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Gerlinde Lang

Innerlichkeiten. Äußerlichkeiten.

22. 1. 2010 - 13:43

Berlin Fashion Week, Tag 2.

Hosen, Kleider, Machos, Models.

Eine Modemesse sieht aus, als hätte sich ein Kaufhaus in eine Veranstaltungshalle verirrt. Kaufen kann man aber nichts, die Waren der nächsten Saison warten dort auf Einkäufer von Boutiquen, die Bestellungen aufgeben, und auch JournalistInnen streifen durch die Gänge. Wir sind hier auf der Premium-Modemesse in Berlin.

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Gruppenbild mit Hose.

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"Zehn ... Paar ... Schuhe. Ist notiert."

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Die linke Dame arbeitet als Model, damit man sich vorstellen kann, wie die Hosen sitzen "wenn man 10 Kilo abnimmt, hahaha", sagt die rechte Dame.
Wunderbare Schultern bei Sita Murt.

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Wunderbare Schultern bei Sita Murt.

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Schlappschuhe von See by Chloé warten auf Bestellende.

Da vergisst man schon mal die Zeit, wie spät ist es eigentlich ...? Oha. Was komme ich auch zu spät, der Platz in der Blogger-Frontrow ist perdü. Viele Berliner und zugereiste ModebloggerInnen versammeln sich nämlich gerade in einem Saal der Premium-Modemesse, um einer Podiumsdiskussion beizuwohnen: "Fashionblogs, Hype or Future?"

Die üblichen Grässlichkeiten und Inkompetenzen bleiben aus, die Diskussion wird von der wahrhaft sachverständigen Mary Scherpe vom Streetstyleblog Stil in Berlin geführt. Und die immer für eine klare Ansage zu habende Modekritikerin Suzy Menkes ist via Video dabei.

"The world changed when fashion, instead of being a monologue, became a conversation", sagt sie, und da gehört für sie auch das vielgeschmähte Umkleidekabinenfoto dazu, mit dem so viele neue Bloggerinnen zunächst anfangen. "And now that that started, that's it forever."

Aber sie warnt die Anwesenden auch: "Bloggers are being fed stories", betont Suzy Menkes die neue Wichtigkeit von Fashionblogs für das Marketing einer Marke, "Bloggers think they're independent - but they're not."

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Links: Mary Scherpe.

Damit liefert sie auch schon den wichtigsten Input, denn fast alle geladenen Männer auf dem Podium (warum eigentlich nur Männer?) ergehen sich dann in Demonstration von dem, was sie für Coolness halten.
Und schnell geht es nur mehr um die "Monetarisierung" von Fashionblogs, sprich: Wie kann ich mit meinem Blog Geld verdienen?

Besonderes Stirnrunzeln des Publikums zieht ein gewisser Heiko vom Burda Verlag (ein Verlag, der sich mit Les Mads seinen eigenen Modeblog gekauft hat) auf sich, als er die kritische Masse an Lesenden nennt: "100.000, wenn du auf Deutsch schreibst, then you can have a business conversation today. Three or four hundred k (er sagt echt "k" statt tausend!), wenn du Englisch schreibst." Dann brabbelt er noch was von dass man "mit einer guten Kampagne bis zu 400 Euro im Monat verdienen kann, das ist doch ein gutes Zubrot für einen Studenten." Aua.

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Blogger-Frontrow.

Darum geht es den meisten Micro-Publishern im Publikum nicht. Wieder mal wird übersehen, dass Modeblogging eine Bewegung ist. Dass sich da Frauen ganz selbstverständlich Technik/Produktionsmittel aneignen und so mittlerweile eine Industrie unter Druck setzen, die sie bis dato one way eingelullt und unter Druck gesetzt hat. Und dass das ein Weg ist, auf dem sich Frauen vernetzen.

Der Dialog, der Mode geworden ist, ist nicht mehr zu stoppen, sagt Suzy Menkes, aber ZEITmagazin-Mann Christoph Amend auf dem Podium hat noch ein bisschen Angst vor dem Internet und seinen Bewohnern. Ja, da kann dann doch jeder sagen, was er oder sie will?
"Zum Beispiel hat jemand nach der online übertragenen Burberry-Show aus Mailand über Burberrys Designer gepostet: Wow, Christopher Bailey could be the next Christian Audigier!" Hahaha.

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Zuhörerin mit Minniemausschleife.

Marcus Luft von der Gala, hat nach dem Gala blog seinen eigenen Blog aufgemacht, weil er leider nicht auf gala.de posten kann, dass er GNTM und Heidi Klum eigentlich nicht leiden kann. Dann sagt er noch, der 13jährige Bloggerstar Tavi, die auf Shows eingeladen werde, sei die neue It-Bag, so wie Beth Ditto letztes Jahr, als sie von Karl Lagerfeld eingeladen wurde auf die Chanel Schau. Uff.

Als Moderatorin Mary Scherpe von Modemagazinen ganz cool sagt, "Corruption is a problem of the system", wer Anzeigen schaltet, wird auch in den Modestrecken vorkommen, rutscht der Gala-Mann ganz unruhig auf seinem Sessel hin und her. "If you make money, its more about cooperation", sagt er, er mag das böse Wort Korruption gar nicht.

Tja, independent bleiben oder doch lieber die große 400-Euro-Kohle verdienen ... man kann sich kaum entscheiden.