![© Fear Factory Fear Factory - Mechanize Cover](../../v2static/storyimages/site/fm4/2010025/mechanize_cover_body_small.jpg)
Fear Factory
Auf "Mechanize" machen Fear Factory jedenfalls so ziemlich alles richtig und dieses Album hätte als Nachfolger zu "Obsolete" (1998) wesentlich besser gepasst als das teils viel zu glatte "Digimortal" (2001). "Mechanize" gewinnt bei jedem Hören mehr und lässt einen viele Details entdecken, wodurch das alles interessant bleibt. Der zerfahrene Vorgänger "Transgression" (noch mit Herrera/Wolbers und ohne Cazares) sieht dagegen extremst blass aus und auch wenn die Verschwörungstheorie/Mensch/Maschine Thematiken bereits auf früheren Alben der Band ausreichend behandelt wurden, weniger aktuell sind sie deshalb (leider) nicht. Immerhin beschäftigt man sich hier mit einem Thema, das sich wie ein roter Faden durch das Album zieht. Das muss man ihnen hoch anrechnen wenn man bedenkt, dass viele sog. Alben mittlerweile nicht mehr sind als eine Ansammlung neuer Songs.
Fear Factory hatten sich zwar für kurze Zeit aufgelöst, waren aber nie wirklich weg, weshalb "Mechanize" auch kein Comeback ist. Vielmehr macht das Album den Eindruck, als wäre die Band kurz davor wieder in der oberen Liga der Schwermetaller mitzumischen. Das Zeug und die Lust dazu scheinen sie offensichtlich wieder zu haben, zu wünschen wäre es ihnen auf jeden Fall. Auf das nächste Album darf man mehr als gespannt sein, wie auch immer diese Band dann heißen mag.