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Mari Lang

Moderiert, beobachtet und probiert aus – neue Sportarten, Bücher und das Leben in der Ferne. Ist Ungarn-Fetischistin.

17. 1. 2010 - 14:54

Finnische Zauberer

Slopestyle und Halfpipe. Freunde und Akrobaten. Warum die Burton European Open 2010 seit langem echte European Open waren.

marilang

Es scheint, als wäre es erst gestern gewesen - das piekfeine Schweizer Skiressort Laax, darüber auf über 2.200 Metern ein abwechslungsreicher Slopestyle-Park, eine 140m lange Halfpipe und rund 400 der weltbesten Snowboarder. Schnee-Rockstar Shaun White und sein größter Konkurrent Kevin Pearce batteln sich in der Schneeröhre bei den Burton European Open (BEO) 2008 und 2009.

Déjà-Vu gab's heuer keines

Die meisten Amerikaner sind in diesem Jahr zu Hause geblieben und bereiten sich auf die Olympischen Spiele vor bzw. fahren beim US-Snowboarding Grand Prix mit. Der zweifache BEO-Halfpipe-Gewinner Kevin Pearce liegt derzeit mit schweren Verletzungen im Spital, nachdem er am 31. Dezember 2009 beim Training in Park City, Utah, auf den Kopf gefallen ist. In den Gedanken der meisten Fahrer und Fahrerinnen ist er aber präsent. Auf vielen der Snowboards, die am Contestgelände am Berg Crap Sogn Gion rumliegen, klebt ein Sticker mit der Aufschrift "I Ride for Kevin".

marilang

Der Schweizer Stephan Maurer trägt statt seiner Startnummer den "I Ride for Kevin"-Sticker.

"Meine Einstellung zum Riden hat Kevins Unfall nicht verändert", meint Lokalmatador Stephan Maurer. "Respekt vor dem Risiko ist aber immer dabei." Fast noch mehr Achtung, als vor einem möglichen Sturz, haben Profi-Boarder wie Stephan Maurer in diesem Jahr vor den besonders starken Newcomern. Denn jeder kann bei den BEO mitfahren und sich für die Finali qualifzieren, Frauen genauso wie Männer. „Die sind jung und hungrig und wollen es unbedingt jedem zeigen“, meint Maurer respektvoll.

Wie schon in den Vorjahren dominieren auch heuer wieder die Finnen, die schon seit Dezember in Laax für die Olympischen Spiele trainieren und die European Open als Qualifikation dafür nutzen. Nachdem jedoch kaum US-Fahrer mit dabei sind, fällt die Übermacht der Skandinavier noch stärker auf. Von sechzehn Boardern im Slopestyle- und Halfpipe-Finale der Männer kommen jeweils sechs aus Finnland. Den Grund für die finnische Armada erklärt Markku Koski aus Helsinki so: "The hills are really small in Finland and so we have a lot of snowparks. And when you keep doing those jumps a hundred times a day you just get better." Der Schweizer Stephan Maurer, der schon die ganze Welt bereist hat, stimmt zu und meint mit einem Augenzwinkern: "Aber vielleicht haben die auch einfach was im Essen."

marilang

Scherze sind bei den European Open in diesem Jahr mehr als erwünscht. Das Motto lautet nämlich "Zirkus" und ist auch am Berg gut sichtbar. Primaballerinas, Seelöwen und riesige Popcorntüten aus Pappe stehen im Schnee rum und verzieren das Contestgelände, und zwei Artisten mit rot angemalten Nasen schieben einen veralteten Schlitten die Piste hoch. „Ich kann mit meinen Luftballons 360-er machen“, sagt der eine stolz. Doch obwohl seine kleinen Zaubertricks durchaus unterhaltsam sind, ist das, was die Snowboard-Profis zeigen, weitaus spannender.

snowboarderin in der halfpipe

Laemmerhirt

Nach ihrem Sieg beim Chicken Jam vor einer Woche beweist die finnische Newcomerin Enni Rukajärvi auch bei den BEO einen eleganten Style und vor allem sichere Landungen.
peetu piiroinen in der halfpipe

Laemmerhirt

Der finnische Allrounder Peetu Piiroinen im Slopestyle Park.

SLOPESTYLE FINALE

  • Frauen:

1. Enni Rukajärvi (FIN)
2. Sina Candrian (SUI)
3. Sarka Pancochova (CZE)

  • Männer:

1. Peetu Piiroinen (FIN)
2. Mikkel Bang (NOR)
3. Gjermund Braaten (NOR)

Die Finnen gewinnen

Nach einem spannenden Slopestyle-Finaltag am Freitag, bei dem der Finne und Vorjahres-TTR-Tour-Sieger Peetu Piiroinen als Sieger hervorging, war am Samstag die Königsdisziplin Halfpipe dran. "Die Halfpipe ist nicht einfach zu fahren", meint der Schweizer und Halbfinal-Zweiter Markus Keller. "Du musst carven können wie die Alpinen auf der Piste. Du brauchst Feingefühl, sodass du nicht zu viel abdrückst und die ganzen Rotationen und schnellen Kombinationen hintereinander sind auch nicht einfach." Einfach waren die BEO für Keller tatsächlich nicht, denn schon im Training fürs Finale ist der Schweizer Lockenkopf gestürzt und hat sich mit einer Gehirnerschütterung vom Contest verabschieden müssen. Seine Teamkollegen - Iouri Podlatchikov, der erste Halfpipe-Olympiasieger Gian Simmen, Christian Haller und Patrick Burgener - haben ihn aber würdig vertreten. Iouri Podlatchikov hat, wohlwissend, was man für einen Stockerlplatz braucht, auch den derzeitigen In-Trick ausgepackt - einen cab double cork 1080, und es damit auf den dritten Platz geschafft. Obwohl das Finale bis zum Schluss enorm spannend war, konnte jedoch keiner die Finnen besiegen. Innerhalb von nur 24 Stunden hat der 21-jährige Peetu Piiroinen auch den zweiten European Open Titel 2010 gewonnen und seinen ersten Platz in der TTR-Tour wacker verteidigt.

HALFPIPE FINALE

  • Frauen:

1. Paulina Ligocka (POL)
2. Ursina Haller (SUI)
3. Akiko Miwa (JPN)

  • Männer:

1. Peetu Piiroinen (FIN)
2. Ilkka-Eemeli Laari (FIN)
3. Iouri Podlatchikov (SUI)

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Peetu Piiroinen im Siegerinterview

"I can't believe, that I won everything in this competition", sagt der unscheinbare Finne nach seinem Sieg und wirkt ein wenig unbeholfen, als ihn eine Gruppe Mädels um ein Autogramm bittet. Snowboardcontests gewinnt Peetu Piiroinen mittlerweile mit links. Mit dem Starrummel muss er aber definitiv noch umgehen lernen. Deshalb hält er im Zielbereich einfach sein Board in die Kamera und sagt nicht mehr viel, außer: "Today I was riding for Kevin."