Standort: fm4.ORF.at / Meldung: "Vor 10 Jahren und einem Tag ist die schwarz-blaue Koalition angelobt worden"

Arthur Einöder

POP: Partys, Obsessionen, Politik. Ich fürchte mich vor dem Weltuntergang, möchte aber zumindest daran beteiligt sein.

5. 2. 2010 - 17:05

Vor 10 Jahren und einem Tag ist die schwarz-blaue Koalition angelobt worden

Was hat sich getan? Wie ist das mit Protest? Und wie schauts heute aus? Anrufen im FM4 Jugendzimmer!

Als die Proteste losgegangen sind, war ich 15. Verdammt lang her also. In den Straßen von Wien war Ausnahmezustand, weil Wolfgang Schüssel eine Regierung mit der FPÖ gebildet hat, die im Wahlkampf vor allem mit fremdenfeindlichen Inhalten aufgefallen ist.

No na ned, sagt man heute, ist ja schließlich die FPÖ. Aber vielleicht war Österreich 1999/2000 noch weniger verdorben. Vielleicht waren die Ansprüche, die wir damals an Politik gestellt haben, andere. Vielleicht hat man sich vor Jörg Haider einfach auch mehr gefürchtet, damals.

Jedenfalls hat Wolfgang Schüssel zur Jahrtausendwende die so genannte Wendekoalition gebildet. Auf den Straßen Wiens waren zwischen Wahl, Regierungsbildung, Angelobung und den darauf folgenden Neuwahlen ganz schön was los.

Demonstration in Wien gegen die schwarz-blaue Regierung im Jahr 2000

APA/ROLAND SCHLAGER

Anfangs täglich, später dann donnerstags, ist ein Haufen Menschen auf die Straßen gegangen, der sich Zivilgesellschaft genannt hat. Der Name hat mir damals nicht viel gesagt, rückblickend heißt es wahrscheinlich, dass du weder wilde Frisuren noch jahrelange Demo-Erfahrung haben musstest, um an den Protesten teilzunehmen. Gegen Schwarz-Blau war ein Ruck, eine Geisteshaltung.

Clubs und Partys waren unter dem Motto "gegen Schwarzblau", Lesungen haben sich plötzlich als politisches Statement verstanden. Und in der U-Bahn hast du an den Ansteckern erkannt, welche sonst ziemlich anonymen Leute sonst noch dagegen sind.

In der Schule war sofort klar, welche Lehrer dir ohne mit der Wimper zu zucken am Nachmittag frei geben, um bei der Demo dabei zu sein. Und welche dich vor der Klasse lächerlich machen, weil du einen Anstecker am Pulli hast, als du an die Tafel gerufen wirst.

Vielleicht hab ich das alles aufregender in Erinnerung, einfach weil ich damals in einem schwierigen Alter war. Vielleicht ist es auch deswegen, weil in den Jahren danach bei den damals Aktiven eine Ernüchterung eingekehrt ist.

Vielleicht haben die Demos nichts gebracht, weil bei den Neuwahlen die Regierung bestätigt wurde. Vielleicht wurde die Regierung aber auch deswegen wiedergewählt, weil sich Österreich durch die folgenden EU-Sanktionen nicht anpatzen lassen wollte.

Nach und nach haben sich große Organisationen aus dem Protest zurückgezogen. Waren bei der großen Demo am 19. Februar noch Gewerkschafter, Promis und Intellektuelle in der ersten Reihe, sind die Donnerstagsdemos nach und nach spärlicher besucht worden.

Seitdem sind 10 Jahre vergangen. Die FPÖ hat sich ein paar Mal restrukturiert und Abspaltungen überlebt. Die Regierung schielt auf den Support angeblicher Meinungsmacher in den Medien. Fremdenfeindlichkeit ist immer noch ein Vehikel für den Stimmenfang.

Was hat sich verändert seit der Angelobung? Was wurde aus dem Protest? Was hat das alles mit der Figur Jörg Haider zu tun? Und ist Österreich heute ein besserer Platz als vor zehn Jahren?

Bei mir im FM4 Jugendzimmer diskutieren der Autor Gerhard Ruiss, Demo-Veteran August Faschang, Dokumentarfilmer Frederick Baker und die Studentin Romy Grasgruber, die letztes Jahr die Lichterkette gegen Rechts organisiert hat.

Das FM4 Jugendzimmer, freitags ab 19 Uhr.

Und natürlich jeder und jede, der/die anruft und einen schwarzblauen Senf beitragen möchte. Um 19 Uhr gehts los. Die Nummer ins Studio lautet: 0800 226 996.