Erstellt am: 2. 3. 2010 - 16:53 Uhr
Die Akademie der musikalischen Träume
rbma
Chuck D. (Public Enemy): "The academy is one of the wonders of the musical world and you should realise that." Die talentiertesten Nachwuchsmusiker aus 32 Ländern treffen auf die Ikonen sämtlicher Genres. In voll ausgerüsteten Produktionsstudios. Flug, Hotel, Essen und Teilnahme - alles gratis!
Ähm, wie bitte!?
Red Bull Music Academy
"Ich war ein bißchen verwirrt. Ich wurde nach Sao Paulo eingeflogen, um bei dieser Red Bull Music Academy mitzuarbeiten und es war… naja, wirklich gut. Ich bin durch dieses weiße loftartige Gebäude mit brasilianischen Vintage-Möbeln und Studios gegangen, die mit Turntables, Samplern und Drummachines ausgestattet waren. Kulturminister und 60er Legende Gilberto Gil ist rumgehangen und hat sich was vom Barbecue geholt.
Detroitlegende Carl Craig hat sich gerade fürs Interview auf die Couch gesetzt (mit mir, sehr nervös, weil ich noch nie jemand vor Publikum interviewt habe) und eine Horde L.A.-Scratch-Djs – die besten der Welt – haben gerade mit den originalen alten Soul- und Funkdrummern für ihren gemeinsamen Auftritt geprobt.
Red Bull Music Academy
Hier wurde Old School Wissen mit neuer Musik konfrontiert. In einem kreativen Umfeld, in dem es nicht um Ruhm, Erfolg oder Verehrung ging. Und so genau ich auch schaute, wo der Haken an der Sache war – ich habe ihn nicht gefunden." Genau so wie Emma Warren den 2002er Jahrgang in Sao Paulo beschreibt, ist es mir schon vier Jahre früher in Berlin ergangen. Dort wurde die Academy gegründet, ursprünglich von und für DJs aller clubrelevanten Genres.
rbma
...been around the world and...
12 Jahrgänge später sind Djs nur noch eine Minderheit, denn die weltweit rekrutierten Participants decken das gesamte Spektrum von Indie bis Dubstep, von Singer-Songwriter bis Oud-Virtuose, von Vokalist bis Beatboxer ab. Die Liste der Lecturers, die entspannt auf der Couch sitzend ihre Lebenserfahrung, ihre größten Erfolge und schlimmsten Rückschläge mit den jungen Talenten teilen, ist inzwischen schon so allumfassend, dass ich jede Wette eingehen würde, dass absolut jede und jeder von euch beim hier durchscrollen eine persönliche Ikone oder einen Held eurer musikalischen Welt finden würde! Wenn nicht, dann unten posten.
rbma
Purer Luxus
Aber das Paradiesische, oder nüchterner formuliert, das Alleinstellungsmerkmal dieser Academy ist nicht das Namedropping, nicht das Wer, sondern das Wie. Wenn M.I.A. oder Robert Owens oder gar John Cale in TV oder Radio aufkreuzen, dann werden sie vom Format massakriert, also entweder von Jay Leno oder gar Gottschalk verlustigt oder von niedrigen Aufmerksamkeitsspannen vorwegnehmenden Interviewformaten auf Minutenlänge kastriert.
rbma
Auf der Academy Couch erzählen sie aber zwei volle Stunden lang, weil sie dort vor Menschen sitzen, die mit leuchtenden Augen und glühenden Ohren zuhören – eine für Vortragende und Publikum absolut außergewöhnliche Gesprächssituation, die eine Tiefe des Diskurses ermöglicht, wie wir sie auch im "wirklichen", also im privaten Leben sehr sehr selten sehen.
rbma
Oder wann habt ihr das letzte Mal zwei Stunden ohne Klingeltonterror mit jemandem gesprochen? Ich habe in diesen Lectures Dinge gehört, die die betreffenden Erzähler möglicherweise noch nicht einmal ihren eigenen Freunden erzählt haben, eben weil sie wohl noch nie zuvor mit solchen Zuhörern und soviel Zeit beschenkt wurden.
rbma
Culture Clash
Manchmal muss man das Setting, die Rahmenbedingungen verändern, um Außergewöhnliches zu ermöglichen. Die um die Welt vagabundierende Music Academy kreiert so ein Setting, wo Menschen aufeinander treffen, die sich im wirklichen Leben - also ohne die Academy - nie treffen würden. Unser glücklicher österreichischer Participant beim ersten Term ist Reini Rietsch, besser bekannt als Drum'n'Bass Producer Camo.
reich
Normalerweise gefangen im eigenen Genre ist er hier plötzlich konfrontiert mit Leuten aus völlig anderen Backgrounds. Jackmaster, der Dj aus Glasgow trifft auf Teri Gender Bender, die feministische Ein-Frau-Gitarren-Peformerin. Der Oudspieler aus Bahrein jammt mit der Hip Hop Produzentin aus Kent. Und unser Drum’n’Bass Held Camo nimmt einen Song mit einem nigerianischen Keyboarder auf. Und alle hören sie Lectures von Trevor Jackson, Matmos, Jazzie B, Roska, Jay Electronica, Steve Reich und vielen mehr.
Hier jammen sie im Studio, produzieren gemeinsam Songs, die ihren bisherigen musikalischen Horizont um Kontinente erweitert. Und sie treten gemeinsam auf, in den schönsten Locations der Stadt.
rbma
Ausnahmezustand
rbma
Ein Mann, bei dem durch das wohl so noch nie erfahrene Interesse an seiner Person buchstäblich alle Dämme gebrochen sind, ist der Ausnahme Hip Hopper Jay Electronica.
Als am Ende seiner Lecture ein Mädchen das Micro genommen und in einer Zweiminutenrede erklärt hat, wieviel ihr die Musik von Jay Electronica bedeutet, wie sehr er sie mit seinen Lyrics und seinen ungefilterten Stories berührt hat, da ist etwas geschehen, was man nie für möglich gehalten hätte: Vor 30 Participants und nochmal sovielen Lecturers und Journalisten hat Jay Electronica zu weinen begonnen. Als er sich wieder gefangen hat, hat er uns beim Essen gefragt, wie er sich für diese Academy bewerben kann. Er will hier auch einmal zwei Wochen verbringen, denn offenbar passieren hier wirklich Dinge, die in der Welt da draußen nicht möglich sind.
rbma
Tune in
Am Mittwoch, 3.3. gibt es in der Homebase (19-22) Uhr einen Beitrag über die Red Bull Music Academy
Und am Freitag, 5. 3. gibt es ab 21.30 ein La boum de luxe Spezial - Akustische Beutestücke von der MusicAcademy 2010 in London: Mit einem Mix von Jackmaster aus Glasgow, einem Konzert von Henrik Schwarz und Bugge Wesseltoft, live in der Royal Festival Hall, London.
Ein Gespräch mit dem Mastermind der Music Academy – Torsten Schmidt, oder wie man sich den Teenagertraum der ultimativen Houseparty mit allen seinen Helden unter einem Dach verwirklicht.
Wir schauen im Studio dem österreichischen Participant, dem Drum’n’Bass Producer Camo auf die Finger und sind dabei, wie ein neuer Track entsteht.
Wir hören Dj-Sets von James Pants von Stones Throw, live at ICA, London.
Vom Ninja Tune Artist Poirier aus Montreal.
Und Buggy Boy aus der Türkei, live at Queen of Hoxton.
Und wir sind live dabei beim großen Culture Clash im Roundhouse in Camden: Trojan Soundsystem vs Goldie’s Metalheadz Burschen vs Jazzie B von Soul II Soul vs Mala mit seinen Digital Mystics Jungs.