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Christian Stiegler

Doktor für grenzwertiges Wissen, Freak-Shows und Musik, die farblich zu Herbstlaub passt.

16. 1. 2010 - 20:42

120 Kilometer nach Knittelfeld

Die "Freiheitlichen in Kärnten" haben sich in einer beispiellos durchschaubaren Inszenierung vom BZÖ abgespalten.

Für die rund 120 Kilometer von Knittelfeld nach Klagenfurt benötigt man kaum mehr als 90 Minuten. Die politische Verbindung zwischen den beiden Städten ist allerdings noch weitaus geringer, hat doch die kleine steirische Gemeinde seit dem Knittelfelder Putsch im Jahr 2002 den unrühmlichen Beigeschmack, die schwarz-blaue Regierung gesprengt und damit zur Gründung des BZÖ beigetragen zu haben. Am 16. Jänner 2010 wiederholten sich die Ereignisse in Klagenfurt, aber drehten doch wieder alles um.

Aber von vorne: Der 28. Landesparteitag der Kärntner Freiheitlichen sollte gleichzeitig zur Geburtsstunde der "Freiheitlichen Partei Kärnten" (FPK) werden. Unter der Führung des Kärntner BZÖ-Obmann Uwe Scheuch und von Landeshauptmann Gerhard Dörfler wollte sich die Kärntner Landespartei des BZÖ vom Rest-BZÖ abspalten und als FPK unter das Dach der FPÖ zurückkehren. Das Hickhack der letzten Wochen zwischen Unterschriften im Internet für eine Urabstimmung zur Parteispaltung (Scheuch dagegen in seiner Rede: "Wir haben nix zu tun mit Facebook und Internetzen") über Korruptionsvorwürfe bis hin zu getürkten Abstimmungen glich keiner griechischen Tragödie mehr, sondern war lediglich ein schlecht inszeniertes Kasperltheater. Selbiges gilt für den heutigen Parteitag.

FPK Parteitag

Christian Stiegler

Scheuchs Freunde drinnen
FPK Parteitag

Christian Stiegler

Scheuchs Gegner draußen

Die Inszenierung hinter Scheu(ch)klappen

Wenn ich die Stimmung des Parteitages mit einem Wort beschreiben müsste, dann als beklemmend. Den ganzen Parteitag über wurde das Gefühl verbreitet, dass Scheuchs Freunde im Großen Saal sein durften, während Scheuchs Gegner (mit Ausnahme von BZÖ-Bundesobmann Josef Bucher und Stefan Petzner) draußen stehen mussten.

FPK Parteitag

Christian Stiegler

Josef Bucher und Stefan Petzner: Zwei gegen alle

Die ersten Stunden waren ein Loblied auf das eigene Schaffen, ein Rundumschlag gegen die Medien und eine Preisung der Toten, allen voran der "Lichtgestalt" Jörg Haider. Haider, der 2005 maßgeblich an der Gründung des BZÖ beteiligt war, wurde in einem filmischen Statement im Großen Saal als FPÖ-Legende stilisiert. Wehmütig erinnerte man sich an fulminante Wahlsiege mit ihm anno 2004 zurück. Zwar kam Heinz-Christian Strache im Film nicht vor, aber auch auch das BZÖ nicht. Josef Bucher war nur einmal in diesem Film im Bild: Bei einer Wahlniederlage. Im Foyer wurden große Bildschirme aufgestellt, vor denen sich einige Orangene versammelten, die man nicht in den Saal hineinließ.

Der Gag: Als Bucher und Petzner sprachen, wurde nur noch der Ton eingespielt. Auf den Bildschirmen war jetzt lediglich das FPK-Logo zu sehen. Die beiden mussten von einem Rednerpult auf der Seite sprechen, während Scheuch die ganze Zeit demonstrativ in der Mitte der Bühne stehen blieb. Die Botschaft an das BZÖ war eindeutig: Wir wollen euch hier nicht.

FPK Parteitag

Christian Stiegler

Er war wie immer allgegenwärtig
FPK Parteitag

Christian Stiegler

FPÖ = Wahlsieg, BZÖ = Wahlniederlage

Über all dem die Decke einer patriarchalen Inszenierung, in der sich die Altherren (früher wohl blau, dann orange, nun wieder blau) suhlten und sich selbst zu genügen schienen. Sie bejubelten "ihren" Uwe, dem man seine Ambitionen im Staat, koste was es wolle, mitzumischen, eigentlich schon immer ansah. Wo Freundschaft endet, hat man an diesem Tag gesehen: Wenn es um Posten geht. Zwischen den Reden von Josef Bucher und Stefan Petzner wurde gebuht, geflucht (mehrmals war von dem Gleichnis zu "Dünnschiss" und "Gsindl" die Rede, auch "Schleich dich" hörte man oft) und kaltschnäuzig der Saal verlassen.

Petzner, der wohl aufgrund seines jungen Alters auch noch eine gewisse Naivität an den Tag legt, war wie immer emotional, schrie, bis ihm die Stimme mehrfach brach und beschwerte sich bei Journalisten über den angeblich getürkten Parteitag. Er war in seiner Rede den Tränen nahe, von den Delegierten erntete er dafür nur hämischen Spott. Auch sein Posten stand auf dem Spiel: Das BZÖ ist ohne die mächtige Landesgruppe in Kärnten eigentlich schon dem Untergang geweiht.

FPK Parteitag

Christian Stiegler

Emotionen eines Verzweifelten

Kleinbürgertum und Schildbürgerstreiche

Uwe Scheuch

Christian Stiegler

Der neue FPK-Obmann Uwe Scheuch

Das Ergebnis der Abstimmung zum FPK-Parteiobmann, die Uwe Scheuch mit Grinsen und 90,5 % für sich entscheiden konnte, war keine Überraschung mehr. Es hat eigentlich mehr verwundert, dass er nicht einstimmig gewählt wurde. Das holte er jedoch beim Antrag zur Zusammenarbeit mit der FPÖ nach: Dafür gab es keine Gegenstimme. Das verwunderte, war doch Heinz-Christian Strache immer der erklärte Gegner des BZÖ, aber in der Politik vergisst man schnell. Gegenseitige Schmutzkübel-Kampagnen dürften nie stattgefunden haben. Wie die Lemminge folgten die Delegierten Uwe Scheuch und ahnten nichts vom nächsten Schildbürgerstreich, der ihnen nun mit Strache im Gepäck bevorstehen könnte.

Die Form der Demokratie, die an diesem Parteitag "gelebt" wurde, ist bedenklich. Der Parteitag war ein Heimspiel, eingeladen war ausschließlich die vorsortierte Scheuch-Partie. Eine Diskussion gab es nicht, siehe auch Dörflers "Gell, ich erwarte schon, dass ihr mich einstimmig zum Obmann-Stellvertreter wählt". Das gilt auch für seinen Aufruf, die Medien sollten dieses Mal "ehrlich" berichten. Dazwischen war eine Menge Hass, übertönt von lauter Blasmusik. Das Ganze vermischte sich zum Brei eines kleinbürgerlichen Denkens, das die Kärnter Politik immer noch auszeichnet. Es fällt schwer, an einen Umbruch zu glauben. Dabei ist es aber völlig egal, wer regiert: Demokratische Entscheidungen sind zu respektieren. Die Kleinbürgerlichkeit zeigt sich vielmehr in der Inszenierung, die so oberflächlich und durchschaubar wie gefährlich ist. So als würde niemand nachdenken oder jene, die es tun, nicht gehört werden, weil die Blasmusik so laut ist.

Blaskapelle

Christian Stiegler